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Zohreh AbdollahKhani: Irans beste Eiskletterin

Inhaltsverzeichnis

Zohreh AbdollahKhani ist ein Kind der Berge. Aufgewachsen in der Großstadt Karaj am Fuße des Elburs-Gebirge, lernte Zohreh schon von Kindesbeinen das Klettern, unterstützt von ihren ebenfalls bergbegeisterten Eltern. Eis, Fels, Höhlen, das ganze Spektrum der Berge gefiel ihr, doch am allermeisten das Eis. Trotz ihres Talentes hörte sie so einiges mal: Diese Route ist nichts für Frauen! Als Studentin der Luftfahrt, ausgezeichnet als Beste ihres Jahrganges, erzählte man ihr auch, sie sei vielleicht gut im Lernen für Prüfungen, Fliegen sei aber trotzdem keine Frauensache. Wer sich an unseren vorherigen Artikel im Basislager erinnert, der weiß, dass auch in Deutschland Frauen im Bergsport und in der Luftfahrt oft mit Misstrauen begegnet wird. Kein Wunder also, dass es im konservativen Iran nicht besser aussieht.

Eine Leidenschaft fürs Eis

Und doch, Zohreh AbdollahKhani hat mit ihren Talent und ihrer Willensstärke so einiges an Vorurteilen widerlegen können. Versiert in Fels und Eis, kletterte sie so einige Routen im Iran als erste Frau und überzeugte auch ihre Studienkollegen, dass sie sich getrost bei ihr in den Flieger setzen können. Sie entwickelte eine Leidenschaft für Drytooling und überredete den iranischen Bergsteiger- und Sportkletterverband nach harter Überzeugungsarbeit, dass auch iranische Frauen bei den Worldcups und Weltmeisterschaften im Eisklettern vertreten sein sollten. Bei den Asiatischen Meisterschaft in Seoul 2013 holte sie prompt die Bronzemedaille, trotz starker koreanischer Konkurrenz.

Ein Sport, der verbindet

Frau (Zohreh) beim Eiskletter-Training
Drytooling Training.

Ob man für oder gegen Klettern als olympische Disziplin ist, das olympische Wunder der Verständigung hat Zohreh auf ihren Wettbewerben erlebt. Als iranische Sportlerin muss sie ein Kopftuch tragen und fühlte sich auf ihrem ersten internationalen Wettbewerb zunächst anders als alle anderen. Im Iran, so erzählt Zohreh, lernt man, dass die Welt voll mit Feinden ist, doch die Herzlichkeit der internationalen Klettergemeinschaft, in der sie sich schnell willkommen fühlte, hat dieses Gerücht nachhaltig widerlegt. Und andersherum bewies sie, dass auch ein (von oben verordnetes) Kopftuch kein Hindernis darstellt, versiert mit Steigeisen und Eisgerät umzugehen.

Männer, Frauen: getrennt

Und doch, ein paar Hindernisse gibt es schon. Wenn bei uns die Kletterhallen zur Ladies’ Night einladen, hat das eine andere Bedeutung als im Iran. Dort wird geschlechtlich streng getrennt geklettert. Einen Tag ist die Halle für Frauen offen, am nächsten für Männer. Für uns unvorstellbar, für iranische Hobbykletterer ein Ärgernis, für Leistungskletterer wie Zohreh AbdollahKhani ein erheblicher Trainingsnachteil im Vergleich zu Athleten aus anderen Ländern, die nach Belieben mit ihren männlichen Kletterpartnern und Coachen trainieren können. Doch in den Bergen werden nicht nur die Gesetze der Schwerkraft in Frage gestellt.

Sport im Iran. In den Bergen herschen andere Regeln.
Die Berge haben ihre eigenen Regeln.

Klettern wird immer populärer im Iran, die technische Leistung von iranischen Kletterern wächst. Zohreh AbdollahKhani trainiert Kinder und Jugendliche und ist überzeugt, dass das breitensportliche Fördern des Kletterns auch für die Entwicklung des Leistungssportes wichtig ist. Und noch dazu: je mehr Frauen und Männer klettern, desto schwieriger wird es werden, die Klettergemeinschaft zu drangsalieren. In der Masse ist man stark.

Sponsoren und andere Schwierigkeiten

Ob Fels oder Eis, als Leistungssportler hat man es beim Klettern nicht einfach. Doch als iranische Eiskletterin Sponsoren zu finden, ist fast unmöglich. Sponsoren möchten ihre Athleten filmen, fotografieren und auf Plakatwände kleben. All dies ist nicht einfach im strengen Iran. So ziehen es viele westliche Firmen vor, mit Athleten aus politisch weniger komplizierten Ländern zu arbeiten, auch wenn Zohreh AbdollahKhani sie leistungstechnisch übertrifft, trotz aller Widrigkeiten ihres Trainingsalltags. Es ist nicht einfach, aus Geldgründen zu Hause bleiben zu müssen, nach dem man sich monatelang auf einen Wettkampf vorbereitet hat.

Frau (Zohreh) beim Klettertraining
Wettbewerbe müssen finanziert sein.

Es gibt noch andere politische Schwierigkeiten, auf die sie keinen Einfluss hat: Einreisebestimmungen, die aufgrund der weltpolitischen Lage immer strenger werden. So fiel für Zohreh der Worldcup in Frankreich 2015 ins Wasser. Trotz ihrer Qualifizierung erhielt sie kein Visum von den französischen Behörden. Nach dem Attentat auf Charlie Hebdo stand Abschottung anstelle von Austausch auf der politischen Agenda, und Zohreh musste die Eistools wieder auspacken.

Zukunftspläne

Bleiben oder gehen? Diese Frage stellt sich jungen iranischen Talenten immer wieder. Viele von Zohrehs Freunden haben das Land schon verlassen. Sie hat inzwischen mehr Freunde in Europa und den USA als zu Hause. Doch das Klettertalent will ihrer Heimat nicht den Rücken kehren, zumindest nicht für immer.

Asian Sport-Climbing Youth Championship 2015
Als Schiedsrichterin beim Asian Sport-Climbing Youth Championship 2015.

Im Ausland einen Master in Sportmanagement machen, am besten dort, wo es auch ideale Trainingsbedingungen für den Klettersport gibt, zum Beispiel in Korea oder der Schweiz, dann zurückkehren und die Sportkultur verändern, das ist Zohrehs Plan für die nächsten Jahre. Klettern heisst Schwierigkeiten überwinden, Grenzen in Frage stellen. Und wenn sie auch einige Hindernisse mehr zu überwinden hat als Kletterer aus anderen Ländern, Zohreh lässt sich nicht aufhalten.

Wie mehrere andere iranische Sportler hat auch Abdollahkhani Angebote erhalten, für andere Länder anzutreten. Sie hat immer abgelehnt. “Ich habe meine Entscheidung nie bereut, denn ich habe den iranischen Frauen einen neuen Weg eröffnet, und darauf bin ich stolz”.

Zohreh hat inzwischen ihren Master in Sportmanagement in Seoul abgeschlossen.

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Bergfreund Gastautorin

2 Comments on the Article

  1. Jan-Luca 6. September 2016 07:42 Uhr

    Eine klasse Sportart, die tatsächlich verbindet und leider viel Geld kostet. Einen Sponsor zu haben ist wie in jeder Sportart sehr von Vorteil! Allein die Supplements sind eine Menge Wert, dann kommen die Reisekosten und Co... Aber es macht Spaß! Vielen Dank für den Artikel

  2. thomas griebsch 7. Januar 2016 11:41 Uhr

    es ist gerade in dieser Zeit erfrischend etwas Positives zu lesen und den Glauben an die Meschheit wieder zu finden.

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