Am Pfingstwochenende 2017 war es endlich soweit: Eine Gruppe Bergfreunde macht sich auf in die Tannheimer Berge/Tirol, um sich in der ORTOVOX Safety Academy die grundlegenden Kenntnisse des alpinen Mehrseillängenkletterns vermitteln zu lassen.
Pünktlich um 8 Uhr stehen acht mehr oder weniger erfahrene Kletterer am Parkplatz des Gimpelhauses im Tannheimer Tal. Diese acht Kletterer und Bergfreunde sind der staatlich geprüfte Berg- und Skiführer Rudi Müller von der Alpinschule Augsburg. Viola Goldhofer, eine fachkundige und erfahrene Bergfreundin von ORTOVOX, zwei Angestellte der Bergfreunde GmbH und vier Bergfreunde.de-Kunden. Im Frühling 2017 hatten diese vier an einem Bergfreunde-Gewinnspiel teilgenommen, und wurden von unserer Glücksfee zu glücklichen Gewinnern erkoren. Der Preis: ein zweitägiger „Alpinklettern Basic“-Kurs in der ORTOVOX Safety Academy mit Übernachtung und Halbpension im Gimpelhaus.
Grundlagentraining
Nachdem wir unser Gepäck in die Materialseilbahn des Gimpelhauses geladen haben, geht es mit zügigem Tempo 700 Höhenmeter bergauf an den Klettergarten Thomaswändle. Hier wärmen wir uns zuerst in der Felswand etwas auf, um ein Gefühl für den Kalkfels zu bekommen. Wir schauen, auf welchem Niveau die einzelnen Teilnehmer unterwegs sind. Danach gibt es von Bergführer Rudi eine Unterweisung am Wandfuß.
Dabei werden die ersten Kenntnisse im Standplatzbau vermittelt: Selbstsicherung, Fixpunktsicherung, Körpersicherung, Nachsichern, Kommandos. Die einzelnen Prozesse und Schritte werden in aller Ernsthaftigkeit, aber ohne Druck geübt und mehrmals durchgegangen. Unweigerlich auftretende Fragen werden kompetent beantwortet und ausführlich erklärt. Nach dieser theoretisch-praktischen Übung und einer kurzen Stärkungspause geht es weiter an die nächste Felswand – den Hochwiesler-Ostsporn.
Praxis
Hier erwartet uns die erste Mehrseillängenroute des Tages. „s‘ Bienchen“, ist ihr netter Name und sie stellt für drei Teilnehmer und mich unsere Mehrseillängen-Premiere dar. Eine 6+ mit sauber gebohrten Haken und einer erhabenen Aussicht. Geklettert wird in zwei Dreier-Seilschaften und einer Zweier-Seilschaft. Unsere erste Route dieser Art besteht zwar aus lediglich drei Seillängen mit einer Wandhöhe von 50 Metern. Aber angesichts dessen, dass einige alpine Greenhorns dabei sind, das Gestein teilweise sehr brüchig ist, und die Gruppe aus acht Personen besteht, ist „s’Bienchen“ völlig ausreichend. Und hat uns allen Lust auf mehr gemacht.
Nach der dritten Seillänge wurde über die Abseilpiste an einem Stück abgeseilt. Mit großem Hunger und schönen Eindrücken machen wir uns an den Abstieg zum Gimpelhaus. Schließlich ist der Tag schon weit voran geschritten und der Magen verlangt nach etwas „Ordentlichem“ zu essen. Am Gimpelhaus erwarten uns eine ausgelassene, fröhliche Stimmung und ein wohlverdientes, umfangreiches Abendessen. Hier finden wir endlich auch Zeit, uns miteinander auszutauschen, zu lachen und zu reden. Oder eine warme Dusche zu nehmen und den ereignisreichen Tag sacken zu lassen. Spät am Abend zieht dann zu unserem Unmut schlechtes Wetter auf. Kühler, nasser Regen vertreibt uns und die so angenehme Abendwärme von der Terrasse des Gimpelhauses.
Planänderung
Der nächste Morgen offenbart uns das, was wir befürchtet hatten. Höhere Gewalt, in Form von unbeständigen Regenfällen scheint uns einen Strich durch die Rechnung zu machen. Denn eigentlich sollen wir an diesem Sonntag den „Hüttengrat“ durchsteigen und unser gestern erlerntes Wissen festigen. Der Einstieg in den Hüttengrat liegt keine halbe Stunde vom Gimpelhaus entfernt, und hätte sich vor allem für uns Anfänger herausragend gut geeignet, denn der Kletterer bewegt sich hier auf insgesamt fünf Seillängen stets im III-IV Schwierigkeitsgrad.
Das ließe den Mehrseillängen-Greenhorns noch die nötigen Reserven, um sich ohne Stress und zu hohe Anspannung auf das Wesentliche zu konzentrieren: die korrekte Eigensicherung und Sicherung des Partners. Da der nasse Fels sicheres Klettern aber unmöglich macht, müssen wir etwas umdisponieren: Das Frühstück wurde etwas nach hinten verlagert, und das restliche Tagesprogramm muss wohl oder übel „indoor“ ablaufen- ausgenommen der Abstieg ins Tal.
Nach einem ausgiebigen Frühstück packen wir unsere sieben Sachen, sodass wir um 9.30 Uhr bereit für die nächsten Programmpunkte sind. Bergführer Rudi gibt eine Einweisung in die Materialwahl- und pflege beim alpinen Klettern. Im Boulderraum des Gimpelhauses zeigen er und Viola nochmals den Standplatzbau, das richtige und sichere Einrichten, die Körper- und Fixpunktsicherung sowie das Abseilen mit Einfach- und Halbseil. Wir Teilnehmer dürfen dabei natürlich nochmals selbst aktiv werden, während uns die erfahrenen Augen von Rudi und Viola auf die Finger schauen. Da das Wetter nicht den geringsten Anschein der Besserung macht, kosten wir die Zeit aus und klären noch einige fachliche Detailfragen bezüglich bestimmter Knoten, Techniken, Tipps und Tricks.
Weitere Tagesplanung
Gegen 13 Uhr setzen wir uns nochmal in den Gastraum des Gimpelhauses. Bei einer Tasse heißem Kaffee hören wir Bergführer Rudi zu, der uns allgemeine Dinge zur Routenplanung und wichtige Hinweise zur Verwendung topographischer Karten vermittelt. Nach einer offenen und ehrlichen Feedbackrunde machen wir uns geschlossen auf den Weg ins Tal. Dort verabschieden wir uns herzlich voneinander und verteilen uns wieder im Lande. Was bleibt, sind schöne Erfahrungen, neue Bekanntschaften, Lust auf weitere Mehrseillängentouren, und vor allem das theoretische und praktische Grundlagenwissen, um selbstständig Mehrseillängen durchzuführen.
Jetzt liegt es nur noch an uns, konsequent dranzubleiben, damit das erlernte Wissen aus dem „Alpinklettern Basic“-Kurs der ORTOVOX Safety Academy in Fleisch und Blut über- und nicht „verschütt“ geht.
Was ist die ORTOVOX Safety Academy?
Der bayerische Outdoorausrüster ORTOVOX hat es sich vor einigen Jahren zum Ziel gesetzt, Bergsportler über die Gefahren des Alpinsports theoretisch aufzuklären, aber vor allem auch praktische Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Resultat dieses Grundgedankens ist die ORTOVOX Safety Academy. Sie bietet für die theoretische Unterweisung von Bergsportlern frei zugängliche (interaktive) Tutorials im Internet an. Videos, Literatur und Quizfragen helfen so, das eigene Wissen zu vertiefen, zu wiederholen und zu festigen.
Da Theorie und Praxis gerade im Bergsport Hand in Hand gehen, bietet die ORTOVOX Safety Academy zusätzliche Praxiskurse und Fortbildungen in Kooperation mit ausgewählten Berg- und Alpinschulen an. Was so vor ein paar Jahren klein begann und sich vor allem auf Skitouren bezog, hat sich inzwischen auf über 400 (100 Sommer– und 300 Winterkurse), größtenteils mehrtägige Kurse pro Jahr in den Bereichen LVS-Training, Lawinenkunde für Freerider und Skitourengeher und inzwischen eben auch Alpinklettern ausgeweitet.