Eltern, die ihre Kinder bereits in den ersten Lebensjahren ganz selbstverständlich ans Wandern und Klettern gewöhnen, sind beim Thema „Klettersteig mit Kindern“ oft etwas verunsichert. Ähnlich, wie beim Laufen und Wandern, ist Klettern für die meisten Kinder ein ganz natürlicher Entwicklungsprozess. Ob auf dem Klettergerüst oder an einer kleinen Kletterwand auf dem Spielplatz – beim Klettern können Kinder ihr Feingefühl und ihre Kraft langsam trainieren und so nach und nach steigern. In Boulder- und Kletterhallen finden Eltern oft spezielle Bereiche, um den Nachwuchs spielerisch an das Thema Klettern heranzuführen.
Klettersteige sind dagegen in vielerlei Hinsicht anspruchsvoller. In der Regel sind Klettersteige für Erwachsene konzipiert. Dementsprechend wird oft eine bestimmte Reichweite und natürlich auch eine gewisse Kraft und Ausdauer beim Klettern vorausgesetzt. Anders, als beim Bouldern und Sportklettern in der Halle, ist Abspringen oder Fallenlassen keine Option. Insofern verlangt das Begehen von Klettersteigen auch eine gewisse geistige Reife, Mut und Verantwortungsbewusstsein.
Wichtige Handgriffe im Hochseilgarten trainieren
Um erste Erfahrungen zu sammeln und Kinder auf die Herausforderungen am Klettersteig vorzubereiten, eignen sich entweder einfache Kletterrouten in der Kletterhalle oder Hochseilgärten. Je nach Hochseilgarten gibt es oft leichtere Routen, die speziell für Kinder konzipiert sind und bereits mit einer Körpergröße von ca. 130 cm bzw. einem Alter von ca. 6 Jahren bestens zu klettern sind. Dabei lernen die Kids spielerisch den Umgang mit Klettergurt, Kletterhelm und Karabiner. Auch die wichtigsten Handgriffe und Grundregeln im Umgang mit dem Klettermaterial sind prinzipiell gleich im Hochseilgarten und am Klettersteig. Manche Hochseilgärten und Abenteuerspielplätze ermöglichen sogar Kindern ab 4 Jahren den Einstieg in die Welt aus Bäumen, Plattformen und Drahtseilen – natürlich sehr nahe am Boden und nur mit ständiger Begleitung und Aufsicht.
Die passende Klettersteigausrüstung für Kinder
Klettergurt für Kids
Ganz egal, ob Kletterhalle, Klettersteig oder Hochseilgarten, Kinder benötigen eine passende Ausrüstung, die zuverlässige Sicherheit bietet. Ein gewöhnlicher Hüftgurt ist vor allem für kleinere Kinder beim Klettern nicht ausreichend. Da der Körperschwerpunkt bei Kindern stärker in Richtung Kopf liegt, steigt auch das Risiko umzukippen. Im schlimmsten Fall könnten Kinder in einer solchen Situation aus dem Hüftgurt rutschen.
Deshalb sollten Eltern entweder direkt einen Komplettgurt für Kinder oder eine Kombination aus Hüftgurt und zusätzlichem Brustgurt wählen. Besonders für kleinere Kinder ist ein Kombigurt ideal, denn er ist gut gepolstert, lässt sich super einstellen und verfügt in der Regel über eine hoch angesetzte Einbindeschlaufe. Dadurch sind die Kindergurte nicht nur sicher, sondern auch sehr bequem und bewegungsfreundlich.
Größere Kinder und Jugendliche wechseln später oft zum klassischen Hüftgurt. Ab etwa 40 kg Körpergewicht macht diese Überlegung Sinn. Andererseits schätzen auch viele Erwachsene Komfort und Sicherheit von zusätzlichen Brustgurten am Klettersteig.
Kletterhelm für Kids
Leichte Kletterhelme sind auch in Kindergrößen erhältlich und stehen den Modellen für Erwachsene in keiner Weise nach. Wichtig ist, dass der Helm richtig eingestellt wird und dann sicher und gerade auf dem Kopf sitzt. Ein gepolsterter Kinnriemen erhöht dabei den Tragekomfort. Auf jeden Fall darf der Helm nicht zu fest gezogen werden, denn sonst stellt sich schnell Frust bei den jungen Kletterern ein. Andererseits darf der Helm aber auch nicht so locker eingestellt sein, dass er seitlich oder nach hinten wegrutscht.
Für die ersten Versuche muss auch nicht unbedingt ein neuer Kinderkletterhelm angeschafft werden. Ein gut sitzender Skatehelm oder Scooterhelm mit fester Außenschale eignet sich ebenfalls für den Einstieg (ist in der Regel aber schwerer als ein Kletterhelm).
Klettersteigset für Kids
Moderne Klettersteigsets verfügen meistens über elastische Arme, zwei große Karabiner und einen Fangstoßdämpfer bzw. Bandfalldämpfer. Klettersteigsets nach der EN 958:2011 sind für ein Körpergewicht von 80 kg konzipiert und getestet. Die neuere Prüfnorm EN 958:2017 gibt dagegen 40 kg als Minimalgewicht an. Kleinere Kinder und auch viele größere Kinder liegen jedoch teilweise deutlich unter dieser Gewichtsgrenze.
Bei dieser Prüfnorm geht es jedoch primär um das kontrollierte Aufreißen des Bandfalldämpfers. Das bedeutet, wenn ein zu leichtes Kind im Klettersteig stürzt und dabei so weit fällt, dass der Bandfalldämpfer eigentlich auslösen sollte, reißt dieser entweder gar nicht oder nur teilweise aus. Dementsprechend wird dabei der Sturz kaum oder sogar gar nicht durch den Dämpfer abgebremst. Gute Lösungen für dieses Problem bietet beispielsweise Kletterspezialist Skylotec. Das progressiv arbeitende Skylotec Klettersteigset, ist auch für leichtere Kinder sehr gut geeignet.
Ein unkontrollierter Sturz im Klettersteig ist in jedem Fall sehr gefährlich. Ob Kind, Erwachsener, 20 kg oder 90 kg – die Gefahr von Stürzen sollte durch entsprechendes Risikomanagement und zusätzliche Sicherung mit einem extra Kletterseil unbedingt minimiert werden.
Deshalb zeichnet sich ein Klettersteigset für Kinder nicht nur durch Normen und Bandfalldämpfer aus, sondern durch Klettersteigarme in passender Länge und Karabiner, die Kinder sicher greifen und bedienen können.
Klettersteighandschuhe und Kletterbekleidung für Kinder
Handschuhe sind am Via Ferrata Drahtseil Pflicht, um sich vor Verletzungen zu schützen und jederzeit guten Grip zu haben. Lederhandschuhe ohne Fingerkuppen werden meistens favorisiert, da sie gleichzeitig für das nötige Feingefühl in den Fingerspitzen sorgen. Kinder können sich aber zunächst auch mit gut sitzenden Fahrradhandschuhen behelfen.
Stabile Schuhe sind natürlich ebenfalls unverzichtbar. Am besten knöchelhoch und mit einer griffigen Sohle. Verstärkungen im Zehenbereich sorgen für eine bessere Haltbarkeit.
Ansonsten sollte die Kleidung natürlich bequem, bewegungsfreundlich und an Wetter und Temperatur angepasst sein. Eine einigermaßen robuste Outdoorhose wäre sicherlich auch kein Fehler.
Auf geht’s zum Klettersteig
Mit dem richtigen Maß an Vorbereitung, Motivation und der passenden Klettersteigausrüstung steht dem ersten Klettersteig mit den Kids fast nichts mehr im Weg.
Eltern (oder eben Großeltern, Onkel, Tanten, Betreuungspersonen, etc.) sollten jedoch besonders sorgfältig bei der Auswahl der möglichen Klettersteige prüfen und folgende Überlegungen dabei mit einbeziehen:
Wie leicht / schwierig ist der Klettersteig?
Immer beachten, dass die Angaben im Klettersteigführer sich auf Erwachsene beziehen. Am besten eine bekannte Tour machen, oder den Klettersteig vorher ohne Kinder „zur Probe“ machen. Dabei auch ein Augenmerk auf Greifbarkeit und Erreichbarkeit der Griffe, Seile und Leitern für die Kids haben. Im Idealfall verläuft ein einfacher Klettersteig für Kids mit vielen Quergängen, schrägen Passagen und ohne vertikale Abschnitte. So lässt sich ein schwerer Sturz am besten vermeiden und der Fun-Faktor überwiegt den Kraftakt. Manche Klettersteige können auch nur in einzelnen Sektionen teilweise begangen werden. In jedem Fall sollte klar sein, welche Ausstiegs- und Rückzugsmöglichkeiten aus dem Klettersteig vorhanden sind und ob diese mit den Kindern begehbar sind. Für Kinder ist ein Steig im Schwierigkeitsgrad A/B als Einstieg vollkommen ausreichend.
Ist der Klettersteig durchgehend gesichert?
Ist der Klettersteig nicht durchgehend mit Drahtseilen gesichert, sollte auf jeden Fall mit dem Kletterseil (ein 20 m langes Halbseil mit 8 mm Durchmesser reicht) nachgesichert werden. Das gilt auch für vertikale Passagen und Teilstücke, auf denen eine erhöhte Sturzgefahr besteht.
Wie lange dauert die Tour?
Lieber klein anfangen. Ein Klettersteig, der mit 1 h angegeben ist, reicht als erste Herausforderung absolut. Die Steigerungen können dann folgen.
Passt das Wetter?
Weder zu heiß, noch zu kalt, noch zu windig. Und natürlich kein Regenwetter.
Fazit
Generell ist es nicht empfehlenswert als einzelner Erwachsener mit mehreren Kindern einen Klettersteig zu begehen – selbst wenn diese schon ihre ersten Via Ferrata Erfahrungen gesammelt haben. Zur Nachsicherung und für Notfälle ist es besser, wenn pro Kind auch mindestens ein erwachsener Kletterer dabei ist und den Nachwuchs entsprechend sichert und unterstützt.
Ein konkretes Mindestalter für Kinder, um einen Klettersteig zu begeben, gibt es nicht. Dafür sind eher die körperliche Konstitution und die eigene Motivation ausschlaggebend. Viele Kinder sind mit ca. 10 Jahren so groß und kräftig, dass sie sich an die ersten Klettersteige wagen können. Natürlich nur unter dem wachsamen Auge eines routinierten Kletterers, der immer schaut, ob Karabiner richtig eingehängt werden und Tipps zu kraftsparendem und sicherem Steigen geben kann. Manche Kids sind bereits mit 6 Jahren so groß und fit, dass sie sich bereits auf die ersten Klettersteige wagen können. Alle Anderen dürfen sich so lange im Hochseilgarten und Klettergarten ihren physischen und psychischen Herausforderungen stellen.