Die Tage werden kürzer, die Temperaturen fallen. Häufiger vorkommende Schlechtwetterphasen hinterlassen schon auch mal weiß eingezuckerte Berggipfel. Das bedeutet oft traurige Gesichter bei den Kletterern. Aber nicht bei allen. Denn der Winter rückt langsam aber sicher näher und das heißt: Wintersport!
Alle freuen sich schon wieder auf die malerisch glitzernde Landschaft, die so viel bietet. Das lockt immer mehr und mehr Outdoor-Enthusiasten in die Alpen. Ob wilde Eiskletterei, Skifahren im Pulverschnee oder Schneeschuhwanderung – im Winter kommen hier fast mehr Sportler auf ihre Kosten als im Sommer. Das sorgt auch dafür, dass die Berge im Winter immer leichter zugänglich werden. Früher abgelegene, unzugängliche Täler sind nun die Hotspots für Skizirkus, Eisklettergärten und Rodelbahnen. Aber ist das auch gut so? So einfach ist das nicht…
Unsere Alpen sind ein einzigartiges Naturerbe, das nicht nur für seine atemberaubende Schönheit, sondern auch für seine empfindliche Umwelt bekannt ist. Nachhaltiger Winterurlaub in den Alpen ist eine faszinierende Aktivität, die Abenteuer und Herausforderungen in einer spektakulären winterlichen Umgebung bietet, jedoch gleichzeitig Rücksicht und Umsicht voraussetzt. Warum und wie erfährst du im Folgenden.
Die Tierwelt im Winter
Wer schon einmal darauf geachtet hat, der hat sich bestimmt schon gewundert, wo die Tiere im Winter sind. Im Gegensatz zum Sommer sind die Tiere selbst nämlich nur sehr selten zu sehen. Ihre Spuren ziehen sich aber trotzdem durch den Schnee. Tiere in den Alpen haben verschiedene Strategien entwickelt, um den harten Winterbedingungen in dieser Gebirgsregion zu trotzen. Ihre Überlebensmethoden hängen von ihrer Art, ihrer Größe und ihrem Verhalten ab. Nahezu alle Tiere verlangsamen ihren Alltag dazu.
Winterschlaf und Winterruhe: Kleine Säugetiere wie Murmeltiere halten Winterschlaf oder Winterruhe. Dabei reduzieren sie ihren Stoffwechsel und verbringen den Großteil des Winters schlafend in geschützten Höhlen oder Verstecken.
Fell und Gefieder: Viele Tiere in den Alpen entwickeln oft dichteres Fell oder Gefieder im Winter, um sich vor Kälte zu schützen. Dies gilt sowohl für Säugetiere als auch für Vögel.
Nahrungssuche: Einige Tiere, wie Schneehasen und Alpenschneehühner, haben sich an die kalten
Bedingungen angepasst und suchen im Winter nach Pflanzen oder Insekten unter dem Schnee oder an schneearmen Zonen. Sie können Schnee in ihren Höhlen schmelzen, um an Wasser zu gelangen.
Soziale Gruppenbildung: Wölfe und Murmeltiere leben in sozialen Gruppen, die ihnen im Winter Schutz und Unterstützung bieten. Sie teilen sich die Aufgaben bei der Nahrungssuche und können so ihre Überlebenschancen erhöhen
Anpassung an die Umgebung: Tiere in den Alpen haben oft Tarnung und andere Anpassungen entwickelt, um sich in der schneebedeckten Umgebung zu verstecken und Feinden zu entgehen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Strategien der Tiere je nach Art und individueller Anpassung variieren können. Einige Tiere haben spezielle physiologische Anpassungen entwickelt, um extremen Temperaturen und Nahrungsknappheit standzuhalten.

Unser Einfluss – Wie gelingt ein nachhaltiger Winterurlaub
Dringen nun wir als Wintersportler in dieses Gleichgewicht der Natur ein, setzen wir die Tierwelt stark unter Druck. Die Art und das Ausmaß unseres Einflusses auf die Umwelt hängt stark von der jeweiligen Disziplin ab. Generell lässt sich allerdings schon vorwegnehmen, dass wir die Tierwelt stark unter Druck setzen und die Auswirkungen über Umwege auf uns zurückschlagen, auch wenn wir das auf den ersten Blick nicht wahrnehmen.
Skigebiete:
Der Impact von Skigebieten ist recht einfach zu erkennen. Für den jährlichen Skispaß werden ganze Bergflanken von Wäldern befreit. Der Boden unter den Skipisten wird verdichtet und neben den Pisten ziehen sich Seilbahnen und Lifte den Berg hinauf. Bei dem Lärm der Seilbahnen und dem Trubel der Skitouristen ist es keine Überraschung, dass in den Skigebieten kein Tier mehr angetroffen wird. Auch im Sommer ist der Einfluss der Skigebiete noch groß. Auf den Skipisten ist der Boden nur noch wenig fruchtbar und Biodiversität & Wildleben reduzieren sich massiv.
Skitouren:
Wenn also die Skigebiete die Natur verdrängen, dann liegt es eigentlich nahe die Pistenski gegen Tourenski zu tauschen – keine lauten Seilbahnen, keine Pisten – wir bewegen uns dann ja in der freien „unberührten“ Natur, oder? Das hört sich im ersten Moment vielleicht recht umweltverträglich an, aber der Schein trügt. Indem wir die Wildnis betreten, stehen wir praktisch im Wohnzimmer der Tierwelt, ungefragt. Wild wie Gämse, Rehe und Rotwild werden durch Skitourengänger aufgescheucht, da sie flüchten, bevor wir sie sehen. Da sie in ihrer Winterruhe gestört werden, müssen sie ungeplant viel Energie aufwenden. Diese müssen sie durch Fressen wieder zu sich nehmen, was bei der Nahrungsknappheit nicht so leicht ist. Das heißt, dass zum einen die Tiere in existenzielle Not kommen, zum anderen die Bäume in übermäßigem Maße angefressen werden. Das gefährdet die Waldbestände. Keine Wälder bedeutet eine höhere Lawinengefahr im Winter und durch mehr Erosion eine höhere Bergrutschgefahr im Sommer. Und um den Bogen noch weiter zu spannen: Die Waldbestände haben einen direkten und in Summe auch nicht unerheblichen Einfluss auf den Klimawandel.
Skitourengänger haben auch noch einen unmittelbareren Einfluss auf die Tierwelt. Halten wir uns im kammnahen Gelände auf, so ist es möglich, dass wir vor allem bei der Abfahrt ein im Schnee eingegrabenes Schneehuhn überfahren – wir merken so etwas nicht einmal. Schneehühner graben sich auf der schneereicheren Leeseite kammnah ein, damit sie hier schnell Schutz suchen können, während sie auf der abgeblasenen Luvseite nach Nahrung suchen. Die Gefahr, die sie dabei zu befürchten haben, sind Adler und andere Raubvögel. Diese fliegen hauptsächlich während der Tagesmitte, um Thermik nutzen zu können. Deshalb fressen Schneehühner vor allem morgens und abends und folglich stören wir diese Tiere zu diesen Zeiten am meisten.
Ein wenig bedachter Einfluss auf das Jäger – Beute – Verhältnis, das wir im Winter haben, sind die Spuren, die wir als Tourengänger hinterlassen. Der verdichtete Schnee bietet Füchsen einen großen Vorteil bei ihrer Jagd.
Eis – Mixedklettern:
Am Eisfall selbst sowie in der Wand stören wir keine Tiere. Die einzigen Tiere, die hier leben sind Vögel, die im Winter nicht brühten und zum Teil auch in den Süden gezogen sind. Wo wir jedoch unter Umständen ein umso größerer Störfaktor sind, ist der Abstieg. Dabei bewegen wir uns gerade beim Eisklettern oft durch steiles, oft bewaldetes Gelände, das einen hervorragenden und geschützten Lebensraum für Tiere bietet.
Gegenmaßnahmen gegen die Umweltschädigung im Winter
Das alles hört sich jetzt vielleicht sehr danach an, als ob wir nicht mehr in den Schnee dürften. Ganz so schlimm ist es nicht. Allerdings müssen wir einige Regeln beachten und unsere Touren gut vorbereiten, um die Natur so wenig wie möglich zu belasten. das verstehen wir unter Nachhaltigem Winterurlaub.
Umweltschonend am Berg…
…auf Skitour:
Um das Wild dort möglichst wenig zu belasten, wo wir es am meisten stören können, gibt es schon einiges an Erfahrung, Konzepten und Regeln. Der Deutsche Alpenverein stellt diese für alle zugänglich in Infobroschüren und im Internet bereit. Es gibt von den einzelnen Sektionen auch immer wieder geführte Touren mit dem Transfer von eben diesem Knowhow.
Zusammengefasst sind es ein paar einfache Richtlinien, die jeder in seinem nachhaltigen Winterurlaub einfach befolgen kann und sollte. Es gibt alpenweit ausgewiesene Skitourenrouten vor allem in den hoch frequentierten Touren. Infos zu den Skirouten gibt es meist vor Ort auf Infotafeln, in lokalen Bergschulen oder Tourismusinformationen oder in Kartenmaterial hier sind in der Regel auch die Wildschutzgebiete selbst eingezeichnet. Wir können aber auch selbst unterwegs erkennen, wo wir Winteralpinisten unseren Platz einnehmen können und wo wir dem Wildleben seine Ruhe lassen müssen. Da das Wild Schutz in dicht bewachsenen Wald, Jungwald und Krummholz (Latschen), sind unsere Bewegungsräume freie Hänge und dicht mit Schnee bedeckte Zonen eigentlich sehr praktisch. Auch der Flora zuliebe sind Krummholz und Jungwald zu meiden, da scharfe Kanten der Ski oder die Eisen der Schneeschuhe die Rinde verletzen und Triebe abschneiden können.
Generell ist das optimale Skitouren-, Freeride-, und Schneeschuhzeitfenster, in dem wir uns aus Umweltschutzaspekten mit gutem
Gewissen im Gelände aufhalten können circa 10 Uhr morgens bis 16 Uhr abends. Zu den Zeiten der Dämmerung können die Pflanzenfresser nämlich in Ruhe, ohne Druck durch Raubtiere nach Nahrung suchen. Guten Appetit!

…beim Eisklettern:
Eisklettern ist tatsächlich wenig störend für die Natur. Allerdings müssen wir auch hier an die Uhrzeit denken, zu welcher wir uns ins Gelände begeben. Sofern wir nicht Abseilen, steigen wir ohnehin durch bewaldetes oder anderweitig bewachsenes Gelände ab. Da ist es ja auch in unserem Interesse, dass wir vor der Dämmerung im Tal ankommen.
Am schonendsten ist der Besuch eines Eisklettergartens, da sich dann der Eisklettertourismus auf einen Punkt reduziert und die Gesamtbelastung auf die Natur sinkt.
…im Skigebiet:
Skigebiete teilen den Vorteil der Zentrierung des Tourismus auf einen Ort. Angesichts des großen räumlichen Wachstums, das viele Skigebiete verzeichnen, wird dieses Argument allerdings immer schwächer. Nachhaltiger Winterurlaub sieht definitiv anders aus. Jeder Wintersportler sollte sich überlegen, wie viel leicht konsumierbaren Spaß er oder sie gegenüber der Belastung des Ökosystems unserer Alpen verantworten möchte. Eine Motivation doch auf Skitouren umzusteigen, wäre die Aussicht auf den deutlich größeren Wert der Abfahrt, nach einem selbst erkämpften Aufstieg. Aber wenn es dann doch das Skigebiet sein soll, dann sollte man zumindest eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln bevorzugen. Denn tatsächlich verursachen die automobile An- und Abreise durchschnittlich 80% des CO-Ausstoßes eines Skiurlaubes und nur 20% sind auf den Betrieb von Bergbahnen, Schneekanonen und Co zurückzuführen. Besonders der Transport beeinflusst also einen nachhaltigen Winterurlaub.
Fazit nachhaltiger Winterurlaub
Nachhaltiger Winterurlaub in den Alpen ist nicht nur ein Abenteuer, sondern auch eine Verantwortung gegenüber der Natur und anderen Menschen. Mit einer moralisch nachhaltigen, persönlichen Einstellung und einer vorbildhaften Herangehensweise und Vorbereitung kann jeder dieser Verantwortung nachkommen. Der Alpenverein hat klare Regeln entwickelt, um sicherzustellen, dass Winterurlauber*innen die Schönheit der Alpen genießen können, ohne die Umwelt zu schädigen. Durch die Einhaltung dieser Regeln können wir sicherstellen, dass die Alpen auch für kommende Generationen ein magischer Ort bleiben.
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