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Finale Ligure – Klettern, Pizza und Me(e/h)r

Inhaltsverzeichnis

Klettern in Finale Ligure ist ein Must-Go auf der To-Do-Liste beinahe jedes Kletterers. Normalerweise sind solche Must-Gos oft nicht ganz so reizvoll, wie sie angepriesen werden und Finale Ligure ist nicht unbedingt der nächste Weg, wenn man in Deutschland wohnt und sich ein neues Kletterziel sucht.

Die Autorin klettert in Finale Ligure.
Marianne beim Klettern einer der vielen “Schmankerln” in Finale Ligure.

Jedoch nimmt man die etwas weitere Anfahrt gerne in Kauf, wenn man weiß, was die geneigten Kletter-Fans hier erwartet. Neben absolut bockharten Touren sind auch viele Schmankerl für Anfänger, die erstmals an den Fels gehen dabei. Und zudem bietet sich neben den steilen Wänden meistens ein atemberaubender Ausblick über grüne, bewaldete Täler oder das weite Mittelmeer.

Finale am Finale des Jahres

Wir hatten uns vorgenommen Silvester in Italien zu feiern und da zu dieser Zeit in Finale Ligure nach wie vor perfekte Bedingungen zum Klettern und Bouldern herrschen, ist es für uns das perfekte Ziel. Doch auch im Herbst und Frühling sind die Temperaturen dort optimal um so richtig Gas zu geben. Falls man das Ganze allerdings mit einem Badeurlaub verbinden möchte, sollte man besser den Herbst wählen, da dann das Meer auch noch nicht ganz so kalt ist.

Außerdem gibt es hier auch die Möglichkeit, die kleinen Orte und das Umland mit dem Mountainbike zu erleben. So kommt man auch bequem zu manchem Felsen und kann sich an seinem “Restday” sportlich vergnügen. Wer also ein großes Auto hat, sollte den Drahtesel einpacken und satteln.

Der kleine Ort Finale Ligure in Italien am Meer.
Der Charme der kleinen, italienischen Stadt.

Im Ort Finale Ligure selbst gibt es zahlreiche Möglichkeiten, in kleinen Appartements oder Ferienwohnungen unterzukommen. Und wenn man mit einer größeren Gruppe unterwegs ist, lohnt es sich auf jeden Fall, auch das Umland in Betracht zu ziehen. Hier sind einige Zufahrten zu den Häusern vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, da es meist steil hinauf geht, doch wann hat sich ein Kletterer schon mal vor der Vertikalen gefürchtet?

Wenn man die zahlreichen Kletterführer von Finale Ligure durchwälzt, merkt man auf jeden Fall sofort, dass man mindestens ein ganzes Jahr hier bleiben müsste, um wirklich alles gesehen zu haben. Daher kann ich hier natürlich nur eine kleine, aber umso feinere Auswahl an Spots geben.

Bric Reseghe bei Calvisio

Das erste Ziel unseres virtuellen Kletter-Trips ist das Gebiet „Bric Reseghe“ oberhalb der Ortschaft Calvisio. Fährt man noch etwas weiter, nach Chiesa di San Cipriano bis zur kleinen Kirche hinauf, kann man dort direkt parken. Den restlichen Weg ins Dorf Calvisio Vecchia geht man zu Fuß.

Währenddessen durchquert man riesige Obstgärten und hat einen tollen Ausblick bis zum Meer und Finale Ligure. Der Weg führt einen durch zwei alte Torbögen, sowie durch weitere Bereiche des alten Dörfchens. Sobald man die Kreuzung mit der Ruine erreicht hat, biegt man nach rechts ab und folgt einer Trockenmauer. Der Zustieg ist durchwegs mit roten Rechtecken und blauen Punkten markiert; die Wegfindung fällt also durchaus leicht und gleicht mehr einem gemütlichen Spaziergang.

Der Fels

Durch sein breites Spektrum eignet sich der Bric Reseghe für jeden.
Der Bric Reseghe hat mit seinem breiten Spektrum für jeden etwas zu bieten.

Früher bestand das Gebiet aus gerade einmal 11 Routen; heute ist es auf etwa 70 Routen angewachsen. Nach dem Zustieg erreicht man direkt den ersten Sektor, der die Kletterer mit leichten und mittelschweren Routen lockt. Quert man nach rechts, gelangt man in das restliche Gebiet, in dem auch die schwierigen Routen auf uns warten.

Insgesamt gibt es hier fünf Sektoren. Das windgeschützte Klettergebiet umfasst Routen von 3c bis 8a, was ein für Finale ziemlich einmalig breites Spektrum an Schwierigkeitsgraden ist.

Alle Routen sind hervorragend abgesichert, und am Wandfuß lässt es sich bequem sichern. Von delikaten Platten bis hin zu abdrängenden Überhängen ist hier alles vorhanden. Jedoch ist zu beachten, dass das Gebiet vom 1. Januar bis 31. Juli wegen Vogelbrut gesperrt ist.

Da „Bric Reseghe“ auch ideal für Familien ist und der Zustieg gerade einmal 15 Minuten dauert, kann es schon einmal zu einem kleinen Andrang (vor allem in den leichteren Routen) kommen. Falls die Lieblingstour gerade nicht frei ist, gibt es aber zahlreiche lohnende Ausweichziele sowie die schöne Aussicht, die man in der Zwischenzeit genießen kann.

Valle Rian Cornei mit zahlreichen Klettergärten

Vom Meer geht es nun ins Landesinnere und damit zum nächsten Klettergarten. „Falesia del Silenzio Inferiore“ im Tal Rian Cornei ist unser Ziel und ich kann jetzt schon sagen, dass der Klettergarten genauso abenteuerlich ist, wie sein Name es ankündigt.

Die zwischenmenschlichen Begegnungen sind am Falesia del Silenzio Inferiore besonders schön.
Am Falesia del Silenzio Inferiore trifft man Menschen aus den unterschiedlichsten Nationen.

Erneut parkt man bei einer Kirche – nur diesmal der von Orco. Von dort folgt man den Markierungen mit den zwei senkrechten Linien und dem roten Dreieck. Danach geht man die Schotterstraße bergauf und orientiert sich an den Holzwegweisern, die uns kurz nach einer markanten Felsrinne etwas flacher zu einer Grotte führen. Anhand roter Markierungen kann man den Weg kaum verfehlen und geht einen mit Drahtseil versicherten Steig und ein paar Stufen zum Ziel.

Der Fels

Der erste Blick auf „Falesia del Silenzio Inferiore“ ist beeindruckend und fast einschüchternd. Wir stehen direkt unter einer ausladenden, überhängenden Wand aus gelbem Fels. Kein Wunder, dass sich hier quasi nur die Profis tummeln, denn in diesem Abschnitt findet man kaum etwas unter 6c. Auch wenn es hier „nur” zum Projektieren reicht, ist es eine Freude, den anderen zuzusehen und sie mit anzufeuern. Schön ist auch, dass hier unter den Besuchern viele Nationen vertreten sind.

Insgesamt umfasst dieser Abschnitt nicht weniger als 40 Routen. Von technisch anspruchsvollen Platten bis hin zu athletischen Überhängen ist alles dabei. Aber auch entspanntere Routen finden ihren Platz im linken Bereich des Sektors.

Für Familien ist dieses Gebiet jedoch nur bedingt geeignet, da der Zustieg teilweise ausgesetzt und sehr steil ist. Abgesehen davon ist jedoch die Absicherung sehr gut. Und zudem hat man von hier aus einen weitreichenden Blick in das bewaldete Valle Rian Cornei.

Rocca di Corno – groß, hoch, offensichtlich lohnenswert

Wenn man das Umland von Finale Ligure etwas durchquert, sticht immer wieder ein großer freistehender Felsblock ins Auge (man wäre wohl kein richtiger Kletterer wenn man da nicht hinschauen würde): der Rocca di Corno“.

Wir können uns dem Felsbrocken auf jeden Fall nicht entziehen und nehmen ihn uns als nächstes Ziel vor. Gesagt getan und wir fahren durch die Ortschaft Calvisio nach Verzi. Die Straße ist dort sehr schmal und mündet in eine Schotterstraße. Am Ende dieser Straße gibt es einen Parkplatz, der leider schnell überfüllt ist. Es gilt also: Der frühe Vogel fängt den Wurm!

Der Fels

Vom Parkplatz aus ist es ein Katzensprung zum Felsen. Man überquert den Bach und folgt dem Pfad, der einen direkt zum Sektor Sud führt. Auf dem Pfad kann man natürlich auch schon vorher in die anderen der vier Sektoren abzweigen, oder eben am Wandfuß entlang den Standort wechseln. Besonders lohnenswert sind die Sektoren Sud und Zona Rossa. Zum Einen hat man hier den besten Ausblick auf Finale und das Meer und zum Anderen sind hier die längsten und beeindruckendsten Routen zu finden. Die ambitionierten Kletterer toben sich hier im mächtigen Überhang aus, aber auch für Anfänger und Genusskletterer ist etwas dabei. Selbst ein paar Mehrseillängentouren (in den unteren Schwierigkeitsgraden) können hier absolviert werden.

Der Rocca di Corno ist für Kletterer unübersehbar.
Der Rocca di Corno wird wohl jedem Kletterer ins Auge stechen!

Für kleinere Kinder ist dieses Gebiet nicht empfehlenswert. Das liegt vor allem daran, dass der Wandfuß relativ abschüssig ist. Aber auch für die Älteren kann dieser Felsbrocken ungünstig sein, da die Hakenabstände etwas weiter voneinander sind und der Übergang damit für den Ein oder Anderen mehr Überwindung kostet.

Trotzdem bleibt der Klettertag am „Rocca di Corno“ absolut unvergesslich und ist eine beeindruckende Klettererfahrung.

Da es im Winter ziemlich schnell dunkel wird, konnte wir auch noch einen Blick auf Finale Ligure bei Nacht ergattern.

Klein aber oho – die Grotta dell’Edera

Ein richtiger Kletterurlaub in Finale Ligure ist nicht komplett, wenn man nicht mindestens einmal in der „Grotta dell’Edera“ Fels geschnuppert hat. Von außen erkennt man die markante Grotte nicht im Geringsten. Wüsste man also nicht, wo sie sich befindet, würde der Schatz für immer verborgen bleiben.

Die Grotta dell'edera sollte jeder einmal gesehen haben.
Nicht nur für Kletterer ist die Grotta dell’Edera ein Must-Have auf der Reiseliste.

Peilt man die Grotte an, muss man erst einmal der Contrada Valle folgen, bis man den Parkplatz Scimarco erreicht (der übrigens immer gut besucht ist). Das Auto geparkt, geht es zu Fuß eine kurze Strecke an der Straße zurück. Nachdem man an eine kleine Siedlung gelangt, durchquert man die engen Gassen und folgt der Beschilderung. Es geht leicht bergan, bis man schließlich kleinere Felsen erreicht. Von dort kann man nun auch den Eingang der Grotte sehen.

Die Höhle

Die Höhle selber ist unten etwas weitläufiger. Der Weg führt über große Felsstufen aufwärts. Danach kommt ein enger, versicherter Steig. Die Stirnlampe ist hier absolut notwendig und durch die kleine Öffnung zur Grotte passt man besser ohne Rucksack durch. Das bedeutet jetzt allerdings nicht, dass ihr den Rucksack zurücklassen müsst; er kann einfach vom Seilpartner nachgereicht werden.

Da es in der Höhle immer feucht ist, sollte man festes Schuhwerk tragen und das Wegstück mit erhöhter Aufmerksamkeit zurücklegen. Doch kaum schlüpft man aus dem engen Gang fällt einem förmlich die Kinnlade herunter, denn eine zylinderförmige Grotte mit großem Dachfenster, Löchern und Sintern sieht man dann doch nicht so häufig.

Überhang-Freaks kommen hier auf jeden Fall nicht zu kurz. Trotzdem ist es von Vorteil wenn man den 7. Schwierigkeitsgrad solide beherrscht, um ein wenig Spaß zu haben. Doch auch wenn man nur zum „Gucken“ kommt, ist diese Grotte absolut einen Ausflug wert und der innere Abenteurer wird zufriedengestellt.

Familien mit kleineren Kindern sei vom Besuch dennoch abgeraten, denn der Zustieg kann durchaus heikel werden.

Fazit

Obwohl die Grotte ein ziemliches Highlight ist, ist sie nicht das Einzige, was im Gedächtnis bleibt. Finale Ligure ist bei Sportlern und vor allem bei Kletterern durchaus bekannt, aber der kompakte, vielseitige Fels und die schöne Aussicht packen einen einfach immer wieder. Von der Pizza und dem guten Wein natürlich ganz zu schweigen.

Nicht nur bei Tag, sondern auch bei Nacht ist Finale Ligure schön.
Auch schön: Finale Ligure bei Nacht.

Ein anderes Highlight dieses Trips war für mich aber auf jeden Fall noch die Silvester-Feier, zu der wir von unseren schon etwas betagteren Vermietern eingeladen wurden. Wir hatten verstanden, dass das gesamte Dorf zusammen feiern würde und wanderten daraufhin motiviert vom Ferienhaus in die Siedlung hinunter. Als uns allerdings keine Menschenseele begegnete und alles verdammt ruhig war, wurde uns klar, dass wir das wohl falsch verstanden haben. Zu diesem Zeitpunkt haben wir uns dann doch gewünscht ein wenig italienisch sprechen zu können.

An der besagten Adresse angekommen, fanden wir jedoch den „Ältestenrat“ des Dorfes sowie unsere Vermieter, mit denen wir uns verabredet hatten. Die Rentner blieben also zum Feiern im Dorf, während sich die Jugend am Meer versammelt.

Mit der Runde genossen wir ein selbstgekochtes Fünf-Gänge Menü, mit jeder Menge Wein und erlebten alten italienischen Schlager. Das große Feuerwerk blieb aus, denn im Dorf selbst wurden nur genau zwei Raketen abgefeuert. Wir haben unseren Silvester-Abend aber definitiv nicht bereut! Für uns war Finale damit nicht nur ein außergewöhnlicher Kletter-Trip mit tollen Spots, sondern auch eine schöne zwischenmenschliche Erfahrung mit viel Gastfreundschaft, so dass es auch genügt hat, dass wir auf alles nur mit „Sì“ geantwortet haben.

Wenn ihr also mal Lust habt, Finale Ligure auf eine besondere Art und Weise kennenzulernen, dann zögert nicht, auch mal über die Feiertage dort hinzugehen. Ich kann es euch nur wärmstens empfehlen!

Ein paar Fakten zur Orientierung

Bric Reseghe

  • Ausgangspunkt: Parkplatz Lacrema bei der Kirche
  • Zustieg: 15 Minuten
  • Ausrichtung: Süden, Osten
  • Charakter: Platten-, Wand-, Überhangkletterei
  • 5 Sektoren mit etwa 70 Routen insgesamt
  • Schwierigkeit: 3c bis 8a
  • Ausrüstung: Sportklettern, 60 Meter Seil
  • Familienfreundlich und sehr gut abgesichert

Falesia del Silenzio Inferiore

  • Ausgangspunkt: Parkplatz Orco bei der Kirche
  • Zustieg: 30 Minuten (teilweise versicherter Steig und sehr steil)
  • Ausrichtung: Südwesten
  • Charakter: Platten-, Überhangkletterei
  • Großer Sektor im Valle Rian Cornei mit etwa 40 Routen insgesamt
  • Schwierigkeit: 5c bis 7c+
  • Ausrüstung: Sportklettern, 60 Meter Seil, feste Schuhe für Zustieg
  • Sehr gute Absicherung aber nur bedingt familienfreundlich

 Rocca di Corno

  • Ausgangspunkt: Parkplatz Corno am Ende der Schotterstraße bei Verdi
  • Zustieg: 15 Minuten
  • Ausrichtung: Süden
  • Charakter: Überhang-, Wandkletterei
  • 4 Sektoren mit etwa 100 Routen insgesamt
  • Schwierigkeit: 4a bis 7c
  • Ausrüstung: Sportklettern, Mehrseillängentouren, 70 Meter Seil
  • Gute Absicherung, aber nur bedingt familienfreundlich

Grotta dell’Edera

  • Ausgangspunkt: Parkplatz Scimarco
  • Zustieg: 20 Minuten
  • Ausrichtung: Norden, Süden, Osten, Westen
  • Charakter: Sinter-, Loch-, Überhangkletterei
  • Zylinderförmige Grotte mit 15 Routen
  • Schwierigkeit: 6b bis 8a+
  • Ausrüstung: Sportklettern, 70 Meter Seil, Stirnlampe!
  • Sehr gute Absicherung, nicht familienfreundlich

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Bergfreundin Marianne

Aufgewachsen im bayrischen Voralpenland war es das naheliegenste, dass ich selbst mal im Bergsport aktiv werde. Am liebsten gehe ich zum Bergsteigen ins Karwendel und auf lange Läufe durch Täler und auf Berge. Dabei finde ich es am Schönsten, wenn ich keine Menschen treffe und nur die Natur um mich herum ist. Manchmal packt mich dann der Ehrgeiz und ich melde mich für einen Trail-Wettkampf an. Hier fasziniert mich, meine Grenzen auzutesten und mich mit anderen zu messen. Die Stimmung bei solchen Events ist immer motivierend. Mein Herz habe ich jedoch an die norwegische Natur verloren. Seit ich ein kleines Kind bin, reisen wir mit der Familie nach Norwegen zum Wandern und Entdecken. Seit dem versuche ich fast jedes Jahr in den Norden zu reisen. Neben der “Schreiberei” für die Bergfreunde absolviere ich gerade eine Ausbildung zur Holzbildhauerin. So kann ich meine Kreativität noch stärker ausleben.

1 Kommentar zum Artikel

  1. Simone 20. November 2018 09:50 Uhr

    Spätestens nach dem lesen dieses Artikels möchte man am liebsten seine Tasche packen und los fahren! Alle Fakten und Zahlen kompakt zusammengefasst. Besser geht es nicht! Vielen Dank! :-)

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