Haglöfs ist bekannt als Spezialist für technische Outdoor-Bekleidung auf hohem Niveau. Mit sehr langlebigen Produkten, intelligenten Detaillösungen und hochwertigen, oft bluesign-zertifizierten Stoffen spielt der schwedische Hersteller in der oberen Outdoor-Liga.
Auch in Sachen Nachhaltigkeit ist Haglöfs weit vorn dabei. Die Maßnahmen, die sich über die gesamte Herstellungskette erstrecken, sind nachzulesen in Haglöfs eigener, sehr umfangreicher Nachhaltigkeitsdokumentation. Nun ist das mit den Eigenauskünften immer so eine Sache. Doch es werden überprüfbare Zahlen und Daten vorgelegt, und die „Quelle“ hat einen tadellosen Ruf zu verlieren. Dass Nachhaltigkeit bei Haglöfs kein Beiwerk, sondern tragende Säule ist, bestätigen und honorieren auch andere. So wurde das Unternehmen 2015 in Schweden zur nachhaltigsten Marke des Jahres gekürt. Es lohnt sich also, einen genaueren Blick auf die Nachhaltigkeitsstrategie von Haglöfs zu werfen.
Nachhaltigkeitsphilosophie von Haglöfs
Nachhaltigkeitsarbeit ist in der gesamten Wertschöpfungskette und in allen Aktivitätsbereichen des Unternehmens verankert. Das Reporting der eigenen Nachhaltigkeitsaktivitäten ist dementsprechend umfangreich. Es könnte allerdings hier und da durchaus kürzer gefasst sein, denn es ist auch ohne Ausschmückung genug Substanz vorhanden.
Seit 2008 ist Nachhaltigkeit Bestandteil aller Unternehmensprozesse. Eva Mullins, Sustainability Managerin bei Haglöfs, skizziert im Interview mit Sportmarkt.info wichtige Aspekte dieser Arbeit:
„In der Planungsphase prüft das Unternehmen umweltfreundliche Alternativen, die für die Entwicklung jedes einzelnen Produkts verwendet werden können. Mit klaren Zielen, der Mitgliedschaft beim bluesign-Standard und dem Bestreben, so weit wie möglich recycelte oder recycelbare Materialien zu verwenden, basiert der gesamte Prozess auf einer soliden Struktur. 2012 schloss sich Haglöfs der Fair Wear Foundation an, sodass das Unternehmen jetzt einen Partner hat, der hilft, die Arbeitsbedingungen bei seinen Herstellern zu verbessern.“
Umweltmaßnahmen der Nachhaltigkeit
Wenden wir uns der umfangreichen Berichterstattung auf der Haglöfs-Homepage zu. Diese ist nach 22 inhaltlichen Aspekten unterteilt, die alle in Zusammenhang miteinander stehen. Die Anordnung der Aspekte bzw. Themen ist jedoch nicht sonderlich strukturiert, abgesehen von der Konzentration der sozialen Aspekte im zweiten „Block“. Deshalb sind Reihenfolge und Struktur in der hier folgenden Zusammenfassung an einigen Stellen geändert.
Materialien
Das Ziel bei jedem Produkt ist, hohe Funktion und Leistungsfähigkeit bei möglichst geringen negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu erreichen. Das fängt bei den Grundmaterialien, also den „Zutaten“, einer Jacke oder eines Schlafsacks an.
Daune
Haglöfs verwendet nur Daunen, die nach dem Responsible Down Standard zertifiziert sind, und die man bis zum Bauernhof zurückverfolgen kann. Der Weg der RDS-Daunen wird von der Farm bis zum Haglöfs-Lager von unabhängigen Gutachtern überprüft. Haglöfs weist auf die Website trackmydown.com hin, auf der Kunden die Nummer ihres Produktes eingeben und Informationen über die Daunen in ihrem eigenen Produkt abrufen können.
Leder
Haglöfs arbeitet nur mit Gerbereien zusammen, die der Leather Working Group (LWG) angeschlossen sind und von dieser geprüft werden. Die LWG verpflichtet Lederhersteller und andere Interessengruppen zu sauberen Geschäftspraktiken. LWG-zertifizierte Gerbereien erzeugen weniger Schadstoffe und verbrauchen weniger Wasser und Chemikalien als herkömmliche Betriebe. Die meisten Haglöfs-Partner haben bei LWG-Audits den „Goldstatus“ erreicht.
Wolle
Haglöfs garantiert die Verwendung von ethisch-nachhaltig gewonnener Wolle und fordert von allen Wolllieferanten eine Zertifizierung nach IWTO (Internationale Wolltextilorganisation). Wann immer möglich verwenden sie recycelte Wolle – deren Herkunft dann allerdings nicht immer einfach zurückzuverfolgen ist.
Baumwolle
Hier gibt es ein klares Statement: „Für uns bei Haglöfs war die Entscheidung, für unsere Produkte ausschließlich Bio-Baumwolle zu verwenden, schon immer eine Selbstverständlichkeit.“
An dieser Stelle werden die Käufer auf ihre eigenen Beitragsmöglichkeiten angesprochen. Zu den Empfehlungen gehört der Kauf möglichst unvermischter Materialien und Gewebe, da diese leichter zu recyceln sind. Und natürlich die pflegliche Behandlung sowie die Rückführung ausgedienter Stücke ins Recycling statt in den Müll.
Recycling
Haglöfs strebt von Saison zu Saison einen immer höheren Anteil an recycelten Materialien an. So kommt in vielen Obermaterialien und Rucksäcken recyceltes Polyester, in Isolierungen recyceltes „Post-Consumer-Material“ und in Zwischenlagen und Zubehör recycelte Wolle zum Einsatz. Da es noch einige Hürden hinsichtlich Verfügbarkeit und Qualität gibt, kann noch nicht vollständig auf die meist kostengünstigeren Neumaterialien verzichtet werden.
Nachhaltiges Design
Das Design von Haglöfs-Produkten ist so gestaltet, dass Nachbehandlungen, Auffrischungen und Reparaturen möglichst einfach durchführbar sind. Besonders bei Reißverschlüssen, Knöpfen und Imprägnierungen wird hierauf geachtet. Die Optik wird „clean“ und „zeitlos“ gestaltet, sodass die Stücke nicht in der einen Saison “in” und in der nächsten “out” sind. Diese Maßnahmen helfen dabei, die Produkte langlebig zu machen. Weitere Bemühungen um mehr Recycling und nachhaltigeres Design fasst Haglöfs unter Labels wie „Second Chance“ und „Repairwear“ zusammen. Hinzu kommt die Initiative Care & Repair, die um die Mitarbeit der Kunden und Verbraucher wirbt.
Ein weiterer Ansatz zur effizienteren Ressourcennutzung ist die „Leftovers“ Serie. Diese umfasst bislang einen Schlafsack in limitierter Auflage und die gefütterten Mimic Mokassin Hüttenschuhe. Für Leftovers-Produkte werden Überbleibsel aus der Produktion verwendet, die normalerweise als „Verschnitt“ entsorgt würden. Die Materialien sind hierbei nicht weniger hochwertig als in der normalen Verarbeitung.
Solution Dyed: alternatives Färbeverfahren
Im Solution Dyed Verfahren wird die Farbe dem Material gleich zu Beginn, also bei der Herstellung und dem Spinnen der Fasern, hinzugefügt. Das Rohmaterial hat von Anfang an die richtige Farbe. Das spart etwa 80 % Wasser und 50 % Strom, da die konventionellen Farbbäder, die einen der materialintensivsten Bereiche der Stoffindustrie darstellen, nicht mehr benötigt werden. Die Farben sind zudem widerstandsfähiger gegen Abnutzung und Ausbleichen.
Mikroplastik
Zum Thema Vermeidung von Mikroplastik nochmals die Nachhaltigkeitsmanagerin Eva Mullins:
„Haglöfs setzt ausschließlich hochwertige Textilien und langlebige Konstruktionsmethoden ein, um die Faseremissionen der gekämmten Fleecestoffe auf ein Minimum zu reduzieren. Dazu arbeitet das Unternehmen aktiv mit Lieferanten zusammen, um die Stoffe bereits während der Kämmphase von Faserrückständen zu befreien. Diese werden anschließend in einem geschlossenen System zurückgewonnen und recycelt. So werden lose Fasern reduziert und es gelangen bei der späteren Wäsche durch den Verbraucher deutlich weniger Partikel ins Abwasser. (…) Mindestens einmal im Jahr kontrolliert ein Haglöfs-Mitarbeiter diese hohen Standards.”
Weitere Maßnahmen: Produktreihen wie die Essens– oder Mimic-Reihe stehen für Materialien mit minimaler Mikroplastik-Freisetzung. Haglöfs beteiligt sich im Rahmen von Kooperationen an der Erforschung des Themas. Und man bietet den Guppy Friend Laundry Bag online und in den Stores an. Der Waschsack stellt sicher, dass während der Wäsche keine losen Fasern ins Abwasser gelangen.
Fluorkohlenwasserstoffe
Mit Fuorkohlenwasserstoffen sind die berühmten PFCs gemeint, die wir hier zuletzt häufiger beleuchtet hatten. Haglöfs ist bei der Minimierung der PFCs sehr erfolgreich. 95 % des Sortiments sind entweder auf fluorcarbonfreie DWR (Durable Water Repellency) oder Alternativlösungen ohne DWR umgestellt. Die verbleibenden Modelle sind diejenigen mit den höchsten Leistungs- und Haltbarkeitsstandards, bei denen die Alternativen die technischen Anforderungen noch nicht erfüllen.
bluesign System
Haglöfs ist seit 2008 bluesign-Systempartner. Bluesign ist die strengste freiwillige Zertifizierung für Textil- und Materialhersteller. Für jedes Produkte wählt Haglöfs bevorzugt bluesign-zertifizierte Materialien. In der Frühjahr-Sommer-Kollektion 2018 waren 50 % aller Bekleidungsprodukte bluesign-zertifiziert. Damit gehört man zu den Spitzenreitern der Branche.
Der Fokus des bluesign-Systems liegt auf der Verwendung nachhaltiger Inhaltsstoffe in einem sauberen Prozess mit minimaler Wasser- und Luftemission, verbesserter Abwasserbehandlung und generell reduziertem ökologischen Fußabdruck.
Sustainable Choice Label
Sustainable Choice ist ein gut sichtbares Label, mit dem Haglöfs Produkte kennzeichnet, deren Herstellung und Design nachweislich nachhaltig sind. Das Etikett zeigt an, dass ein Produkt mindestens eines der Kriterien bluesign-Zertifizierung, Herstellung aus recyceltem Material oder Herstellung aus biologischer Baumwolle erfüllt. In der Herbst/Winter-Saison 2019 tragen 76 % der Bekleidung, 16 % der „Hardware“ und 25 % der Schuhe das Sustainable-Choice-Label. Man strebt an, diese Anteile kontinuierlich weiter zu erhöhen.
Anti-Odor-Behandlung
Geruchsbehandlungen ohne giftige und umweltschädliche Nebenwirkungen sind nicht einfach zu produzieren. Die Haglöfs-Lösung namens LAVA ist bluesign-zertifiziert und kommt ohne das Abtöten von Mikroorganismen aus. Sie verwendet stattdessen Zeolithe – mikroporöse Mineralien, die in vulkanischer Asche vorkommen und auch für Wasser- und Luftreinigungsfilter verwendet werden. Die LAVA-Zeolithe ähneln Schwämmen oder Bimssteinen und absorbieren den Schweiß auf ihren großen inneren Oberflächen. Bakterien können sich so nicht ansammeln und schlechte Gerüche bilden. Beim Waschen werden die Schweißpartikel ausgespült, die mikroporösen Zeolithe bleiben unbeschädigt in der Kleidung erhalten – und zwar bis über 50 Wäschen hinaus.
Partnerschaften und Kooperationen
Diesen Aspekt hat Haglöfs unter der Überschrift „Neue Initiativen“ zusammengefasst. Ausgewählte Beispiele für wichtige Partnerschaften und Kooperationen sind:
- bluesign
- Fair Wear Foundation (FWF)
- Europäische Outdoor-Gruppe (EOG)
- Skandinavische Outdoor-Gruppe (SOG)
- Forschungsprojekt BioInnovation
- Sustainable Apparel Coalition/Higg Index (SAC)
Ein übergeordnetes Ziel vieler dieser Mitgliedschaften ist laut Eva Mullins die Schaffung eines einheitlichen Bewertungssystem der Nachhaltigkeitsleistungen in Bekleidung.
Ökologischer Fußabdruck im Unternehmen
Die internen Maßnahmen umfassen alle Aspekte von den Dienstwagen und den Treffpunkten für Meetings und Konferenzen über die Energiequellen und Energieverbrauchswerte bis zu kleinsten Details wie der Herkunft von Obst und Kaffee an den Arbeitsplätzen.
Transportmittel und -Methoden werden mit Blick auf die Umweltauswirkungen gewählt und regelmäßig überprüft. Man arbeitet nur mit Logistikpartnern zusammen, die ein starkes Nachhaltigkeitsprofil einbringen.
Soziale Nachhaltigkeit
Da Haglöfs keine eigenen Produktionsanlagen und -Betriebe unterhält, liegt die Herausforderung in der Kommunikation mit den Partnern und Zulieferern. Laut Eva Mullins besteht sie zum großen Teil aus Überzeugungsarbeit:
„Wir müssen Lieferanten überzeugen, umweltfreundliche Materialien mit gleicher Funktionalität zu entwickeln und dafür praktikable Standards zu schaffen. Gleichzeitig fällt es vielen traditionellen Textilproduzenten schwer, sich an diese Forderungen anzupassen. Dazu müssen wir die langfristigen Vorteile von beispielsweise eigenen Wasseraufbereitungsanlagen und räumlich abgetrennten Nähereien, (…), hervorheben und auch die Lieferanten für unser Vorhaben gewinnen. Es ist schließlich unsere Aufgabe, die Konsumenten aufzuklären, warum sie für nachhaltige Produkte mehr Geld bezahlen sollen. Denn jedes nachhaltige Produkt, das nicht verkauft wird, kann auch nicht nachhaltig sein.”
Arbeitsbedingungen
Haglöfs ist Mitglied in der Fair Wear Foundation, deren Ziel es ist, die Arbeitsbedingungen in der Textil- und Bekleidungsindustrie zu verbessern. 2018 wurde man „für viele Jahre intensiver Arbeit mit dem „Leader”-Status ausgezeichnet – der höchstmöglichen Mitgliederkategorie.“
Der „Brand Performance“-Bericht der Fair Wear Foundation bewertet die Leistung von Haglöfs wie folgt:
„Haglöfs hat zukunftsweisende Ergebnisse in den wichtigen Performance-Indikatoren erzielt und bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Das Unternehmen hat 2017 acht Produktionsstätten überprüft und damit die Anzahl ihrer Kontrollen um fast 15 % auf 98 % gesteigert. Dadurch, und in Kombination mit einem Benchmark-Ergebnis von 79, hat Haglöfs den Leader-Status des FWF erreicht.“
Was sagen die (Branchen)Medien?
In der Branche und „Szene“ hat Haglöfs schon lange einen guten Nachhaltigkeits-Ruf. Der Blog Wandersüchtig berichtete schon 2013 über umfangreiche Nachhaltigkeitsaktivitäten. Im Norr Magazin erscheint zwei Jahre später ebenfalls ein positiver Bericht und zeigt, dass Haglöfs Zwischenziele erreicht und nicht nachgelassen hat. Dass auch weiterhin zunehmend in Nachhaltigkeit investiert wird, weiß das Branchenmagazin Textilwirtschaft zu berichten.
Das Nachhaltigkeitsportal Utopia weist in seinem Ratgeber für nachhaltige Sportkleidung darauf hin, dass Haglöfs zu den Marken gehört, die Bluesign-zertifizierte Materialien verarbeiten und Mitglied der Fair Wear Foundation sind.
Gemessen am beachtlichen Umfang der Haglöfs-Nachhaltigkeitsmaßnahmen ist das Medienecho eher gering. Es sieht sogar ein wenig nach verschenktem PR-Potential aus, da dürfte man durchaus guten Gewissens offensiver nach außen gehen. Schließlich handeln ja auch die meisten Mitbewerber nach dem Motto „tue Gutes und rede darüber“. Kurz gesagt, die Nachhaltigkeitsphilosophie und ihre Umsetzung können sich im Falle Haglöfs wirklich sehen lassen.