Wie der Sandstein in Fontainebleau entstanden ist
Das Gebiet, das von Boulderfans liebevoll „Bleau“, „Font“ oder einfach „La Forêt“ genannt wird, hat nicht nur eine besondere Bedeutung für die Klettergeschichte, sondern auch eine faszinierende geologische Vergangenheit. Und genau die erklärt, warum die Felsen hier so einzigartig sind.
Vor etwa 25 Millionen Jahren war dieser Teil des Pariser Beckens ein Süßwassersee. Zuvor war er Teil einer Lagune, die mit dem Atlantik verbunden war. Durch diese Verbindung wurde über lange Zeit Sand eingetragen, der sich schließlich ablagerte und zu Sandstein verfestigte. Als sich der Meeresspiegel in der letzten Eiszeit senkte und das weichere Kalkgestein darüber abgetragen wurde, blieben die Sandsteinbänke zurück. Diese Felsformationen sind heute das Herzstück des Bouldergebiets. Sie bieten nicht nur hervorragenden Grip, sondern auch eine unglaubliche Vielfalt an Formen. Doch so griffig der Fels auch ist, er ist empfindlich. Bei Nässe sollte man hier unbedingt auf das Bouldern verzichten, da der Sandstein dann leicht bricht. Und auch bei trockenen Bedingungen gilt: Schuhe gut abwischen, bevor es losgeht. Der Fels wird es dir danken.
Filmempfehlung: Die besondere Atmosphäre des Bouldergebiets hat auch das deutsche Fernsehen eingefangen: In der Reihe „Bergauf, Bergab“ widmet der Bayerische Rundfunk Fontainebleau ein liebevoll gestaltetes Special mit dem Namen Bouldern im Boulder-Mekka «Belau». Die Reportage ist wie ein kleiner Vorgeschmack auf das, was einen dort erwartet. Für mich ist es auch eine emotionale Einstimmung, bevor ich meine Kletterschuhe schnüre.
Die Geschichte des Boulderns in Bleau
Im späten neunzehnten Jahrhundert suchten Kletterbegeisterte aus dem Raum Paris nach Alternativen zu den weit entfernten Alpen. Ihre Lösung: das Klettern in Absprunghöhe an den Sandsteinblöcken (engl. Boulder) des Waldes von Fontainebleau. So entstand das Bouldern, eine Disziplin, die heute olympisch ist und weltweit Millionen begeistert.
Fontainebleau nimmt deshalb eine besondere Stellung unter den Bouldergebieten ein. Mit rund 30.000 Boulderproblemen bietet der Wald eine unglaubliche Vielfalt für Anfänger und Profis. Das Gebiet gliedert sich in drei staatlich verwaltete Forste:
- Fontainebleau
- Trois Pigeons
- Commanderie
Der Forst Fontainebleau ist dabei der größte und gibt dem gesamten Gebiet seinen Namen. Doch der Wald ist nicht nur für das Bouldern bekannt. Er ist auch ein von der UNESCO anerkanntes Biosphärenreservat und gleichzeitig grüne Lunge für den Großraum Paris.
Bouldern in Fontainebleau: Crashpad ja, Chalk nein
Das Bouldern in Fontainebleau ist technisch anspruchsvoll und sehr ursprünglich. Wer hier unterwegs ist, lernt schnell, wie wichtig es ist, gut auf seinen Füßen zu stehen. Stark vorgespannte Kletterschuhe sind in diesem Gelände oft weniger hilfreich. Stattdessen empfehlen sich weichere, gerade geschnittene Schuhe, mit denen man gut auf Platten stehen kann.
Ein unverzichtbarer Begleiter in Bleau ist das Crashpad. Zwar ist der Waldboden meist sandig und weich, doch im Fall eines Sturzes ersetzt er keine sichere Landezone. Die Pads lassen sich in der Regel gut unter dem gewählten Boulder platzieren.
Wichtig: Der Wald von Fontainebleau ist ein empfindliches Ökosystem. Es ist entscheidend, sich an die offiziellen Empfehlungen zu halten und den Naturraum mit größtem Respekt zu behandeln. Dazu gehört auch, auf Chalk zu verzichten. Der Sandstein ist offenporig, und Magnesia würde die Poren schnell verkleben, den Grip ruinieren und die Oberfläche der Boulder beschädigen.
Ist Bouldern in Fontainebleau für Anfänger, Kinder und Profis geeignet?
Anfänger: Einstieg mit Lernpotenzial
Auch wenn Fontainebleau für seine technisch anspruchsvollen Boulder bekannt ist, ist das Gebiet definitiv auch für Anfänger geeignet. Wer neu ins Bouldern einsteigt, findet hier ideale Bedingungen, um sich mit dem Klettern auf Absprunghöhe vertraut zu machen und das in einer wunderschönen natürlichen Umgebung. Wichtig ist: Nicht entmutigen lassen! Natürlich kann es vorkommen, dass ein leicht eingestuftes Boulderproblem überraschend schwierig ist. Doch genau das gehört in Fontainebleau dazu und macht den besonderen Reiz des Gebiets aus. Wer dranbleibt, wächst mit seinen Aufgaben.
Fontainebleau für Kinder: die Natur als Spiel- und Kletterort
Fontainebleau ist auch ein echtes Paradies für Kinder. Die kleinen Kletter gehen oft spielerischer und unbefangener an die Felsen heran. Dabei entdecken sie ihre ganz eigenen „Projekte“. Damit meine ich kleine Boulder, die für sie wie natürliche Spielplätze wirken. Besonders empfehlenswert ist das Gebiet Canche aux Merciers: Es bietet viele niedrige Boulder, weichen Waldboden und eine entspannte Atmosphäre – ideal für Familien mit Kindern. So wird der Wald schnell zum Abenteuerspielplatz.
Bleau als Mekka für Boulderprofis
Für erfahrene Boulder und Profis ist Fontainebleau ein wahres Eldorado. Die Auswahl an komplexen, technisch fordernden Problemen ist riesig – von Platten über Sloper bis hin zu Leisten und Löchern ist alles dabei. Wer hier bestehen will, braucht nicht nur Kraft, sondern auch präzise Fußarbeit, Körperbeherrschung und Gleichgewichtssinn. Selbst Boulder-Legenden wie Adam Ondra finden hier neue Herausforderungen.
Eine eigene Boulderskala: Die Fontainebleau Skala
Fontainebleau ist nicht nur das älteste und größte Bouldergebiet der Welt. Hier wurde auch die heute international gebräuchliche Schwierigkeitsskala des Boulderns entwickelt: die Fontainebleau-Skala (Fb-Skala). Die Bewertung erfolgt mit arabischen Zahlen, ergänzt durch Buchstaben und +/- Zusätze, und reicht von 2 bis 9a. Zur besseren Orientierung sind die Schwierigkeitsgrade zusätzlich farblich codiert:
- Grün: ganz einfache Routen
- Gelb: Fb 2–3
- Orange: Fb 3–4
- Blau: Fb 4–5
- Rot: ab Fb 5 aufwärts
- Weiß/Schwarz: besonders schwierige Probleme ab Fb 6c
Diese Einteilung hilft nicht nur bei der Auswahl passender Kletterrouten, sondern macht auch Fortschritte sichtbar.
Die Parcours in Fontainebleau
Eine Besonderheit sind in Fontainebleau die sogenannten Parcours. Dabei handelt es sich um Abfolgen mehrerer Boulder, die direkt hintereinander geklettert werden. Diese Routen können äußert kräftezehrend sein und dienten früher den Altvorderen als Training und Vorbereitung auf alpine Herausforderungen. Heute bieten sie mitten im Wald eine spannende Möglichkeit Ausdauer, Technik und mentale Stärke zu kombinieren.
Bouldergebiete in Fontainebleau – meine Tipps
Ein kurzer Überblick über einige der beliebtesten Bouldergebiete in Fontainebleau.
1. Gorges d’Apremont:
Mit einem etwas längerer Zustieg verbunden, dafür aber sehr weitläufig und abwechslungsreich. Die meisten Boulder bewegen sich im mittleren bis höheren Schwierigkeitsbereich.
2. Bas Cuvier:
Leicht erreichbar und sehr populär, daher oft gut besucht. Boulder-technisch ist für alle etwas dabei: von klassischen Einsteigersproblemen bis zu echte Herausforderungen.
3. Cul de Chien:
Ebenfalls sehr populär und landschaftlich besonders reizvoll. Das Klettergebiet liegt inmitten einer kleinen Sandwüste. Neben einigen Parcours in gelb, blau und rot, gibt es hier vor allem anspruchsvollere Boulderprobleme. Auch bei Ausflüglern und Familien ist das Gebiet sehr beliebt. Besonders auffällig ist eine Felsformation, die mit etwas Fantasie an einem Hundekopf erinnert und dem Gebiet seinen Namen gegeben hat.
4. 95.2:
Auch das Gebiet in den Trois Pignons ist besonders beliebt, bietet Boulder in verschiedenen Schwierigkeitsgraden und zeichnet sich durch seinen weichen Sandboden aus.
5. Roche aux Sabots:
Ein echtes Allround-Gebiet mit einer riesigen Auswahl an Routen in allen Schwierigkeitsgraden. Hier findet wirklich jeder etwas Passendes. Besonders hervorzuheben sind die zahlreichen Parcours, die nicht nur Abwechslung bieten, sondern auch ordentlich Ausdauer verlangen.
6. Cuvier Rempart:
In diesem Gebiet findest du viele Boulderprobleme dicht beieinander, vor allem im Bereich der Fontainebleau-Skala von 7 bis 8. Der Zustieg ist allerdings etwas länger.
7. l’Éléphant:
Beeindruckt mit einer sandigen Landschaft und den teils recht hohen Blöcken. Der Sandstein ist stark durchlöchert. Man sollte hier nach Regen keinesfalls bouldern.
8. Buthiers:
Bietet Boulder in allen Schwierigkeitsgraden und eignet sich besonders gut für Anfänger und Familien mit Kindern. Hier findest Du sogar Probleme bis zur Fontainebleau-Skala 8. Das Gebiet liegt eher im Süden. Wenn es im Norden regnet, stehen die Chancen gut, dass du in Buthiers dennoch trockene Bedingungen vorfindest.
9. Franchard Isatis:
Das Gebiet zählt zu den meistbesuchten in Fontainebleau und bietet Boulderprobleme für jedes Niveau, von Anfängern bis hin zu erfahrenen Kletterern. Besonders beeindruckt hat mich der Cannonball (7b), der mit seiner Linie und Schwierigkeit heraussticht.
Zur besseren Orientierung in Bleau: Unbedingt empfehlenswert ist ein Boulderführer für Fontainebleau, der kann die Orientierung im sprichwörtlichen Boulder-Wald nämlich durchaus vereinfachen; mindestens aber die offizielle Wanderkarte des Fôret de Fontainebleau. Spezielle Boulder-Info gibt es gut sortiert auf der Website bleau.info. Einen zusätzlichen Einblick in die Faszination des Gebiets bietet das folgende Video von MAMMUT mit dem deutschen Kletterer Jan Hojer:
Regenpause? So erlebst Du Fontainebleau abseits der Boulder
Bouldern in Frankreich ist das eine – aber Fontainebleau hat auch darüber hinaus viel zu bieten. Hier ein paar Tipps für Regentage:
- Kino in Fontainebleau
Zeigt mehrmals pro Woche auch Filme in englischer Sprache - Schloss Fontainebleau mit Parkanlage
UNESCO-Welterbe mit beeindruckender Architektur und riesigem Schlosspark - Wochenmarkt
Dreimal pro Woche frische Produkte aus der Region. Ideal zum Stöbern und Probieren - Konditoreien und Bäckereien
Hervorragende Auswahl an Kuchen, Gebäck und französischen Spezialitäten wie Baguette und Croissants - Tagesausflug nach Paris
Mit dem Zug in rund 43 bis 57 Minuten erreichbar. Ideal für einen spontanen Kultur- oder Shoppingtag - Tourismusverband Fontainebleau
Auf der offiziellen Website des Tourismusverbandes findest du viele weitere Tipps zu Aktivitäten, Infrastruktur und Ausflügen in der Region
Unterkunft: Ferienwohnungen, Campings und Hotels
Fontainebleau liegt nur etwa 60 Kilometer südlich von Paris und ist bequem mit dem Zug erreichbar. Diese entspannte Anreise bietet sich geradezu an 😉 Wer flexibel bleiben möchte, kann ein Tagesticket für die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen und zum Beispiel einen Abstecher nach Paris einplanen. Auch mit dem Auto ist die Anreise unkompliziert, denn die Autobahn A6 führt direkt durch den Wald von Fontainebleau.
Für die Übernachtung stehen zahlreiche Optionen zur Verfügung: Campingplätze, Hotels, Gasthäuser, Hostels und Ferienwohnungen (auch Gîtes genannt) – von preiswert bis gehoben. Zusätzlich gibt es ausgewiesene Biwakplätze im Wald, die in Boulderführern verzeichnet sind. Diese Plätze sind kostenlos und mit Wasseranschluss sowie einfachen Toiletten ausgestattet.
Viele Boulderer biwakieren oder campieren gerne direkt vor den Bouldergebieten. Das wird allerdings von der Parkverwaltung nicht gerne gesehen. In den Boulderführern wird ausdrücklich darum gebeten, nur die ausgewiesenen Plätze zu nutzen. Also bitte kein Wildcamping!

Im Winter bouldern in Fontainebleau – lohnt sich das?
Ja, ein Besuch lohnt sich auch in der kalten Jahreszeit. Fontainebleau ist das ganze Jahr über ein beliebtes Ziel für Boulderer. Im Winter sind die Felsen deutlich weniger frequentiert, was für alle, die Ruhe und Konzentration suchen, ein echter Vorteil sein kann. Die Temperaturen sind oft ideal für guten Grip, und bei trockenem, windigem Wetter trocknet der Sandstein erstaunlich schnell. Wichtig ist nur, dass man nach Regen nicht klettert, da der Stein dann brüchig wird.
Wer Ruhe sucht und die Qualität der Boulder ohne Menschenmassen genießen möchte, ist im Winter genau richtig. Familien bevorzugen meist die Monate zwischen Mai und Oktober, wenn das Wetter stabiler ist. Doch für erfahrene Boulderer lohnt sich ein Besuch in Fontainebleau auch in der kalten Jahreszeit – mit der richtigen Kleidung und etwas Flexibilität steht dem Boulderabenteuer nichts im Weg. 😉
Wichtige Verhaltenstipps fürs Bouldern in Fontainebleau
Damit dein Aufenthalt im Wald von Fontainebleau angenehm und respektvoll verläuft, beachte bitte folgende Hinweise:
- Müll: Lass keinen Abfall zurück und nimm alles wieder mit, was du mitgebracht hast
- Parken: Stelle dein Auto nur auf ausgewiesenen Parkplätzen ab
- Ruhe: Respektiere dein Umfeld und die Natur, bitte verzichte auf Musik
- Wertsachen: Lasse keine teuren Gegenstände im Auto liegen, es kommt leider immer wieder zu Diebstählen
- Schuhe: Achte darauf, dass deine Kletterschuhe sauber sind, eine Fußmatte kann dabei helfen
- Crashpad: Ziehe dein Crashpad nicht über den Boden, um die Vegetation zu schonen
- Besuchszeit: Am Wochenende ist es oft sehr voll, unter der Woche ist es meist ruhiger
- App-Tipp: Mit der App Boolder findest du schnell deine Lieblingsboulder und bekommst hilfreiche Infos zu den Sektoren
3 Comments on the Article
Hallo! Gibt es in bleu oder Umgebung auch eine Möglichkeit sich abzukühlen? Also einen See oder Fluss? Viele Grüße! Till
Hallo, kennt ihr eine Möglichkeit sich als Alleinreisender einer geführten Bouldergruppe anzuschliessen? Mit Guides, die auch den Transport zum Spot organisieren, CrashPdas bereitstellen, etc. Liebe Grüße
Hallo, ich hab ein paar Fragen zu Fontainebleau: 1. Kann jemand eine günstige Unterkunft (am liebsten Agriturismo) empfehlen, von der aus man auch ohne Auto gut zu Felsen kommt? 2. Muss man selber seine Matte mitnehmen, oder gibt's auch Möglichkeiten, sich dort eine auszuborgen? 3. Man kommt dort auch ohne Auto aus, oder? 4. Gibt es auch einfache Boulder dort? - Weil in dem Artikel die schwierigen so betont werden... Danke schon mal!