Eine robuste und zuverlässige Kleidung ist extrem wichtig – kann sogar überlebenswichtig sein im Bergsport und Outdoorbereich. Darum forschen und entwickeln die Hersteller schon seit Jahren und Jahrzehnten an immer neuen, besseren Technologien, Membranen, Materialien und Herstellungsverfahren. In dieser Schnelllebigkeit der Branche gibt es zwei Konstanten, die uns durch jede Mode-Saison und jede Bergsportepoche begleiten: Denier und Tex.
Diese begegnen Euch Leserinnen und Kunden auch regelmäßig im Shop und geben einen Hinweis über Reißfestigkeit und Abriebfestigkeit der Materialien. Wie Du diese genau interpretieren musst, erfährst Du in diesem Artikel.
Was bedeutet denn eigentlich robust bzw. langlebig?
Robust oder langlebig ist etwas, das nicht so schnell kaputt geht, lange hält und auch mit härteren Bedingungen klar kommt. Wichtig ist es dabei erst einmal zu klären, wogegen ein Material oder Kleidungsstück robust ist.
Ein Kleidungsstück könnte beispielsweise gegen Abrieb, äußere Einwirkung (z.B. Schnitte durch scharfen Fels) oder auch Feuer (z.B. Funkenflug) robust sein. Gegen Knautschen, Drücken, Knüllen oder Weichspüler, Senf, große Luftfeuchtigkeit oder extrem niedrige Temperaturen und und und. Diese unterschiedlichen Anforderungen haben jedoch nicht unbedingt etwas miteinander zu tun.
Da es besser ist, im Sinne der Verständlichkeit stark zu vereinfachen, legen wir fest, dass wir nur über die Aspekte Abrieb und äußere Einwirkung sprechen. Denn nicht selten werden in diesem Kontext auch Angaben zur Feinheit der verarbeiteten Materialien gemacht. Und was uns das bringt, klärt die folgende Frage:
Feinheit von Textilien – was ist das denn?
Bei der Feinheit von Textilien geht es zunächst einmal um die Feinheit einzelner Fasern und die Feinheit von Garnen, Zwirnen und dergleichen. Die Feinheit definiert sich dabei in erster Linie über den jeweiligen Durchmesser. Je kleiner also der Durchmesser einer Faser oder eines Garns ist, desto größer ist seine Feinheit. Bis dahin, check, kein Problem. Das Problem ist allerdings, dass es sich bei textilen Fasern nicht selten auch um natürliche Materialien handelt, die keinen exakt runden Querschnitt haben. Auch können Fasern leicht zusammengedrückt werden und verändern so ihren Querschnitt teilweise auch dauerhaft. Hierzu ein Beispiel:
Stellt euch einmal einen Gartenschlauch vor. Jetzt nehmen wir einfach an, dass dieser Gartenschlauch im Normalzustand einen exakt runden Querschnitt hat. Wird dieser Schlauch nun zusammengedrückt, wird er in die eine Richtung breiter, aber gleichzeitig auch flacher. In diesem Zustand ließe sich also ein mit anderen „Fasern“ vergleichbarer Durchmesser nur schlecht berechnen.
Um aber eine Vergleichbarkeit der Feinheit zu gewährleisten, und da auch bei der industriellen Fertigung verlässliche Richtgrößen gebraucht werden, ist es heute weitestgehend üblich eine Feinheitsdefinition zu verwenden, die durch die Beziehung von Masse (Gewicht) und Länge beschrieben wird. Es muss also mindestens eine Maßeinheit her. Wir bieten hier aber beste Servicequalität und schicken in den Ring:
Tex vs Denier
In Deutschland sowie der restlichen EU inklusive der Schweiz ist die Einheit Tex die offizielle Maßeinheit, wenn es um die Feinheit von „linienförmigen textilen Gebilden“ geht. Also Fasern, Garne und dergleichen. Dies ist auch so in der ISO 1144 und DIN 60905 festgehalten. Wer an Schlafstörungen leidet, kann es ja mal nachlesen.
Beim Tex-System gibt es ebenso wie bei den Maßeinheiten Gramm und Meter zahlreiche Untereinheiten. Wir merken uns hier aber zur Vereinfachung lediglich:
1 tex = 1 g pro 1000 m
Noch einfacher: je höher die Zahl, desto grober (weniger fein) die Faser.
Das Denier-System (den) funktioniert gleich wie das Tex-System. Das Problem ist dabei nur, dass andere Einheiten bzw. Ausgangswerte verwendet werden. Daher merken wir uns an dieser Stelle:
1 den = 1 g pro 9000 m
Somit gilt auch automatisch: 1 tex = 9 den
So what?!
Jetzt wird sich so manch einer fragen, wer sich denn den Quatsch ausgedacht hat. Und da kann man nur sagen: „Vielen Dank, Frankreich, für diese schöne Maßeinheit.“ Dazu muss man aber folgendes wissen: Die Einheit Denier wurde ursprünglich als Maßeinheit in der französischen Seidenindustrie verwendet. Sie bezieht sich auf die alte französische Gewichtseinheit Denier, die mit unserem heutigen metrischen System nicht sonderlich viel zu tun hat. Somit erklärt sich auch die halbwegs „krumme“ Einheit. Heute ist Denier als Wert für die Feinheit von Textilien vor allem in den USA und Asien gebräuchlich und taucht somit nicht ganz selten auch mal im Outdoorbereich auf.
Jetzt könnte man sich denken: je höher der Tex- oder Denier-Wert desto robuster auch das Material. Klingt im ersten Moment ja auch logisch, eine Jeans hält beispielsweise mehr aus, als eine Seidenbluse. Aber so einfach ist das nicht. Denn die Reißfestigkeit von Textilien hängt nicht nur von der Feinheit des Stoffes bzw. der Garne ab, sondern auch von der Verarbeitung und dem generellen Ausgangsmaterial. Und daher sind auch nur Materialien über den Tex- oder Denier-Wert vergleichbar, die abgesehen von der Feinheit, identisch aufgebaut sind.
Die Reißfestigkeit von Textilien
Hierzu ein kleines Beispiel: Bei der industriellen Herstellung gibt es den Wert der Zug- oder Reißfestigkeit. Hierbei handelt es sich um die mechanische Zugspannung, die ein Material maximal aushält. Die Zugfestigkeit zu errechnen ist nicht ganz einfach, es brächte uns aber auch keinen Vorteil. Wir müssen an dieser Stelle nur wissen, sie wird unter anderem in Megapascal (MPa) gemessen. Auch hier gilt: je höher der Wert, desto reißfester das Material. Dieser Wert kann schon einmal eine gute Orientierung bieten. Hierzu ein paar Beispiele:
- Wolle: 130 -210 MPa
- Baumwolle: 287 – 800 MPa
- Polyethylen (Dyneema): 3510 MPa
- Aramid (Kevlar): 3620 MPa
Die Reißfestigkeit sagt schon recht viel über die eigentliche Robustheit eines Materials aus. Kennt man ja auch: Eine Bandschlinge aus Dyneema, ist in der Regel deutlich filigraner als ihre Kollegin aus Polyamid. Ist ja auch klar, Dyneema hält (die Alterung mal außer Acht gelassen) deutlich mehr Belastung aus.
Aber Moment: Muttis alte Nylonstrümpfe sind doch auch aus Polyamid und halten dennoch deutlich weniger aus, als beispielsweise eine Bandschlinge!? Zumindest habe ich noch niemanden gesehen, der sich am Standplatz mit einer Feinstrumpfhose sichert. Wie also kann das sein?
Na ja, so schwer ist das gar nicht. Wer sich einmal die beiden Produkte genauer anschaut, der wird schnell feststellen, das Ausgangsmaterial wurde ganz anders verarbeitet. Und somit kommen wir zu unserem letzten Punkt des heiligen Dreigestirns und sagen Vorhang auf für:
Die Verarbeitung von Textilien
Fasern und Garne können auf ganz unterschiedliche Arten verarbeitet werden. So ist beispielsweise ein Jeansstoff ein Gewebe, besteht also aus zwei Fadensystemen, die miteinander verwoben sind. Eine Fleecejacke hingegen ist in der Regel aus einem Veloursstoff gefertigt. Dieser ist kein Gewebe, sondern Maschenware. Hier werden mittels Faden gebildete Schleifen ineinander verschlungen und bilden so ein „textiles Flächengebilde“ (zu deutsch: ein Stück Stoff).
Dies sind aber nur zwei von unzähligen Möglichkeiten, wie Stoffe hergestellt werden können. Und selbst in den einzelnen Bereichen gibt es dann wieder unterschiedliche Verarbeitungsmöglichkeiten. Kurz und gut, ein weiteres Fass ohne Boden. Und somit stehen wir eigentlich wieder ganz am Anfang unseres kleinen Textilexkurses und wissen noch immer nicht so recht, was wir mit der Info anfangen sollen. Dennoch habe ich auch hier eine kleine Faustregel, die vielleicht weiter helfen kann:
Kommen bei der Verarbeitung feine Garne zum Einsatz, liegen diese nach dem Weben oder Stricken oft enger beieinander und bilden so eine glattere Oberfläche. Auch liegen die Einzelfäden je nach Webart enger zusammen oder weiter von einander weg. Je glatter dabei die Oberfläche des Stoffes ist, desto weniger anfällig ist sie zumeist gegenüber Pilling. Das heißt, dass sie beispielsweise bei der dauerhaften Belastung durch einen Rucksack nicht so schnell Abrieberscheinungen zeigt wie bei gröberen Stoffen.
Beispiel Denier
Ein schönes Beispiel, wie die Verarbeitung die Robustheit von Textilien beeinflussen kann, liefern auch die mit der Beta-Spun-Technologie hergestellten Materialien. Diese kommen beispielsweise bei Ortovox zum Einsatz und sehen wie folgt aus: Das Garn dieses Materials besteht aus zwei Komponenten. Der Kern wird dabei aus feiner Merinowolle gebildet und bringt alle guten Eigenschaften des Naturprodukts mit. Um diesen aber besser zu schützen wurden zusätzlich Polyamidfilamente um den Kern gesponnen. So entsteht ein Material, das laut Herstellerangaben bis zu 70 % reißfester und abriebfester als herkömmliches Merinogarn sein soll.
Was aber sagt uns das?
Gerade im Bereich der Textilien gibt es zahlreiche unterschiedliche Materialien. Manche unterscheiden sich dabei in ihrer Zusammensetzung und Verarbeitung kaum, andere erheblich. Von einzelnen Werten pauschal auf spezifische Eigenschaften zu schließen ist daher zunächst einmal kaum möglich. Schaut man allerdings ein wenig genauer hin, kann man aus der Beschaffenheit von Textilien so einiges ableiten. Die Denier-Angabe bietet dabei eine Orientierung, wie robust ein Gewebe oder ein Stoff ist, denn wie wir ja jetzt wissen, gilt: Je höher die Denier-Zahl umso ‘schwerer’ und ‘robuster’ ist der Faden.
Außerdem ist unser Basislager eine gute Anlaufstelle für Infos zu unterschiedlichsten Materialien wie z.B. Aramid/Kevlar, Polyester oder die gute alte Gore-Pro-Shell!