Eine Alpenüberquerung mit dem Fahrrad, auch Transalp genannt, ist mühsam, anstrengend und kräftezehrend. Trotzdem schwirrt dieser Traum bei jedem Fahrradfan irgendwo im Kopf herum. Denn eine mehrtägige Tour über hohe Pässe und tiefe Täler belohnt mit atemberaubenden Bergpanoramen, einzigartigen Routen und Situationen, wie man sie nur bei einer solchen Tour erleben kann. Zudem ist es einfach herrlich zu merken, was man alles aus eigener Muskelkraft erreichen kann und wie wenig es braucht, um glücklich zu sein.
Keine Gnade für die Wade
Damit eine Tour über die Alpen gelingt, braucht es natürlich ein wenig Vorbereitung. Da wäre zum einen das Thema Fitness. Eine Tour über mehrere Tage mit vielen Höhenmetern sollte nicht unterschätzt werden. Daher ist es ratsam, nicht erst eine Woche vorher mit dem Training zu beginnen. Da das Wetter in den Bergen in den Sommermonaten am konstantesten ist und zu diesem Zeitpunkt in der Regel auch alle Pässe befahrbar sind, solltest Du bereits im Frühjahr mit längeren Ausfahrten, am besten mit vielen Höhenmetern, starten. Wenn Du dann bis zum Sommer konstant dabeibleibst, wirst Du auch beim Hochklettern der Alpenpässe noch einen Blick für das atemberaubende Bergpanorama haben.
Gute Planung ist die halbe Miete
Ein weiterer Punkt ist die Planung: Zelt oder Unterkunft? Vorher buchen oder spontan einen Platz für die Nacht suchen? Was ist die beste Reisezeit für mich? Welche Pässe möchte ich unbedingt befahren? Was brauche ich alles für die Tour? Diese Fragen solltest Du Dir im Vorhinein stellen und für Dich selbst beantworten. Zudem ist es ratsam, bereits vor der Tour durch die Alpen einen mehrtägigen Trip mit Deinem Fahrrad gemacht zu haben. Dort gewöhnst Du Dich an diese spezielle Belastung und kannst auch gleich Deine Ausrüstung testen. Meistens merkt man bei einer solchen „Test-Tour“ schnell, ob man zu viel eingepackt oder etwas Essenzielles vergessen hat.
Die richtige Route – eine Qual der Wahl
Neben der ganzen Vorbereitung von Körper, Geist und Ausrüstung ist die Routenplanung ein besonders wichtiger Teil des Abenteuers Alpenüberquerung mit dem Fahrrad! Hier kannst Du entweder komplett frei mit einer Karte die Strecke planen, oder Du fährst entlang bekannter Routen. Eine weitere Möglichkeit ist die Kombination dieser Varianten, indem Du Dich von bekannten Routen inspirieren lässt, ihnen aber Deinen eigenen Stempel aufdrückst. Mit den modernen Routenplaner-Apps geht das relativ unkompliziert.
Wie viele Tage eine Alpenüberquerung mit dem Fahrrad dauert, hängt vom Fitnessstand, der gewählten Route und der Reisegeschwindigkeit ab. Zwischen 4 und 10 Tage solltest Du aber schon einplanen.
Da es eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, die Alpen mit dem Fahrrad zu überqueren, stellen die nachfolgenden Routen lediglich einige Beispiele für potenzielle Strecken dar und sollen als Inspiration für Deine eigene Planung dienen.
Für welche Route Du Dich auch entscheiden solltest, habe immer ein Auge auf die aktuelle Wetterlage. Diese kann in den Bergen extrem schnell umschlagen und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Touren für Einsteiger und Genießer
Alpe-Adria-Radweg (410 km, 2.800 hm)
Diese Route führt Dich von Salzburg in Österreich durch Slowenien bis nach Grado an der Adriaküste in Italien. Dank vieler Tunnel und gut ausgebauten Radwegen ist diese Route bestens für Einsteiger geeignet. Die Strecke verläuft teilweise auf stillgelegten Bahntrassen. Wirkliche Alpenpässe werden bei dieser Route nicht befahren.
Via Claudia Augusta (700 km, 4.500 hm)
Diese historische Route führt Dich von Donauwörth in Deutschland über Österreich und endet in Venedig. Sie folgt alten römischen Handelswegen (überwiegend asphaltiert) und ist relativ flach. Die einzig nennenswerten Pässe sind der Fernpass und der Reschenpass. Diese Route ist die ideale Wahl für weniger erfahrene Radreisende.
München – Venedig Transalp (560 km, 5.000 hm)
Diese Route führt von München nach Venedig. Bei ihr fährst Du über den Brennerpass und das Sella Joch. Die Tour bietet mit Flusstälern, waschechtem Alpenpanorama und malerischen italienischen Dörfern viel Abwechslung.
Touren für Bergziegen
Garmisch-Partenkirchen nach Riva del Garda (500 km; 11.000 hm)
Diese Route ist eine klassische Transalp-Tour und führt von Deutschland über Österreich nach Italien. Sie ist anspruchsvoll und erfordert gute Kondition. Auf dieser Route erklimmst Du unter anderem das Stilfser Joch, den Gavia Pass und den Bernina-Pass. Diese herausfordernde Tour bietet alles, was man sich von einer Alpenüberquerung mit dem Fahrrad erhofft: zahlreiche Alpenpässe mit vielen Kehren, atemberaubende Ausblicke und abwechslungsreiche Landschaften – und das Gefühl, etwas wirklich Einmaliges geschafft zu haben.
Garmisch-Partenkirchen nach Riva del Garda über die Dolomiten (710 km; 15.000 hm)
Wenn Dir die klassische Route von Garmisch an den Gardasee nicht schwer genug ist, kannst Du auch die Alternativroute über die Dolomiten wählen. Sie führt von Garmisch über den Fernpass, biegt dann ins Oetztal ab und bahnt sich ihren Weg über das Timmelsjoch, den Jaufenpass, den Passo di Valparola, den Passo di Giau, Campolongo das Grödner Joch und das Sellajoch. Nach dieser Route wirst Du Dich freuen, Deine Waden in das kühle Nass des Gardasees zu strecken!
Packliste
Die drei wichtigsten Dinge, die Du auf keinen Fall vergessen solltest, sind die EC-Karte, das Smartphone und die gute Laune. Mit diesen drei Dingen lässt sich jedes Problem lösen. Ansonsten solltest Du folgende Utensilien unbedingt mit im Gepäck haben:
Fahrrad | Bike-Bekleidung | Sonstige Ausrüstung |
Multitool· Flickzeug· Ersatzschläuche · Minipumpe· Kettenöl· Kettenschloss · Kettennieter· Schaltauge für das eigene Radmodell (unterwegs nur schwer zu bekommen)· Gaffertape (die Allzweckwaffe)· Fahrradschloss | Helm· Radbrille· 2 Radhosen· 2 Trikots· Regenjacke· Weste· Armlinge· Beinlinge· Wasserdichte Überschuhe· Reisehandtuch | · Mehrere Energieriegel· Sonnencreme· Reiseapotheke· Blasenpflaster· Zahnbürste· 1 Alltagsoutfit· (leichte Kleidung, keine Jeans und Strickpullover)· Leichte Straßenschuhe· Powerbank mit Netzstecker und benötigten Kabeln· Kopfhörer |
Rückreise
Ein Thema, das häufig vernachlässigt wird, ist die Rückreise. Wenn Du noch nicht genug vom Radeln hast, kannst Du natürlich auch einfach umdrehen und die komplette Strecke nochmals mit dem Rad bewältigen. Nach mehreren Tagen im Sattel haben darauf aber wohl die wenigsten Lust. Daher bleiben drei Optionen, die alle ihre Vor- und Nachteile haben:
Beim Zug muss man häufig umsteigen, wodurch die Gefahr steigt, seinen Anschluss zu verpassen. Hierdurch wird die auf dem Papier schnelle Rückreise vielleicht anstrengender als die eigentliche Tour mit dem Fahrrad. Jedoch hast Du beim Reisen mit dem Zug Dein Fahrrad stets im Blick und kannst Dir auch mal die Füße vertreten.
Bei der Reise mit dem Bus gibt es viele Direktverbindungen nach Deutschland. Hier heißt es also einsteigen und abschalten. Jedoch hast Du Dein Rad nicht in Sichtweite, denn meist werden Fahrräder hinten am Bus befestigt. Nicht jeder vertraut diesen Radträgern und bei Zwischenstopps besteht die Gefahr, dass Dein Rad entwendet wird. Daher lieber bei längeren Stopps aussteigen und auf das Rad aufpassen.
Eine pfiffige Lösung für die Rückreise ist das Trainpacking. Hier kombinierst Du die Rückreise deiner Alpenüberquerung mit dem Fahrrad mit Zug und Rad. Du kannst also entspannte Strecken mit dem Rad zurücklegen und für Pässe und andere anstrengende Abschnitte den Zug nutzen. Der einzige Nachteil hierbei ist, dass Du nochmal in die Pedale treten musst. Aber ist das wirklich ein Nachteil?
2 Comments on the Article
Hi Dominik :) Könntest du die "Tour für Bergziegen" mit Stilfser Joch, Gavia Pass und Bernina-Pass hier zur Verfügung stellen? Das wäre super! Vielen Dank und liebe Grüße Ellen
Hallo Ellen, da gibt Dir der Dominik gerne die Tour bei Komoot frei. Du findest sie unter diesem Link: Transalp von Garmisch nach Riva del Garda Alle Angaben sind allerdings ohne Gewähr. :) Viel Freude beim Nachfahren und bei weiteren Fragen, melde Dich gerne. Herzliche Grüße, Jemima