Mit der Suunto Vertical hat das finnische Unternehmen Suunto endlich auch eine Sportuhr mit Offline-Kartenfunktion auf den Markt gebracht. Sechs Wochen lang habe ich die „Abenteuer-Uhr“, wie Suunto sie labelt, getestet. Was das neue High-End-Modell kann, wo seine Stärken und Schwächen liegen, erfährst Du in diesem Artikel.
Erster Eindruck: eine schöne Uhr!
Das (nur scheinbar) Unwichtigste gleich am Anfang: Als ich die Suunto Vertical vor sechs Wochen zum Testen bekam und neugierig auspackte, gefiel sie mir auf Anhieb sehr gut. Sie ist – und das ist in diesem Bereich keine Selbstverständlichkeit – eine schöne Uhr. Trotz ihrer etwas klobigeren Form als vergleichbare Modelle – sie misst 49 mm im Durchmesser und stolze 13,6 mm in der Höhe – sitzt sie elegant und mit nur 74 g auch leicht am Handgelenk. Das Design wirkt hochwertig und ist absolut alltagstauglich. Zusammen mit dem breiten, farbigen Silikon-Armband (beim Kauf kann man zwischen vier Farben wählen) ist die Suunto Vertical jedenfalls rein optisch eine Uhr, die man gerne am Handgelenk trägt.
Einrichtung und Ziffernblatt
Die ersten Schritte mit der Uhr verliefen problemlos. Ich habe die Suunto-App heruntergeladen, die für die Benutzung und Anpassung der Uhr notwendig ist. Innerhalb weniger Minuten war die Uhr mit meinem Smartphone verbunden und einsatzbereit. Das Standard-Ziffernblatt ist schlicht und elegant.
Die folgenden Daten werden auf dem Standard-Ziffernblatt angezeigt:
- Batteriestatus
- Höhenmeter
- Uhrzeit (bei Aktivität auch mit Sekundenanzeige)
- Solarladung
Die beiden Felder “Batteriestatus” und “Höhenmeter” können mit einem Touch verändert werden. Andere vordefinierte Ziffernblätter können über das Menü in der Uhr selbst eingestellt werden. Allerdings sind die Anpassungsmöglichkeiten hier sehr begrenzt. Auch in der Suunto-App kann das Ziffernblatt nicht verändert werden.
Die Bedienung des Saphirkristall-Displays erfolgt über eine teilweise etwas gewöhnungsbedürftige Kombination aus Touch und den drei seitlichen Tasten. So musste ich zum Beispiel erst in der Gebrauchsanleitung recherchieren, um herauszufinden, wie ich aus einem Untermenü schnell wieder zum Hauptbildschirm zurückkehren kann, ohne umständlich durch sämtliche Menüpunkte klicken oder wischen zu müssen. An den langen Klick auf die mittlere Taste habe ich mich aber schnell gewöhnt. Beim Wischen über das Display fällt zudem eine minimale Verzögerung auf. Insgesamt funktioniert der Touchscreen aber gut. Für Verwirrung sorgt anfangs, dass er im Aktivitätsmodus nicht mehr funktioniert. Aber dazu später mehr.
Leider lässt sich die Herzfrequenz nicht auf dem Ziffernblatt darstellen. Durch ein einfaches Wischen oder Klicken nach rechts kann man sie sich aber schnell anzeigen lassen.
Welche Suunto-Vertical-Modelle gibt es?
Die Suunto Vertical gibt es in zwei Ausführungen, die sich allerdings nur in einem Punkt unterscheiden:
- Titanium solar: mit Solarladung
- Stainless steel: ohne Solarladung
In diesem Testbericht geht es um das Modell Titanium solar, also mit Solarladung. Und die Energiegewinnung durch Sonnenlicht ist in der Tat eine spektakuläre Innovation! Sie funktioniert über einen Ring unter dem Ziffernblatt. Die Suunto Vertical ist die erste Suunto-Uhr, die das kann. Mehr dazu im nächsten Kapitel.
Power-Akku mit zusätzlicher Solarladung
Warum eigentlich bewirbt Suunto die Uhr explizit als „Abenteuer-Uhr für Outdoor-Expeditionen“? Nach sechs Wochen Testung ist es mir klar: Die Akku-Laufzeit ist fantastisch. In der Tat ist das Energiemanagement der Suunto Vertical ein ganz großer Pluspunkt. Für lange Einsätze – egal, ob Trekking, Expedition oder UTMB – ist die Uhr perfekt. Wenn man mich fragt, was die Suunto Vertical besser kann als vergleichbare Uhren anderer Hersteller, dann ist die Antwort eindeutig: Akku-Laufzeit.
Vor dem Start einer Aktivität kann man zwischen vier vordefinierten Batteriemodi und einem benutzerdefinierten Modus wählen:
- Leistung (60 h)
- Ausdauer (90 h)
- Ultra (140 h)
- Tour (507 h)
- Angepasst
Standardmäßig ist der Modus „Leistung“ eingestellt. Je nach gewähltem Modus ändert sich zum Beispiel die GPS-Genauigkeit oder die Häufigkeit der Datenspeicherung. Eine sechzigstündige Trainingsaufzeichnung mit der besten GPS-Leistung ist jedoch beachtlich! Und das Beste: Diese Schätzungen berücksichtigen noch nicht die Solaraufladung des Titanium-Modells. Diese verlängert die Laufzeit je nach Standort, Sonneneinstrahlung und Wetter laut Suunto nochmals um bis zu 35 %.
Zwar konnte ich während der Testphase keine ausgedehnten Expeditionen unternehmen, aber meine Erfahrungen mit Longruns, Wanderungen und Radtouren in einem sehr sonnigen Juni sind äußerst positiv. In der sechswöchigen Testzeit musste ich die Uhr trotz häufiger Nutzung des Leistungsmodus nur zweimal aufladen.
Also: Bei der Akkulaufzeit punktet die Suunto Vertical definitiv. Wie sieht es mit der zweiten Neuerung aus? Im nächsten Kapitel werfen wir einen Blick auf die neue Offline-Kartenfunktion.
Kostenlose Offline-Karten
Die zweite spannende Neuerung, mit der Suunto zur Konkurrenz von Garmin und Coros aufschließt, sind die Offline-Karten. Diese Funktion habe ich vor allem beim Trailrunning schätzen gelernt. Bei langen Läufen in unbekanntem Gelände ist die Navigation auf dem dafür ausreichend großen und übersichtlichen Display eine enorme Erleichterung. So konnte ich laufen, ohne auf das Smartphone oder die Wanderkarte schauen zu müssen. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte mir, ob ich rechts oder links abbiegen musste.
Die Karten lassen sich bequem über die Suunto-App auswählen und auf den 32 GB großen Speicher der Uhr laden (da ist Platz für jede Menge Karten!). Allerdings muss die Uhr dafür mit dem WLAN verbunden sein, was in öffentlichen Netzwerken mit zusätzlicher Login-Seite zu Problemen führt. Außerdem ist der Download selbst nicht gerade schnell. Und das, obwohl nicht ganze Länderkarten heruntergeladen werden können, sondern nur recht kleine Regionen. Bei meinen Heimatstrecken war das sogar der Regierungsbezirk!
Kurzum: Auf die Schnelle und spontan eine Karte herunterladen ist schwierig. Wer aber rechtzeitig weiß, was er braucht, wird mit der Funktion zufrieden sein. Denn Routenerstellung, Import (z. B. Komoot-Routen) und Navigation funktionieren einwandfrei. Besonders gut gefallen hat mir die Routenerstellung mit der Suunto-App. Das ist eine fummelige Arbeit, bei der ich normalerweise schnell die Geduld verliere. Aber mit der Suunto-App geht das erstaunlich einfach und schnell!
Die Karten selbst sind auf das Wesentliche reduziert und zeigen zum Beispiel keine Straßennamen wie bei Garmin. Das ist aber kein Hindernis. Zum Ablaufen einer Route ist die Funktion bestens geeignet. Was fehlt, ist eine Routing-Funktion. Es können nur vorher erstellte oder importierte Routen abgelaufen werden. Alternativ kann man aber zwischendurch das Smartphone zücken, eine neue Route erstellen, synchronisieren und dann die neue Route auf der Uhr auswählen.
Ein Grund für die ausgezeichnete Navigationsleistung der Suunto Vertical ist das neue Dualband GPS/GNSS. Dazu erfährst Du mehr im nächsten Kapitel.
Wie gut ist das GPS?
Für die Positionsbestimmung und -aufzeichnung ist die Suunto Vertical mit modernster GNSS-Technologie ausgestattet. Dank Dualband-GPS/GNSS (oder Multi-GNSS/Multiband) empfängt die Uhr teilweise unterschiedliche Frequenzen von mehreren Satellitensystemen (GPS, GLONASS, Galileo, QZSS und BeiDou). Dies verbessert das Signal besonders in Gebieten, in denen links und rechts hohe Bergwände, Bäume oder Häuser stehen.
So kann die Suunto Vertical auch in Schluchten, Tälern und dichten Wäldern eine genaue Positionsbestimmung und zuverlässige Routenaufzeichnung vornehmen. Perfekt für’s Wandern und Trailrunning! Bei allen meinen Testläufen – ob von der Haustür weg in den nahegelegenen Wald oder beim Trailrunning im Schwarzwald – hat sich die Uhr schnell verbunden und für eine lückenlose, präzise Aufzeichnung gesorgt.
Akku mit Solaraufladung, Offline-Karten und neueste GPS-Technologie – alles hervorragende Neuerungen für Ultraläufe und Expeditionen. Doch wie schlägt sich die Uhr im Trainingsalltag? Werfen wir einen Blick auf wichtige Trainingsfunktionen: Aktivitätsmodus, Sport-Apps, Suunto Coach, Suunto Guides und optische Herzfrequenzmessung.
Wie gut ist die Suunto Vertical für das tägliche Training?
Die Suunto Vertical trumpft mit spektakulären Neuerungen auf, die ihr zu Recht das Prädikat „Abenteuer-Uhr“ verleihen. Doch wie läuft es im schnöden Trainingsalltag? Ich habe die Uhr bei Longruns, Intervallen und Tempoläufen getragen. Sie hat mich im Alltag begleitet und beim Schlafen hatte ich sie ebenfalls am Handgelenk. Welche Features überzeugen? Welche Probleme tauchen auf?
Aktivitätsmodus
Die Suunto Vertical verfügt über eine große Auswahl an vordefinierten Sportmodi. Dazu gehören neben den gängigen Sportarten auch Disziplinen wie Trailrunning (sowohl im Basic- als auch im Bergmodus), Trekking, Poolschwimmen, Yoga und ein eigener Triathlon-Modus. Darüber hinaus können auch Multisport-Aktivitäten einfach aufgezeichnet werden. Um von einem Sportmodus in den anderen zu wechseln, muss lediglich die obere Seitentaste zwei Sekunden lang gedrückt werden.
Die Standardanzeige im Aktivitätsmodus gefällt mir sehr gut. Neben den üblichen Daten zu Dauer, Pace und Herzfrequenz sieht man auch die Intensitätszonen und – was ich für ein unterschätztes Feature halte, bitte nicht lachen – die Uhrzeit! Über die Suunto-App lässt sich die Anzeige aber für jeden Sportmodus umfangreich personalisieren.
Gewöhnungsbedürftig ist, dass der Touchscreen im Aktivitätsmodus nicht mehr funktioniert. Während des Trainings muss die Uhr mit den Seitentasten bedient werden. Mit schweißnassen Fingern wäre der Touchscreen aber vermutlich ohnehin schwer zu bedienen.
Optische Herzfrequenzmessung
Was die optische Herzfrequenzmessung angeht: Sie hat im Allgemeinen keinen guten Ruf. Vor allem am Handgelenk gilt sie als zu ungenau oder gar unbrauchbar für die Trainingssteuerung. Ein Pulsgurt sei daher das Mindeste. Das ist meiner Meinung nach etwas übertrieben. Zugegeben: Es gibt Aussetzer und für bestimmte Aktivitäten ist die Messung am Handgelenk sicher nicht die erste Wahl.
Aber für mich als ambitionierten Hobbyläufer, der auf Asphalt, Bahn und Trails unterwegs ist, ist die optische Herzfrequenzmessung eine ausreichende Methode. So habe ich auch mit der Suunto Vertical im Großen und Ganzen die gleichen Ergebnisse erzielt wie mit dem Brustgurt oder anderen Sportuhren, auch bei Intervalleinheiten. Drastische Aussetzer hatte ich während der Testphase nicht zu verzeichnen.
Wer allerdings lieber mit einem Brustgurt trainiert, kann diesen natürlich problemlos mit der Suunto Vertical verbinden.
Etwas umständlich war die Einstellung der Intensitätszonen. Aber dazu mehr im nächsten Abschnitt.
Sport-Apps
Über den SuuntoPlus Store in der Suunto-App hat man Zugriff auf eine große Auswahl an kostenlosen Sport-Apps, mit denen man seine Suunto Vertical personalisieren kann. Dazu gehören zum Beispiel Programme wie der Cooper Test, ein „Marathon Estimator“ und sportartspezifische Apps zur Bestimmung der anaeroben Schwelle. Mit diesem Wert können dann die Intensitätszonen angepasst werden. Für Läufer heißt die App „Anaerobic threshold“ (viele Sport-Apps sind leider nur auf Englisch verfügbar). Dabei handelt es sich um einen 30-minütigen All-Out-Run. Ich habe das Programm gleich zu Beginn meines Tests heruntergeladen und meinen Schwellenwert ermittelt.
Das Zusammenspiel von SuuntoPlus Store, Suunto-App und der Auswahl des Programms im Aktivitätsmodus war etwas umständlich. Nach kurzer Recherche auf der Suunto-Website funktionierte aber alles reibungslos. Als Schwellenwert wurde dann der erwartete Wert ermittelt. Seltsam war allerdings, dass sich die Intensitätszonen danach nicht automatisch anpassten, sondern ich den Schwellenwert manuell einstellen musste.
Suunto Coach
In der übersichtlichen „Training Zone“ der Suunto-App findest Du den Suunto Coach. Dabei handelt es sich um einen KI-gesteuerten Trainingsbegleiter, der auf Basis der Daten der letzten sechs Wochen eine kurze Zusammenfassung der Trainingswoche gibt. Solche Auswertungen funktionieren natürlich erst dann richtig gut, wenn genügend Daten zur Verfügung stehen. Meine recht kurze Testphase von sechs Wochen reichte dafür leider nicht aus. Das Vorhandensein einer Handvoll wenig aussagekräftiger Daten hält den Suunto Coach aber nicht davon ab, vom ersten Tag an Tipps zu geben. Diese klingen anfangs noch sehr bemüht.
In der kurzen Zeit meines Tests konnte ich jedoch beobachten, dass die Ratschläge von Aktivität zu Aktivität besser wurden. Der Suunto Coach zeigt zum Beispiel an, ob man zu hart oder zu einseitig trainiert hat, ob man auf eine ausreichende Regenerationszeit geachtet hat und welche Fitnessfortschritte erzielt wurden. Zwar erkennt das geübte Auge dies auch anhand der zahlreichen, sehr übersichtlich gestalteten Grafiken und Daten, aber die kurzen Zusammenfassungen sind dennoch eine hilfreiche Erinnerung.
Der Suunto Coach ist also kein Trainingsplan oder gar ein Coach im eigentlichen Sinne, wie ich anfangs dachte. Vielmehr ist er eine wohlmeinende Kontrollinstanz, die vor Überlastung warnt und an Pausen erinnert.
Suunto Guides
Ein weiterer Pluspunkt ist die Zusammenarbeit der Suunto Vertical mit Drittanbietern. Dies eröffnet die Möglichkeit, die Funktionalität der Uhr weitreichend zu erweitern und zu personalisieren. Die Funktion, um die es hier geht, heißt Suunto Guides. Sie macht es möglich, Echtzeit-Anleitungen von Sportdiensten wie Strava oder TrainingsPeaks auf die Uhr zu laden.
Die Auswahl ist in der Tat gigantisch. Von zahlreichen Coaching- und Ernährungsplan-Apps über eine Rennunterstützung für die Golden Trail World Series bis zu Strava-Segmenten bieten die Suunto Guides eine große Vielfalt an praktischen Helfern für die Trainingssteuerung. Das auszukundschaften lohnt sich auf jeden Fall!
Was kann die Suunto Vertical noch?
Die Suunto Vertical ist eine extrem leistungsfähige Sportuhr. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, auf alle Funktionen einzugehen. Einige wichtige Funktionen sollen aber zumindest erwähnt werden.
Auswahl weiterer Funktionen der Suunto Vertical:
- Strukturierte Workouts
- Schlafaufzeichnung
- Kompass
- Blutsauerstoff
- Schrittzähler
- Wettervorhersage
- Musiksteuerung (aber keine Musikspeicherung auf dem internen Speicher!)
Fazit
Nach einer sechswöchigen Testphase gebe ich die Suunto Vertical nur ungern wieder her. Nachdem ich mich auf den ersten Blick in das elegante Design verliebt hatte, hatte ich zwar anfängliche Schwierigkeiten mit der Menüführung und der Bedienung. Doch nach kurzer Eingewöhnungszeit kam ich damit besser zurecht. Die hervorragende Akkulaufzeit und die Offline-Karten waren perfekt für lange Läufe auf unbekannten Trails! Aber auch im Trainingsalltag war ich sehr zufrieden.
Alle Vor- und Nachteile im Überblick:
+ Hervorragende Akkulaufzeit mit Solarladung (beim Titanium-Modell)
+ Offline-Karten
+ Übersichtliche Suunto-App (vor allem die Routenerstellung!)
+ Neueste GNSS-Technologie
+ Elegantes Design
+ Nachhaltige Produktion in Finnland mit 100% erneuerbarer Energie
– Menüführung anfangs gewöhnungsbedürftig
– Keine Herzfrequenzanzeige auf dem Ziffernblatt
– Karten können nur nach Regionen heruntergeladen werden
2 Comments on the Article
Hallo Fabian, danke für den tollen Artikel. Lässt sich die Uhr auch mit externen Puls-Brustmessern (Garmin / Polar) kopplen?VGM
Hallo Markus, ich habe direkt Fabian für Dich gefragt und auch wenn er das zwar nicht ausprobiert hat, sagt er, dass es funktionieren müsste wenn der Gurt über eine Bluetooth-Verbindung verfügt. Ich hoffe, diese Info hilft Dir weiter. Herzlichen Gruß, Jemima