„Wenn man einen Freund hat“, sagte der kleine Bär, „der Pilze finden kann, braucht man sich vor nichts zu fürchten. Nicht wahr, Tiger?“ (aus „Oh wie schön ist Panama“ von Janosch)
Vom Sammeln und Jagen
Gibt es was Besseres, als frische Lebensmittel direkt aus der Natur? Eigentlich nicht! Und angesichts dessen, was es aus dem Reich der Fungi so alles bei uns in Mitteleuropa in Wald und Flur zu entdecken gibt, ist es sehr nachvollziehbar, dass die Zahl der eifrigen Pilzsammler stetig wächst. Daher haben wir uns entschlossen, nach dem Artikel von Bergfreundin Janine zum Sammeln von Wildkräutern auch einen für diejenigen, die „in die Pilze“ wollen, nachzuschieben.
Mein guter Freund Sepp sagt immer, die Bezeichnung „Pilze sammeln“ wäre irreführend, sondern es sei eher ein „Jagen“. Und in der Tat, nicht immer offenbaren sich die schmackhaften Fruchtkörper den Suchenden. Und oft genug geht man mit leerem Körbchen nach Hause. Natürlich, erfahrenere Sammler kennen ihre Plätze, sie können die verschiedenen Biotope bezüglich ihres Pilz-Potentials gut einschätzen. Sie wissen, welche Pilze zu welcher Jahreszeit Saison haben. Sie können außerdem die Witterungsbedingungen und deren Auswirkung auf die Schwammerln einschätzen, sodass missglückte Expeditionen potenziell seltener sind. Spannend bleibt es aber meistens dennoch! Und deshalb hat der kleine Bär aus Janoschs „Oh wie schön ist Panama“ eben doch ein stückweit recht.
Pilze: vielseitige kleine Kerlchen
Klar, eine Pizza Funghi (die normalerweise mit Champignons (Agaricus) belegt ist) werden die meisten (jedenfalls diejenigen, die Pilze mögen) schon mal gegessen haben. Aber die paar Pilzarten, die kultiviert werden können und daher im Handel immer zu haben und nicht zu teuer sind, kann man an einer Hand abzählen. Zwar nicht komplett sprichwörtlich, wohl aber hinsichtlich des Bekanntheitsgrades. Denn Champignons, Austernpilzen (Pleurotus ostreatus), Shiitake (Lentinula edodes) und vielleicht noch Kräuterseitlingen (Pleurotus eryngii) kann man in Supermärkten begegnen. Die anderen Sorten tauchen eher in spezielleren Zusammenhängen (und meist in getrockneter Form) auf.
Interessant wird es dann bei den nicht kultivierbaren Pilzen. Die kann man manchmal saisonal auf dem Wochenmarkt, oder, in getrockneter Form, teils auch in den Supermärkten kaufen. Allerdings sind sie in der Regel ungleich teurer, und bei den getrockneten Varianten, im Handel üblicherweise Steinpilze (Boletus edulis), Morcheln (Morchella) oder Mu-Err/Judasohr (Auricularia auricularia-judae), ist es so, dass gerade die beiden letztgenannten häufig aus Fernost stammen und entsprechend einen miserablen CO2 -Fußabdruck mitbringen. Das ist insbesondere im Falle der Pilze hierzulande einfach unnötig. Für frische Steinpilze werden Preise von bis zu 50 €/kg aufgerufen, wobei die dann in der Regel aus Osteuropa stammen. Bei getrockneten kann ungefähr der doppelte Preis veranschlagt werden.
Frische Pfifferlinge (Cantharellus cibarius), die saisonal im Super- wie auf dem Wochenmarkt erhältlich sind, kommen wiederum meistens aus Osteuropa. Gerade diese beiden exquisiten Speisepilze gibt’s aber auch bei uns im Wald. Daher lohnt es sich, sie -und einige andere- zu kennen und zu wissen, wann und wo sie gerne wachsen.
Mehr als nur Essen
Auch interessant zu wissen: abgesehen vom Speisewert und der Schmackhaftigkeit einiger Pilze haben manche dieser seltsamen Wesen noch ganz andere Nutzungspotentiale zu bieten. Zuallererst müssen an der Stelle gewisse Schlauchpilze aus der Gattung der Pinselschimmel (bedeutsam hier Penicillium chrysogenum), besser bekannt als Penicilline, genannt werden. Diese natürlichen Schimmelpilze wirken antibiotisch. Vermutlich haben die meisten von uns sie schon das ein oder andere mal in Tabletten- oder Saftform einnehmen dürfen. Beispielsweise um einer Streptokokken-Infektion, einer beginnenden Borreliose oder anderen bakteriellen Infektionen den Garaus zu machen. Die zufällige Entdeckung dieser Wirkung durch Alexander Fleming 1928 war eine bahnbrechende Entwicklung der Medizin, die den Kampf gegen bakterielle Krankheiten komplett revolutioniert hat. Zudem hat sie das heutige Verständnis der Behandlung bakterieller Erkrankungen maßgeblich beeinflusst, ja, begründet!
Vom Zunderschwamm (Fomes fomentarius) hat man vielleicht auch hier und da gehört oder gelesen, und dieser Baumschädling hat es ebenfalls gewaltig in sich. Die Verwendung der mittleren Schicht dieses Baumpilzes (der sogenannten Trama) als Zunder hat ihm seinen Namen gegeben, die Bushcrafter unter uns wissen das. Allerdings erschöpfen sich die Verwendungsmöglichkeiten darin keineswegs! Denn in mittel- und osteuropäischen Wäldern von Bayern bis Rumänien wurde aus eben jener Trama traditionell auch ein lederartiges Material gewonnen, das zu Taschen und Hüten verarbeitet werden konnte und in einigen Dörfern Rumäniens immer noch wird. Veganes Textil mal ganz anders.
Gefahrenpotential: Vorsicht beim Pilzesammeln!
Pilze sammeln ist spannend, und im Idealfall auch sehr lecker und gesund. Aber da es auch einige sehr giftige Arten gibt, die darüber hinaus zum Teil recht unscheinbar ausschauen, ist es absolut essenziell genau zu wissen, welche Pilze man sammeln möchte. Bei der kleinsten Unsicherheit sollte man unbedingt die Finger vom Fund lassen! Die meisten Giftpilze sehen eben nicht so signalhaft-toxisch aus wie der in dieser Hinsicht wirklich über einen fairen Phänoptyp verfügende Fliegenpilz (Amanita muscaria. Der ist dafür wiederum bei weitem nicht so giftig wie einige der anderen, weniger schrill ausschauenden Kandidaten).
Deshalb ist der erste Schritt, bevor es in den Wald geht, sich ein gutes, umfassendes Bestimmungsbuch mit guten Fotografien zu besorgen. Am besten Outdoor-tauglich mit Schutzumschlag. Allerdings kann das Buch niemals den Rat eines Spezialisten ersetzen. Und den solltest Du Dir zu Beginn Deiner Pilzsucher-Karriere unbedingt immer einholen. Ein guter Start ist, eine geführte Pilzwanderung mitzumachen, und auch danach die Funde aus eigenen Ausflügen immer einem Experten zur Kontrolle vorzulegen. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
Röhrlinge sind weniger giftig
Dennoch, die gute Nachricht zuerst. Es gibt eine einfache Methode, tödlich giftige Exemplare auszuschließen: und zwar, in dem man sich beim Pilze Sammeln (weitestgehend) auf die (umgangssprachlich so genannten) Röhrlinge beschränkt! Denn alle bei uns vorkommenden tödlich giftigen Pilze gehören zu den Lamellenpilzen. Das sind vom Typus her „klassische“ Pilze wie es beispielsweise auch Champignons oder die allbekannten Fliegenpilze sind, bei denen sich unter dem Hut eine Fruchtschicht in Form von Lamellen (auch als „Blätter“ bezeichnet, siehe auch „Knollenblätterpilz“) befindet, wo die Sporen für die Fortpflanzung des Pilzes produziert werden. Bei den Röhrlingen hingegen sind diese sporenbildenden Fruchtschichten auf der Hutunterseite liegende, senkrecht ausgerichtete zylindrische Röhren, die dort für ein oft schwammartiges Aussehen sorgen. Und unter diesen Pilzen gibt es zahlreiche sehr schmackhafte Varianten, nur sehr wenige giftige, und gar keine tödlich gefährlichen. Beschränkt man sich also auf sie, so ist eine große Gefahrenquelle auf einen Schlag eliminiert!
Tödlich giftige Pilze hingegen sind der grüne (Amanita phalloides), der weiße (Amanita verna) und der kegelhütige Knollenblätterpilz (Amanita virosa), die Frühjahrs-Lorchel (Gyromitra esculenta), der Orangefuchsige (Cortinarius orellanus) und Spitzgebuckelte Raukopf (Cortinarius rubellus) sowie verschiedene kleine Schirmlingsarten. Der Fleischrosa (Lepiota josserandii) und der Fleischbräunliche Schirmling (Lepiota brunneneoincarnata) sowie der Gewächshaus-Schirmling (Lepiota citrophylla). Allesamt Lamellen- oder Blätterpilze! Deswegen muss man bei ungenügenden Kenntnissen -und das dürfte auf die meisten von uns zutreffen. Einfach von allem, was in irgendeiner Form ähnlich sein könnte, Abstand halten.
Vor dem Pilze sammeln irgendwelcher Arten, die auch nur entfernte Ähnlichkeit mit einem der eben aufgeführten Pilze haben, kann man nur dringendst abraten! Das sollte man Experten mit jahr(zehnt)elanger Erfahrung überlassen.
Auch das solltest Du bedenken
Ein anderes Problem: Pilze als eines der Endglieder der Nahrungskette reichern auch Schadstoffe und Strahlenbelastung an. Besonders die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl macht sich diesbezüglich leider nach wie vor bei den Männlein aus dem Walde bemerkbar. Seit dem Reaktor-Unglück 1986 sind Pilze, wie verschiedene andere „wilde“ Nahrungsmittel auch, nicht ganz unproblematisch hinsichtlich ihrer Strahlenbelastung. Man muss zwar keinen Geigerzähler mit zum Pilze sammeln nehmen, aber eben auch aus diesem Grund sollte der übermäßige Verzehr von Pilzen vermieden werden. Das gilt umso mehr für die oben angesprochenen, gern aus dem osteuropäischen Raum importierten Pilze, die teils nochmals deutlich erhöhte Strahlenwerte aufweisen.
Daneben können gebietsweise auch Schwermetall-Belastungen regional oder lokal auftreten.
Schließlich ist, wie bei den meisten Dingen im Leben, ein Zuviel auch bei Pilzen eh nicht gut. Denn das Pilz-Eiweiß kann bisweilen schwer verdaulich sein. Das geht so weit, dass manche Personen viele Pilze überhaupt nicht vertragen, oder nach dem Verzehr Probleme bekommen. Daher immer zunächst vorsichtig probieren, ob die Pilze auch gut vertragen werden, und das Ganze erstmal lieber nicht übertreiben. Manche Arten, die hier nicht (Schopftintling, Coprinus comatus) oder nur anekdotisch (Netzstieliger Hexenröhrling, Boletus luridus) besprochen werden, sind zwar essbar, in Verbindung mit Alkohol aber giftig (Schopftintling). Oder können in dieser Kombination zumindest problematisch sein (Netzstieliger Hexenröhrling).
Los geht’s in den Wald, zu den Pilzen!
Es gibt weltweit ungefähr 120.000 Arten von Pilzen, von denen man wiederum weit über 4.000 auch bei uns in Mitteleuropa finden kann. Die Anzahl ist natürlich erstmal schier überwältigend, und würde den Rahmen dieses Artikels bei weitem sprengen. Deshalb möchte ich mich auf lediglich zehn ausgewählte, für Speisepilzsammler relevante Beispiele konzentrieren.
Wie oben bereits angesprochen beschränke ich mich im Rahmen dieses Artikels größtenteils auf die sogenannten Röhrlinge. Warum? Weil es wie gesagt unter diesen Pilzen nur sehr wenig toxische und gar keine tödlich giftigen Vertreter gibt. Die anderen Arten, die hier besprochen werden, aber nicht zu den Röhrlingen gehören, sind ebenfalls so ausgewählt, dass eine Verwechslung mit giftigen Pilzen unwahrscheinlich ist. Trotzdem an der Stelle nochmal die absolut ernstzunehmende Warnung: Unerfahrene Sammler sollten ihre Funde IMMER einem Experten zur Kontrolle vorlegen!
Einerseits hat man dann eine ansonsten kaum mögliche Sicherheit, und andererseits lernt man die verschiedenen Arten so auch besser kennen. Das Sammeln von Pilzen ist eine lebenslange Lernkurve, bei der man -und das nicht nur, aber vor allem- am Anfang unbedingt auf fachkundige Unterstützung zurückgreifen sollte. Anlaufstellen können dabei beispielsweise die lokale Volkshochschule oder die Niederlassung des NABU sein. Dort werden manchmal Pilzexkursionen und -Wanderungen unter pilzkundiger Führung angeboten. Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie e. V. (DGFM) bietet unter diesem Link eine Suchfunktion, mit der Du solche Experten in Deiner Nähe aufspüren kannst, an.
Die Pilze vom Sammeln solltest Du am besten in einem luftdurchlässigen Weidenkorb transportieren und noch am selben Tag verarbeiten. Zum Ernten bietet sich ein Pilzmesser an, das sind in der Regel Taschenmesser mit einer leicht gebogenen Klinge, die oft auch noch eine wirklich praktische Bürste am anderen Ende mitbringen, mit der Du den „Fang“ gleich etwas vom gröbsten Dreck säubern kannst. Schneckenfraßstellen und Madengänge werden mit dem Messer entfernt und gut is‘. Also, auf geht’s zum Pilze sammeln!
Der Steinpilz (Boletus edulis), mit Abgrenzung zu Satans- (Boletus satanas) und Gallenröhrling (Tylopilus felleus)
Der Klassiker aus dem Wald, aus der Familie der Dickröhrlinge.
So majestätisch wie ikonisch steht der Steinpilz mit seinem bis zu 25 cm im Durchmesser erreichenden Hut bei günstigen Bedingungen ab etwa Juli bis Oktober/November im Nadel- wie im Mischwald und schmeckt so gut, wie er ausschaut – perfekt zum Pilze sammeln. Die bei feuchten Bedingungen leicht klebrige Huthaut kann dabei von sehr hell über ockerfarben bis rotbraun verschiedene Färbungen haben. Auf der Unterseite des Hutes sind die Röhren jung weißlich bis cremefarben, werden später bei reiferen Exemplaren aber gern gelblich oder olivgrün. Der Stiel kann weißlich sein oder die Stielfarbe aufnehmen, hat aber immer -wenigstens im oberen Teil- eine feine, helle Netzzeichnung.
Bei der Zubereitung ist der Steinpilz ein dankbarer Kunde, denn er eignet sich bestens für alle Zubereitungsarten und kann -wie nur eine Handvoll anderer Pilze- sogar roh genossen werden. Verwechslungsgefahr besteht hier -außer mit einigen anderen Steinpilzarten- theoretisch nur mit dem giftigen Satansröhrling, der dem Steinpilz in Größe und Habitus in etwa entspricht, allerdings im Gegensatz zu diesem nahezu immer eine weißliche Huthaut hat und über gelbrötlich bis blutrötliche Röhren verfügt, während der Stiel entweder ganz rot oder rötlich beflockt auf gelbem Grund ist. Der Satansröhrling erzeugt anhaltende Magen-Darmstörungen, also aufpassen & Finger weg!
Daneben gibt es noch den Schönfuß-Röhrling, der dem Satans-Röhrling ähnelt, allerdings gelbe Röhren hat, und einen teilweise blut- oder karminroten, genetzten Stiel. Er ist sowohl bitter als auch giftig, allerdings nicht so stark wie der Satanspilz.
Eine andere Verwechslungsmöglichkeit besteht mit dem zwar ungiftigen, aufgrund seiner starken Bitterkeit aber ungenießbaren Gallenröhrling. Dieser hat einen normalerweise etwas kleineren Hut als der Steinpilz, hat jung ebenfalls weißliche Röhren, die dann aber rosa bis fleischfarben werden. Der Stiel ist olivfarben und kommt immer mit dunkler, grober Netzzeichnung.
Da er nicht giftig ist, kann man ihn gut durch ein winziges Probiererle entlarven und dann stehenlassen, denn die Bitterkeit verschwindet beim Erhitzen nicht und verdirbt so das ganze Pilzgericht.
Der Flockenstielige Hexenröhrling (Boletus erythropus)
Ein anderer exquisiter, häufig vorkommender Speisepilz ist der flockenstielige Hexenröhrling. Bei ihm ist der Hut tief- bis dunkelbraun und samtig wie Wildleder. Der Stiel ist rötlich beflockt, die Röhren sind dunkelrot und werden bei Druck stark blau. Das gelbliche Fruchtfleisch läuft beim Durchschneiden sehr schnell tinten- bis schwarzblau an; nicht erschrecken, das ist normal! Du kannst den flockenstieligen Hexenröhrling zwischen Juni und Oktober im Laub- und Nadelwald finden.
Verwechselbar ist er mit dem netzstieligen Hexenröhrling, dessen Huthaut oft etwas heller, ins Olive spielend gefärbt ist, und sein Stiel ist grob rötlich-braun genetzt. Auch der netzstielige Hexenröhrling ist essbar, muss aber vor dem Verzehr gründlich erhitzt werden, und darüber hinaus ist in Verbindung mit Alkohol eine vorübergehende Giftwirkung möglich. Mein Rat: lieber stehenlassen, nicht optimal zum Pilze sammeln.
Der Birkenröhrling (Leccinum scabrum)
Dieser Pilz ist ein sehr gutes Beispiel für die Symbiose von Mykorrhiza (also dem Pilzmyzel im Boden, sozusagen dem „eigentlichen“ Pilz) und Baumart aus der Gattung der Raufußröhrlinge. Man findet ihn ausschließlich unter Birken, dort aber gerne häufig.
Er hat einen kleinen Hut, der vier bis zwölf Zentimeter im Durchmesser erreicht, und eine hell- bis dunkelbraune Huthaut, wobei der Hut erst charakteristisch halbkugelig ist, und dann im reifen Zustand flacher wird. Die Huthaut steht am Rande nicht über den Röhren. Letztere sind jung weißlich bis cremefarben, werden später aber dunkler und sehen gern etwas „schmutzig“ aus. Der weiße Stiel hat schwärzliche oder graubraune Schuppen, die ihn -wie ich finde- dem Stamm einer Birke irgendwie ähnlich aussehen lässt. Trotz der vorangegangenen Ausführung muss man aber anmerken, dass dieser Pilz phänotypisch eine recht große Bandbreite hat; das geht bis hin zum Vorkommen völlig weißer Exemplare! Ein ausgezeichneter Mischpilz, der die Pilzpfanne bereichert, und sich zwischen Juni und Oktober entdecken lässt – optimal zum Pilze sammeln.
Der Maronenröhrling (Imleria badia)
Der hübsche kleine Maronenröhrling hat seinen Namen von der meist kastanienbraunen Huthaut, die das drei bis zehn Zentimeter breite Hütchen ziert (und bei Regen leider schnell schmierig wird -schmecken tut das Ganze natürlich trotzdem). Die Röhren sind wiederum erst weißlich, und werden dann später olivgelb oder -grün. Auf Druck werden sie in der Regel blau. Der Stiel ist immer heller als der Hut, bräunlich gemasert, ohne dabei aber eine Netzzeichnung zu haben. Zu finden ist der Maronenröhrling im Laub- und, häufiger, Nadelwald; von August bis November. Verwechslung: nur mit anderen essbaren, leckeren Arten und daher optimal beim Pilze sammeln.
Der Gold- oder Lärchenröhrling (Suillus grevillei)
Ein weiteres Beispiel für einen absoluten Symbiosepilz ist der bis zu zehn Zentimeter breit behütete Goldröhrling, der stets unter Lärchen wächst. Er entstammt der etwas unappetitlich als „Schmierröhrlinge“ bezeichneten Gattung Suillus, die eben meist schmierig-schleimige Hüte hat. Die Röhren sind goldgelb, können später aber auch schmutzig wirkend gelbbräunlich sein; sie laufen gern etwas am Stiel hinab. Guter Mischpilz.
Der Pfifferling (Cantharellus cibarius)
Von wegen keinen Pfifferling wert! Dieser Pilz ist nicht nur sehr bekannt, sondern auch extrem lecker, und veredelt jede Sahne- und Bratensoße aufs Vorzüglichste. Allerdings ist er einer derjenigen Pilze, die von manchen nicht gut vertragen werden und schwer verdaulich sein können, daher beim ersten Ma(h)l vorsichtig probieren.
Der Pilz aus der Gattung der Leistlinge (in diesem Fall werden die am Stiel herablaufenden „Blätter“ oder Lamellen des Hymenophors als „Leisten“ bezeichnet) kann von Juni bis etwa November im Laub- vor allem aber Nadelwald gefunden werden. Die Leisten sind dabei gegabelt. Der zwei bis maximal etwa neun Zentimeter breite Hut ist in aller Regel gelblich, teils zitronen- bis dottergelb, wird in reifem Zustand gern trichterförmig, wobei die Ränder lange eingerollt sind. Die trockene Huthaut ist jung bereift, und die Leisten sind -wie auch der Stiel- so gefärbt wie der Hut. Der Pilz verströmt einen angenehm fruchtigen Duft. Da die Art eine große phänotypische Bandbreite aufweist, sind Pfifferlinge nicht immer leicht als solche zu identifizieren. Eine Verwechslung ist ansonsten mit dem ähnlichen, auch ähnlich großen falschen Pfifferling möglich. Der ist zwar ebenfalls essbar, verursacht in größeren Mengen verzehrt allerdings Verdauungsstörungen, also Vorsicht.
Unterscheiden tut sich der Falsche vom echten Pfifferling in der eher runden, glattrandigen und nicht eingerollten Hutgestalt, und einer Hutoberfläche, die nicht bereift, dafür aber filzig ist. Sein Fleisch ist saftlos, elastisch und geruchs- wie geschmacklos. In den Mittelmeerländern besteht zudem die Gefahr einer Verwechslung mit dem wirklich giftigen Ölbaumpilz (Omphalotus olearius), dort also besondere Vorsicht walten lassen, beziehungsweise nie ohne erfahrene Einheimische Pfifferlinge sammeln gehen. Bei uns in Mitteleuropa gibt es den Ölbaumpilz nur in klimatisch besonders begünstigten Regionen wie in der Pfalz oder am Oberrhein.
Die Herbst- oder Totentrompete (Craterellus cornucopioides)
Die Herbsttrompete ist ein wirklich hervorragender Speisepilz, einer der Besten zum Pilze sammeln! Die andere Bezeichnung „Totentrompete“ hat nichts mit irgendeiner Gefahr, Giftigkeit oder Ähnlichem zu tun, sondern gründet in dem Umstand, dass diese Pilze bis in den November zu finden sind, und in diesem Monat werden eben auch -in römisch-katholischer wie evangelischer Tradition- die Totengedenktage Allerseelen und Totensonntag begangen.
Die kleinen, feinen Pilzchen mit ihren zwei bis sechs Zentimeter breiten Fruchtkörpern erfreuen uns von August bis November im Laub- und, seltener, Nadelwald; gern unter Buchen und Eichen. Die Trompetchen treten lokal auch häufig auf, und sind getrocknet exquisit als Würzpilze verwendbar; teils werden sie sogar zu (Würz)Pulver zermahlen. Dann sind sie ein exzellentes Würzmittel für Saucen, Suppe, Gemüse, Beilagen, Braten… Manche sprechen ihnen bei frischer Verwendung einen erhöhten Geschmackswert ab, aber das ist meiner Meinung nach Quatsch -ich liebe sie, ob frisch oder getrocknet! Herbsttrompeten sind wie kleine, schwärzliche Füllhörner geformt (daher der Zusatz „cornucopioides“), die innen hohl sind, mit dünnfleischig-brüchiger Wand und umgeschlagenen, gewellten Rändern. Die Fruchtschicht an der Außenseite ist Aschgrau und hat eine gerunzelte Oberfläche.
Und das Schönste: die Herbsttrompete kann eigentlich kaum mit Giftpilzen verwechselt werden. Die Suche nach ihnen artet allerdings gelegentlich in ein Wettrennen gegen die Wildschweine aus: diese borstigen Feinschmecker aus dem Wald lieben die Pilze genauso wie wir, haben aber den Vorteil eines vielfach besseren Geruchssinns!
Der Riesenschirmling oder Parasol (Macrolepiota procera)
Der Parasol („Sonnenschirm“) ist ein gewaltiger Schirmpilz, dessen Hut bis zu 30 cm im Durchmesser erreichen kann. Die Oberfläche des Hutes ist mit hellbräunlichen, zur (buckligen) Mitte hin dunkler werdenden, anliegenden Schuppen bedeckt. Der lange Stiel ist auf hellerem Grund braun genattert, die Basis ist knollig. Im oberen Bereich hat der Stiel einen dicken, doppelt berandeten Ring. Zu finden von Juli bis November. Sehr charakteristisch für den Parasol ist der sehr feine, nußartige Geruch des Pilzes. Eine Verwechslung mit anderen großen Schirmlingen ist theoretisch möglich, und da ist beim Gartenschirmling Vorsicht geboten, denn der wird von manchen nicht gut vertragen. Ein alter Pilzkenner hat mir einmal zu diesem gesagt „da brauchsch halt an Saumaga“.
Im jungen Zustand ist der Hut des Parasol geschlossen, und man findet entsprechend ein „Hexenei“ am charakteristischen Stiel. Auch lecker, aber besser sind die ausgebreiteten Hüte: diese lassen sich panieren, und wie ein Schnitzel im Fett ausbacken. Schmeckt köstlich, und probiert man dieses „Wald“-Schnitzel erst einmal, wird einem schnell klar, warum eine inoffizielle Bezeichnung des Parasol auch „Kalbfleischpilz“ lautet.
Der Riesenbovist (Langermannia gigantea)
Und gleich nochmal ein echtes Großkaliber: der Riesenbovist! Kein „klassischer“ Pilz mit Schirm, sondern eben ein kugelförmiger Bovist, der normalerweise einen Fruchtkörper-Durchmesser von 15 bis 30, maximal auch 50 Zentimeter hat. Dieser Pilz ist jung essbar. Dann hat der Pilz festes Fleisch, und die Färbung ist rein weiß. Wie bei Bovisten üblich, bildet sich die Sporenmasse im Inneren bei der Reife, das Fleisch wird weich, und das Innere staubig und olivbraun. Dann kann man ihn nicht mehr essen! Finden kannst Du diesen Pilz von Juli bis Oktober, teils in Laubwäldern, öfter aber auf Wiesen, Weiden; auch in Gärten und Parks. Eine Verwechslung ist durch die schiere Größe eigentlich unmöglich. Man kann den Bovist in Scheiben schneiden und paniert ausbacken, auch anbraten. Er lässt sich auch gut einfrieren, allerdings sollte dann vorher die Außenhaut entfernt werden.
Die Krause Glucke oder Fette Henne (Sparassis crispa)
Das Beste zum Schluss: so seltsam die Krause Glucke ausschaut, so gut schmeckt sie! Auch die Krause Glucke hat erstmal wenig vom gewohnten Erscheinungsbild der Pilze, wohl aber sehr viel vom angenehmen Geruch und delikaten Geschmack.
Dieser merkwürdige, Ocker- oder beige gefärbte, bis 40 cm groß werdende Pilz, der im Aussehen an eine Mischung aus Badeschwamm und Blumenkohl erinnert, ist streng genommen ein ziemlich fieser Baumschädling, der über Verletzungen des Baumes in dessen Kernholz eindringt, und seinen Fruchtkörper dann am -oder nicht weit entfernt vom- Stamm ausbildet. Dabei befällt die Krause Glucke fast ausschließlich Kiefern, kann vereinzelt aber auch an Lärchen oder Fichten gefunden werden. Die namensgebende, krause Außenstruktur ist stark und eng gewunden, wobei die äußersten Ränder eine bräunliche Kante haben. Der Pilz erscheint zwischen August und November, und verwechseln kannst Du ihn eigentlich nur mit der Breitblättrigen Glucke (Sparassis brevipes), die allerdings ebenfalls essbar ist.
Das Fruchtfleisch ist roh knorpelig und zubereitet bissfest; es eignet sich für die Herstellung der besten aller Sahnesoßen. Einziger Nachteil: der Fruchtkörper wächst durch den Boden nach oben, und durch die gewundene Struktur des Pilzes ist die Reinigung schwierig. Ich habe schon alles probiert, mit dem Duschkopf, klein schneiden und ausputzen… alles sehr mühsam, mit teils unbefriedigendem Ergebnis. Mein Tipp: sauber machen, so gut es geht (also vor allem eingewachsene Erdklumpen, Schnecken und Insekten entfernen), und dann bei der Zubereitung ordentlich schwarzen Pfeffer dazu, der schmeckt erstens gut, und zweitens fällt dann das Sediment nicht mehr so sehr auf! Zum Beispiel so:
Pilze trocknen
Das Trocknen ist die traditionelle Art, Pilze haltbar zu machen. Allerdings eignen sich dafür nur Arten, die nicht schnell verderblich sind; auch dürfen sie -witterungsbedingt- nicht zu viel Wasser aufgenommen haben. Sie sollten trocken und sauber sein, wenn möglich nicht gewaschen werden (Wasser mögen sie einfach nicht). Man schneidet die Pilze dann recht feinblättrig auf, und breitet sie an einem sonnigen Fenster oder am Heizkörper auf Backpapier aus; oder man hängt sie, auf einen Faden gefädelt, in die trocken-warme Luft eines Dachbodens.
In einem Dörrofen können Pilze bei 50°C für drei bis vier Stunden getrocknet werden. Wenn Du im Backofen trocknen möchtest, ist es wichtig, dass die Tür einen Spalt weit offenbleibt, damit die Luft zirkulieren kann. Und auch hier empfiehlt sich ebenfalls eine Temperatur von etwa 50°C, bei einer Dauer von zwei bis vier Stunden, je nach Leistung des Backofens. Fertig getrocknet sind sie, wenn sie auf dem Backpapier beim Schütteln trocken rascheln. In ein Glas gefüllt halten die Pilze sich dann monatelang.
Pilze zubereiten
Ok, es gibt zwar so viele Zubereitungsarten, wie essbare Pilze -aber letztlich genügt es erstmal, ein paar sehr einfache Rezepte zu kennen. Am allerliebsten habe ich frische Pilze aus dem Wald einfach mit einer klein geschnittenen Zwiebel und ordentlich gehackter Petersilie in einer 1:1 Mischung aus Olivenöl und Butter in der Pfanne geschwenkt. Etwas Salz und Pfeffer, und fertig ist das Gourmet-Mahl; eine Scheibe frisches Brot dazu: mehr braucht es nicht.
Das eben genannte Vorgehen kann man mit einem Becher Sahne schon zur genialen Pasta-Sauce veredeln; optional auch mit etwas angeröstetem Mehl angedickt, damit die Sauce gehaltvoller wird. Ansonsten lassen sich natürlich Pizzen mit aufgeschnittenen Pilzen belegen (und gewinnen dadurch normalerweise ganz schön!), und wir hatten in einem extrem goldenen Herbst bereits so oft Steinpilz-Pasta gehabt, dass wir einen erneuten, reichen Fund zu einer Steinpilz-Quiche verarbeitet haben. Bei ein paar der oben besprochenen Kandidaten bieten sich spezielle Zubereitungs- oder Verwertungsarten an, die dort dann auch entsprechend erwähnt wurden. Ein Pilz-Omelett ist auch etwas Feines…. Die Möglichkeiten sind unendlich.
Nachhaltig und fair bleiben: nur für den persönlichen Bedarf Pilze sammeln
Wie immer, wenn es um natürliche Ressourcen geht, gilt auch hier: nur entnehmen, was man selber braucht. Das ist gesetzlich ohnehin so vorgeschrieben; gesammelt werden darf nur für den Eigenbedarf (§39(3) Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)). Was denn genau der Eigenbedarf ist, spezifiziert das BNatSchG allerdings nicht näher, und auch im Landeswaldgesetz Baden-Württemberg ist beispielsweise lediglich von einer Entnahme in „ortsüblichem Umfang“ die Rede. Genaueres bestimmen die regionalen Landratsämter, aber als Richtwert gilt 1 Kilogramm pro Person, beziehungsweise nicht mehr Pilze, als für eine Mahlzeit nötig sind.
Außerdem sehr wichtig: das richtige Abernten der Pilze. Das kann auf zwei Arten geschehen: entweder, man dreht den ganzen Fruchtkörper inklusive Stielansatz sanft und vorsichtig aus der Erde, oder man schneidet ihn dicht über dem Boden sauber ab. Denn nur so kann man es vermeiden, das empfindliche Pilzgeflecht (Myzel), welches sich im Boden befindet und den eigentlichen Pilz darstellt, zu verletzen. Und jetzt viel Erfolg und Spaß!
Literatur
Dähncke, Rose Marie 1988: Pilzsammlers Kochbuch. Die besten Speisepilze sicher bestimmen und schmackhaft zubereiten. Gräfe und Unzer, München.
Gerhardt, Ewald 1997: Der grosse BLV-Pilzführer für unterwegs: über 1200 Arten, über 1000 Farbfotos. BLV Verlagsgesellschaft mbH, München.
1 Kommentar zum Artikel
Einen Tipp zu den Pfifferlingen: dran riechen. Echte Pfifferlinge haben (wie im Beitrag erwähnt) einen recht eigenen und starken Geruch. Riecht der Pilz jedoch nach nichts, ist es sehr wahrscheinlich auch kein echter Pfifferling. Dann lieber Finger weg!