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Lawinenhunde – bester Freund und Lebensretter

Inhaltsverzeichnis

Ein Denkmal für Barry
Ein Denkmal für Barry

Treue Augen, weiches Fell und eine empfindliche Nase, die für Lawinenopfer den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten kann. Trotz technischer Fortschritte bei Lawinenverschüttungsgeräten sind Lawinenhunde häufig die einzige und beste Möglichkeit, einen Verschütteten rechtzeitig zu finden.

Wer an Lawinenhunde denkt, stellt sich zunächs einen zotteligen Bernhardiner mit einem Schnapsfässchen um den Hals vor. Schließlich wird auch Barry, der wohl bekannteste (Rettungs-)Hund nach Lassie, auf seinem Podest im Berner Museum mit dem dekorativen Halsschmuck präsentiert. Tatsächlich soll Barry zu Lebzeiten 40 Menschen das Leben gerettet haben, auch wenn das Fässchen nichts damit zu tun hatte.

Woher die Legende vom Schnapsfässchen kommt, weiß niemand so recht, denn dieses würde die Rettungshunde bei ihrer Arbeit zu stark behindern. Wahrscheinlich ist, dass ein findiger Postkartenfotograf es einem der Tiere mehr zum Spaß umgehängt hatte. Dass man Barry sein Fässchen mit der Schweizer Flagge deswegen aberkennt, kommt aber nicht in Frage, schließlich hat er es sich in seiner 14-jährigen Laufbahn mehr als nur verdient – die Ausbildung nicht mitgerechnet. Denn die ist lang und startet früh.

Wie aus einem Hund ein Lawinenhund wird

Lawinenhunde beginnen ihre Ausbildung bereits früh und trainieren von da an regelmäßig. Im Ernstfall verlässt sich der Hundeführer darauf, dass sie auch am Ende eines kräftezehrenden Einsatzes noch aufmerksam und voll einsatzbereit sind. Die Arbeit ist dabei nicht exklusiv Bernhardinern vorbehalten. Besonders beliebte Rassen sind Deutsche Schäferhunde, Golden Retriever, Labradore oder Hütehunde.

Ein Lawinennhund bei der Arbeit (Foto Gerhard Huber)
Ein Lawinenhund bei der Arbeit (Foto Gerhard Huber)

Bevor man dem Tier allerdings Menschenleben anvertrauen kann, vergeht viel Zeit. In dieser Zeit bringt der Trainer den Hunden spielerisch bei, nach Lebenssignalen unter einer Schneedecke zu suchen.

Zu Beginn werden Gegenstände, die der Ausbilder am Körper trägt, einfach im Schnee versteckt. Findet der Hund sie, erhält er eine Belohnung. Stück für Stück wird so der Schwierigkeitsgrad erhöht und der natürliche Jagdinstinkt geschult, bis das Tier selbstständig nach Menschen unter dem Schnee sucht. Diese Form der Konditionierung zeigt sich als äußerst effektiv und der Vierbeiner lernt schnell, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren und freut sich umso mehr, wenn endlich das Leckerli im Maul landet.

Extreme Anforderungen

Auch wenn es als Welpe nur ein Spiel ist, sobald ein Einsatz mit dem Bergungsteam ansteht, wird den Hunden viel abverlangt. So schnell wie möglich müssen sie am Einsatzort sein, denn nach 15 Minuten sinken Körpertemperatur und Überlebenschancen des Verschütteten rapide.

Lawinenhund in Fluggeschirr (Foto North Shore Rescue)
Lawinenhund in Fluggeschirr (Foto North Shore Rescue)

Neben seinen Qualitäten als Spürnase darf der Hund deshalb keine Angst vor Lärm oder Höhe haben. Nicht selten kommt es vor, dass eine Unfallstelle nur per Hubschrauber zu erreichen ist und sich Trainer und Hund zusammen abseilen müssen. Dank vielen Lobes, gutem Zureden und jeder Menge Leckerlis freuen sich die meisten Lawinenhunde aber auf den Flug.

In Bayern sind momentan drei Lawinenhundestaffeln im Einsatz, die etwa zehn bis fünfzehn Mal im Jahr zum Einsatz kommen. Laut dem Institut für Schnee- und Lawinenforschung Davos sterben durchschnittlich 23 Menschen jedes Jahr durch Lawinen, die sie meistens selbst ausgelöst haben.

Selten können sich Opfer einer solchen Katastrophe selbst befreien. Der Druck im Inneren eine Lawine lässt den Schnee hart wie Beton werden. Lawinenrucksäcke und Lawinensonden erhöhen zwar die Chancen, rechtzeitig gefunden zu werden, aber schlussendlich gibt es für einen Verschütteten kein schöneres Geräusch als das Bellen eines anschlagenden Lawinenhundes.

Um euch das Leben eines Lawinenhundes näher zu bringen, haben wir von Bergfreunde mit der Lawinenhundestaffel der Bergrettung Tirol gesprochen und das Gespräch für euch dokumentiert.

Interview

Frage: Was ist die Aufgabe eines Lawinenhundes?

Eine Person wird mithilfe eines Helikopters geborgen. Bild: Lawinenhundestaffel Bergrettung Tirol
Eine Person wird via Helikopter geborgen. Bild: Lawinenhundestaffel Bergrettung Tirol

Antwort: Die Aufgabe eines Lawinenhundes ist die Suche nach in einer Lawine verschütteten Personen. Zwar gibt es mittlerweile zahlreiche technische Hilfsmittel, wie Lawinenverschüttetensuchgeräte (LVS) und RECCO Reflektoren, die eine rasche und punktgenaue Ortung durch Kameraden oder Rettungskräfte ermöglichen. Allerdings sind auch der Technik Grenzen gesetzt, oder nicht jeder Wintersportler ist mit einem entsprechenden Gerät ausgestattet. Dann ist der ausgebildete Lawinenhund die einzige Möglichkeit, einen Lawinenkegel effizient abzusuchen.

Frage: Eignen sich alle Hunderassen gleichermaßen zum Lawinenhund?

Ein Lawinenhund sucht unter dem Schnee nach Verschütteten. Bild: Lawinenhundestaffel Bergrettung Tirol
Ein Lawinenhund sucht nach verschütteten Menschen unter dem Schnee. Bild: Lawinenhundestaffel Bergrettung Tirol

Antwort: Im Prinzip ja – sie müssen auch nicht reinrassig sein. Sehr kleine oder zu schwere Hunde sind nicht geeignet. Für die anspruchsvolle Arbeit im alpinen Gelände sollten sie eine mittlere Größe haben, das heißt zwischen 20 und 40 kg. Bei Kälte, Schnee und Wind sind Hunde mit einem dichten Haarkleid, im Vergleich zu Kurzhaarrassen, klar im Vorteil.

Frage: Welche Charaktereigenschaften muss ein Lawinenhund mitbringen?

Antwort: Am wichtigsten sind Neugierde und Aufgeschlossenheit, damit der Hund für seine Aufgabe motiviert ist. Da sowohl im Training als auch in der Ausbildung und im Einsatz immer im Team gearbeitet wird, muss ein Lawinenhund ein ausgeglichenes und verträgliches Wesen besitzen.

Ein Lawinenhund zieht eine verschüttete Person aus dem Schnee. Bild: Lawinenhundestaffel Bergrettung Tirol
Ein Lawinenhund zieht eine Person aus dem Schnee. Bild: Lawinenhundestaffel Bergrettung Tirol

Frage: Was muss ein Lawinenhund können?

Antwort: Diese Hunde können den Geruch von verschütteten Personen wahrnehmen und orten. Sie sind dazu dank ihres ausgezeichneten Geruchssinnes in der Lage. Ein Hund besitzt rund 220 Millionen Riechzellen, der Mensch im Vergleich dazu nur an die 5 Millionen. Wie schnell und effektiv ein Hund Geruchstoffe einer verschütteten Person wahrnehmen kann, ist auch noch von Umgebungsfaktoren wie Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Verschüttungstiefe und –dauer abhängig.

Frage: Wie wird ein Hund zum Lawinenhund?

Antwort: Die Fähigkeit, Personen aufzufinden ist unseren Hunden praktisch schon in die Wiege gelegt. Ein Lawinenhund wird dazu ausgebildet und konditioniert, gezielt verschüttete Personen aufzufinden und anzuzeigen. Das Training beginnt am besten bereits im Junghundealter. In verschiedenen Aufbau- und Schwierigkeitsstufen wird die Suche nach Verschütteten spielerisch gefördert und verstärkt. Dabei wird der Beute- oder Futtertrieb der Hunde ausgenutzt und jeder Erfolg mit einem Spiel oder Leckerli belohnt.

Mensch und Hund bei der Bergrettung. Bild: Daniel Vonwiller
Mensch und Hund arbeiten zusammen. Bild: Daniel Vonwiller

Frage: Wie lange dauert die Ausbildung?

Antwort: Bis zum vollständig ausgebildeten Lawinenhund vergehen in etwa 3 Jahre. Diese Ausbildungszeit ist sehr anspruchsvoll und zeitintensiv. Vor allem Junghunde profitieren von regelmäßigen kurzen Trainingseinheiten. Trainiert wird immer in einer Gruppe aus mehreren Hundeführern mit ihren Hunden. Einmal jährlich findet ein Intensivkurs über mehrere Tage statt, in dem die Hunde in verschiedenen Gruppen, je nach Ausbildungsstand, trainieren. Einen Lawinenhund kann man nicht alleine ausbilden, da steht immer ein Team dahinter.

Ein Lawinenhund gräbt nach verschwundenen Personen im Schnee
Ein Lawinenhund gräbt nach verschwundenen Personen im Schnee. Bild: Daniel Vonwiller

Schlusswort

Wir möchten der Lawinenhundestaffel der Bergrettung Tirol für das Interview danken. An die Bergrettung Tirol und die Alpine Rettung Schweiz ein Danke für die Bereitstellung der Bilder. Und selbstverständlich auch für die gute Arbeit, die sie da draußen leisten, um den Winter in den Bergen ein Stück sicherer zu machen.

Titelfoto: Lawinenhundestaffel Bergrettung Tirol

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Bergfreund Jörn

Wenn der Puls rast und die Landschaft an mir vorbei zieht, fühle ich mich am wohlsten. Egal ob zu Fuß oder auf dem Rad – und manchmal sogar im Wasser – Ausdauersport ist für mich die schönste Form der Freizeitbeschäftigung.

1 Kommentar zum Artikel

  1. David 8. November 2016 05:39 Uhr

    Hallo zusammen Ich bin selber ein begeisterter Alpinist und deshalb auch Gruppen Chef beim SAC. Regelmässig bin ich mit meinem Samoyeden unterwegs und auch wenn dieser kein intensiver Lawinenhund ist, muss ich gestehen das der Instinkt bei Hunden da ist und diese immer wieder eine gewisse Sicherheit von sich geben. Ich gratuliere jedem Profi oder auch Freiwilligen Rettungsdienstler der mit oder auch ohne Hunde Ihr Leben riskieren um Personen zu retten die Ihre Leidenschaft in den Bergen angehen. Es wäre schön wenn solche Artikel noch mehr an die Öffentlichkeit kommuniziert würden. Gruss David

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