Ein Paar Kletterschuhe, ein Chalkbag und eine Badehose. Mehr braucht es rein theoretisch nicht, um eine Wand zu erklettern. Alex Honnold macht es uns ja regelmäßig vor. Leider ist diese Art des Kletterns (freesolo) nicht ganz ungefährlich, und sollte deshalb lieber den Profis vorbehalten bleiben. Wer aber trotzdem in den Genuss des reinen Kletterns kommen möchte, dem sei das Deep Water Soloing ans Herz gelegt.
Wer es ausprobiert hat, spricht häufig von der reinsten Form des Kletterns. Man ist frei von Sicherungen; Routenvorgaben kann, muss man aber nicht folgen, und man riskiert nicht sein Leben wie beim Freesolo-Klettern.
Das Deep Water Soloing (DWS), oder auch Psicobloc genannt, wird immer beliebter, aber was ist das eigentlich, was macht es aus, und wo kann man das machen? Unter Deep Water Soloing (DWS) versteht man das ungesicherte Klettern über tiefem Wasser. Also eine ungefährliche Variante des Freesolo Kletterns? Sagen wir mal so, es kommt wie immer ganz darauf an, wie man es betreibt. Aber schön der Reihe nach.
Die Vorteile
Du kannst einfach klettern. Du musst Dir keine Gedanken machen über Sicherungen, Routenverlauf, Standplatzbau etc. Einen Großteil Deiner Ausrüstung kannst Du daher auch zu Hause lassen, was beispielsweise bei Flugreisen ziemlich praktisch ist.
Du kannst alleine klettern, denn ohne Sicherung brauchst Du ja auch keinen Sichernden, der unten auf dich aufpasst, sich die Füße in den Bauch steht und Dein schlechtes Gewissen nährt, wenn Du zum 17. Versuch in der Schlüsselstelle ansetzt und wieder im Gurt landest. Du kannst Dich also ganz dem Klettern, der Bewegung, der Route und ihrem Ziel widmen.
Für alle, denen Freesolo zu krass ist, Boulder aber zu wenige Züge haben, könnte das eine Variante des Kletterns sein.
Was braucht man für Deep Water Soloing?
Ganz so einfach Ist es mit dem DWS leider doch nicht, denn damit es richtig Spaß macht und tatsächlich ungefährlich ist, müssen ein paar Dinge beachtet werden.
Wie kommt man hin?
Mir sind drei Varianten bekannt. Hinklettern, im besten Fall einmal kurz um die Ecke, Abseilen oder mit einem Boot hinrudern.
Die Wand
Diese sollte natürlich im Wasser stehen. Und wenn möglich so, dass man bei einem Sturz direkt im Wasser landet und nicht auf Absätzen, Bändern oder am Wandfuss. Daher sind beliebte DWS Wände gerne wirklich senkrecht oder leicht bis stark überhängend.
Die Landezone – das Wasser
Das Wasser unter der Wand sollte tief genug sein, damit ein Sturz aus großer Höhe nicht zu einem Aufschlag unter Wasser führt. Die Wand sollte deshalb unter der Wasseroberfläche noch einige Meter senkrecht nach unten weitergehen. Viele DWS Wände sind über 15m hoch. Da sollte unten schon einige Meter tiefes Wasser sein.
Im besten Fall ist das Wasser ruhig. Häufig stehen DWS Wände aber im Meer. Der Kletterer muss sich daher mit Themen wie Brandung, Wellengang und Strömung auseinandersetzen. Und in manchen Gebieten auch mit so Sachen wie Quallen, Haien, Krebsen, U-Booten, Fischen, Pelikanen etc. …
Wer es lieber ruhiger hat, schaut nach Wänden, die in Seen stehen.
Ausrüstung
Die gute Nachricht: Du brauchst eigentlich nur Schuhe und Chalk (und eine Badehose / Bikini). Allerdings kannst Du beides nur für eine Route verwenden, denn durch den Tauchgang, der eigentlich zwangsläufig auf jede Tour folgt, brauchen Schuhe und Chalkbag Zeit zum Trocknen. Oder Du hast Ersatzmaterial dabei.
Beim Chalkbag gibt es einen Trick. Fülle Dir Chalk in Plastikbeutel ab, die genau in Dein Chalkbag passen. So kannst Du einfach die Beutel im Bag austauschen und musst nicht unendlich viele Chalkbags mitnehmen.
Informationen
Häufig kann man nicht metertief ins Wasser schauen und wissen, wie die Landezone unter Wasser aussieht. Daher ist es ratsam, sich Hintergrundinformationen zu den Wänden zu suchen. Du kannst Dich in speziellen Kletterführern, wie z.B. dem Rockfax – Deep Water – Kletterführer informieren, welche Wände in Frage kommen, oder einfach durchs Internet klicken. Hier finden sich zahlreiche Seiten und Blogs zu dem Thema.
Was ist Psicobloc?
Psicoblog ist erstens ein anderer Name für DWS, aber auch der Name eines Wettkampfes, den Chris Sharma 2013 ins Leben gerufen hat.
Bei diesem Wettkampf in Utah wird eine künstliche Wand über einem Schwimmbecken (das normalerweise für’s Turmspringen genutzt wird) aufgebaut. Letztes Jahr traf sich die Kletterweltelite zum ersten Mal und gab sich ein Stelldichein im mentalen Kräftemessen. Dieses Jahr im August ist eine Wiederholung geplant. Das Video lohnt sich, schwitzige Finger sind garantiert.
Wie gefährlich ist DWS?
Wie immer kommt es natürlich darauf an, wie man den Sport betreibt- auch beim Schachspielen kann man sich Rückenprobleme zuziehen. Ok, Spaß beiseite. Verglichen mit Freesolo Klettern ist DWS natürlich harmlos, da ein Sturz nicht zwangsläufig tödlich endet. Ob es aber harmlos ist, hängt von ein paar Faktoren ab.
Je größer die Fallhöhe, umso “härter” ist die Wasseroberfläche beim Auftreffen. Daher ist es entscheidend, wie man aufkommt. Man sollte versuchen, nicht unkontrolliert zu fallen, sondern, ähnlich wie beim Bouldern, immer noch in der Lage sein, kontrolliert abzuspringen und seinen Körper vorteilhaft auszurichten. Die Höhe und die Position, in der Du eintauchst, entscheiden zwischen butterweich, unangenehmem Brennen, Einlauf, Knochenbruch oder Schlimmerem.
Zu niedriges Wasser unter der Wasseroberfläche ist natürlich fatal. Beim Hardmoves-Finale 2013 war die Finalwand in der Schwimmoper in Wuppertal bspw. 7,5m hoch. Das Schwimmbecken in der Wuppertaler Schwimmoper reichte mit seiner Tiefe nicht aus, daher wurde in das Schwimmbecken kurzerhand ein Trampolin eingebaut, um die Stürze der Teilnehmer abzufangen (siehe Bild).
Auch fatal sind Felsen am unteren Ende der Wand oder ein auslaufender Wandfuß, sodass man eigentlich nicht über dem Wasser, sondern über Fels klettert. Absätze oder breite Bänder in der Route können einen sehr unangenehmen Aufprall erzeugen und zu sehr hässlichen Verletzungen führen. Im schlimmsten Fall landet man trotzdem noch im Wasser und muss sich verletzt erst noch aus diesem herauskämpfen.
Und dann sind da natürlich noch die Gefahren, die das Wasser an sich mitbringt, wie starker Wellengang, Strömung etc. Unter Umständen ist man selbst nach einem butterweichen Sturz noch nicht in Sicherheit.
Daher sollte man auch niemals alleine losziehen!! Immer nur mit mindestens einem Kletterpartner. Aber das gilt ja eigentlich immer fürs Klettern.
Hat man jedoch eine passende Wand, mit einer passenden Landefläche, klettert mit Köpfchen, kann gut abspringen und klettert nicht abstrus hoch, ist es eigentlich eine sehr feine und relativ ungefährliche Sache.
Bekannte Gebiete für DWS
Beliebte und dokumentierte Gebiete gibt es auf Mallorca und Malta, in Thailand, Kroatien, an der Côte d’Azur (Cap d’Antibes, Coco Beach, Point de l’Aiguille) und in Vietnam.
In Deutschland kann man in den Steinbrüchen von Löbejün bei Halle oder in Kochel über dem Kochelsee Deep Water Solos begehen.
1 Kommentar zum Artikel
DWS ist meiner Meinung tatsächlich die geilste Art der Kletterei. Wie Wiebke schon geschrieben hat, Free Solo, aber ohne den dummen Nebeneffekt des Sterbens, wenn man stürzt Hab es schon auf Mallorca und in Thailand gemacht. Wer was darüber lesen möchte, schaut einfach mal hier rein: http://www.abenteuersuechtig.de/?s=deep+water+soloing