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Mit dem Alpinkader NRW im Oberen Donautal

Inhaltsverzeichnis

In 120 Metern Höhe an der Steilwand

„Franzi, Stand!“ Kletterkommandos hallen am Freitagmorgen den 120 Meter hohen Schaufels entlang. Vereinzelt erkennt man leuchtend orange Shirts in den gleißenden Wänden, die entstanden sind, weil sich über Jahrmillionen die Donau ihr tiefes Bett in das Juragestein der Schwäbische Alb grub. In den Mehrseillängenrouten wie dem Donautalklassiker „Kaiserweg“ sollten die am Vortag demonstrierten Tricks und Kniffe des Felskletterns nun praktisch und eigenständig in Zweierseilschaften umgesetzt werden.

Eine kurze Einführung, dann geht es los

Doch der Reihe nach. Sicherungstechnik und Bergrettung sollten die Themen der nächsten Tage sein. Die Wettervorhersage verhieß für die nächsten Tage Gutes und so versammelten sich, mehr oder weniger pünktlich, die verbliebenen zehn von ehemals um die 40 Aspiranten für den ersten Alpinkader NRW sowie deren Ausbilder in einem urigen Gasthof im Oberen Donautal zum Nachtessen. Die Gaststube wurde vom Haupt eines gewaltigen Wasserbüffels sowie eines ausgestopften Mankei geschmückt. Diese Murmeltierart war der Namensgeber der gemütlichen Unterkunft.

Am Donnerstag stand zunächst die Vertiefung von Fertigkeiten rund ums Felsklettern auf dem Programm, wie zügiges und sicheres Einbinden, die Wahl des richtigen Helms, Varianten des Standplatzbaus mit mobilen Sicherungsgeräten, Felshaken schlagen sowie Sturztraining inklusive der angepassten Seilsicherung. Nach kurzer Einführung ging es rasch in medias res und damit in wechselnden Kleingruppen zu den Stationen der Ausbilder Fritz, Dave und Charly.

Dabei wurde auch routinierten Kletterern klar, dass diese vordergründig profanen Grundkenntnisse eine Menge Optimierungspotential boten. Zum einen sollten die Teilnehmer ihr Material so beherrschen, dass sie, den Verhältnissen angepasst, behelfsmäßige Techniken variieren können. Zum anderen sollte aber auch ein gewisser Konsens bestehen, der den Kader beziehungsweise die Seilschaft verbindet.

„Geschwindigkeit bringt Sicherheit“

Sturztraining mit Anleitung

Dies gewinnt Bedeutung, führt man sich vor Augen, dass bei einer Gratbegehung mit dutzenden Wechseln zwischen Kletter- und Abseilpassagen gesparte Sekunden beim Ein- und Ausbinden, Standplatzbau oder Vorstiegs-Wechsel am Ende des Tages darüber entscheiden, ob man den letzten Abseilstand bei Tageslicht oder im Schein der Stirnlampe sucht.

Nach so viel klettertechnischem Input ging es, zugegebenermaßen artfremd, zunächst auf den örtlichen Minigolfplatz und dann zum kulinarischen Tagesabschluss auf die Terrasse unseres Gasthofes.

Der Freitagvormittag begann am Schaufels, hier stellte unser Bergführer und „Local“ Fritz Seilschaften zusammen und wies Routen zu. Rasch war das Material zusammengestellt. Die kommenden Morgenstunden, in denen die Sonne langsam ihre Strahlen auf den Fels lenkte, waren erfüllt von freudiger Erwartung auf den meist griffigen Fels, von Kletterkommandos, Materialklimpern und den Anweisungen unseres Fotografen Felix, der selber in luftiger Höhe am Statikseil schwingend, seine mobilen Motive am Fels lenkte.

Nachmittags wurden am Fels oberhalb der Ortschaft und zu Füßen des ehemaligen Schloss Hausen von Charly Prusik-Techniken und von Dave die Ein-Mann-Rettungstechnik nach unten vermittelt und von den Teilnehmern geübt.

Von oben abgeseilt

Derweil inspizierte Andre die persönlichen Erste-Hilfe-Taschen, deren unterschiedliche Volumen und Praktikabilität in direkter Beziehung zueinander standen. Dabei vermittelte der Arzt Aspekte der Ersten Hilfe und insbesondere der alpinen Notfallmedizin, passend zu den alpinistischen Themen der behelfsmäßigen Bergrettung. Das theoretische Wissen vermittelte er anschaulich durch Einsatzberichte aus der Bergrettung und dem organisierten Rettungsdienst.

Überschattet wurde dieser Tag durch die Meldung eines tödlichen Absturzes einer Zweierseilschaft südlich des Alpenhauptkammes. Dieses und die Ereignisse der zwei Wochen zuvor, bei denen ebenfalls Alpinisten aus dem näheren Bekanntenkreis zu Tode kamen, führte allen die Wichtigkeit der Bergrettungs- und Sicherungstechniken erneut vor Augen und unterstrich die Bedeutung des Risikomanagements bei alpinistischen Unternehmungen.

Der doppelte Halbmastwurf beim Ablassen

Auch der Samstag bot super Wetter und so begaben wir uns zu einer übersichtlichen Felsformation südlich unserer Unterkunft auf der gegenüberliegenden Flussseite. Hier wiederholten die Alpinkader-Anwärter zunächst den wichtigen Standplatzbau mit mobilen Sicherungsgeräten und übten ihn bis zur sicheren Beherrschung. Dann trainierten sie die Verwendung des doppelten Halbmastwurf beim Ablassen von mehreren Personen und führten das theoretische Wissen bei der Ein- und Zwei-Mann-Rettungstechnik nach unten vor. Anschließend trainierten sie die Technik in wechselnden Gruppen, was von Durchgang zu Durchgang flüssiger vonstatten ging.

Hier wird eine Bergrettung demonstriert. © Alpinkader
Hier wird eine Bergrettung demonstriert. © Alpinkader

Abschließend wurde Dave als „verunfallter Kletterer“ aus der Wand gerettet, in „absturzgefährdetem Gelände“ erstversorgt und für den Hubschrauber Abtransport vorbereitet.

Auch der Kletterspaß sollte nach all den ernsten Themen nicht zu kurz kommen und so standen am Ende des Tages diverse Routen an den “Zinnen“ und Prusiken auf dem Tagesprogramm, bei denen sich die Teilnehmer nach Lust und Laune austoben konnten.

Unter der Rettungsdecke auf den Notfalldienst warten
Unter der Rettungsdecke auf den Notfalldienst warten

Am letzten Tag des Ausbildungsblocks standen die noch verbliebenen, wichtigen Themen wie der Bau von Abseilständen mit begrenztem Material und Flaschenzüge auf dem Programm. Beim erneuten Prusiken, diesmal auf Zeit, zeigte sich bezüglich der Rangliste Erstaunliches.

In ihrem Schlusswort an die Teilnehmer appellierten die Ausbilder nicht nur an den für den Kader naturgemäßen Leistungsgedanken, sondern auch an ein risikobewusstes und sicheres Verhalten am Berg bei der Routenplanung und auf einer Tour.
In diesem Sinne: Berg Heil!

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Bergfreund Gastautor

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