Wie können wir als Menschen, als Kunden und Konsumenten die Entstehung von Emissionen, Abfällen und Abwässern reduzieren? Wie können wir Ressourcen schonen und die Verschmutzung und Zerstörung unserer Umwelt möglichst gering halten?
Die Antworten auf diese Fragen sind vielfältig, teilweise sehr komplex und miteinander vernetzt: Ausbau regenerativer Energiegewinnung, effiziente Filtertechnologien, intelligente Verkehrskonzepte und gesetzliche Rahmenbedingungen, die Grenzwerte für Schadstoffe festlegen, sind dabei nur ein Bruchteil aller Maßnahmen.
Ein ganz anderer Ansatz wird in Sachen Umweltschutz allerdings von der kalifornischen Outdoor- und Bergsportfirma Patagonia verfolgt. Auf die Festlegung gesetzlicher Richtwerte und den Aufbau eines Windparks zur Stromerzeugung haben die meisten Bürger wenig Einfluss. Als Konsument und Kunde in einer „Wegwerfgesellschaft“ ist ihr Wirken dagegen unmittelbar verbunden mit Umweltschutz und Umweltzerstörung. Das bedeutet ganz einfach: wer viel kauft und viel wegschmeißt und dann wieder neu einkauft, zerstört die Umwelt in höherem Maß.
Um diese „Müllspirale“ zu durchbrechen, gibt es zwei Lösungen: entweder nichts mehr zu kaufen, was in der täglichen Praxis wohl eher unmöglich ist oder die Dinge die man kauft möglichst lange zu nutzen. Das wiederum bedeutet, die Waren, die man kauft, sollen langlebig, haltbar und von hoher Qualität sein. Damit man sie lange benutzen kann, müssen sie gut zu pflegen und einfach zu reparieren sein.
Die Neuentdeckung der Reparatur im Patagonia Worn Wear Program
Kein Mensch würde ein Auto wegen einer Reifenpanne in der Schrottpresse entsorgen. Bei einem kaputten Reißverschluss an der Regenjacke ist bei vielen Käufern die Entscheidung zugunsten eines Neukaufs schnell gefallen. Und genau an diesem Punkt setzt Patagonia mit seinem Worn Wear Program an, um Funktionstextilien zu reparieren, anstatt sie wegzuschmeißen. Da Patagonia nun mal Outdoorbekleidung herstellt und keine Küchenmaschinen oder Rasenmäher, liegt der Schwerpunkt des Programms auf ihren Funktionstextilien. Der grundsätzlichen Ansatz von Patagonia geht allerdings weit über ihren eigenen Tellerrand hinaus – die Idee des Reparierens soll in allen Bereichen der Menschen wieder neu Fuß fassen. Die erste Frage bei einem defekten Gegenstand sollte daher nicht sein „wo bekomme ich einen Neuen?“, sondern „wie lässt sich das denn reparieren?“.
Reparatur-Tour
Um die Lebensdauer der Patagonia Produkte zu verlängern und den ökologischen Fußabdruck jedes Einzelnen zu verkleinern, haben die Macher von Patagonia das Worn Wear Programm ins Leben gerufen. Dabei geht es nicht primär um die möglichst umweltfreundliche Herstellung und die Verwendung recycelter Rohstoffe (diese spielt bei Patagonia ohnehin eine elementare Rolle), sondern konkret um die Reparatur beschädigter Patagonia Artikel. Über 45 festangestellte Mitarbeiter reparieren allein in Nordamerika über 30.000 Jacken, Rucksäcke und Hosen. In Europa findet jedes Jahr eine Reparatur-Tour statt, bei der Patagonia Mitarbeiter mit mobilen Industrienähmaschinen kostenlose Reparaturen an beschädigter Outdoorbekleidung vornehmen. Die Marke der kaputten Regenjacken und Trekkinghosen spielt dabei übrigens keine Rolle.
Die Reparatur-Events sind natürlich auch eine gute Möglichkeit, um auf das Worn Wear Projekt aufmerksam zu machen, Pflegetipps und Reparaturratschläge zu geben und sich mit anderen Outdoorenthusiasten auszutauschen. Deshalb finden die Events auch immer in Zusammenarbeit mit lokalen Outdoorhändlern oder Kletterhallen statt und sind so in Europa gestreut, dass möglichst viele Kunden den Service in Anspruch nehmen können. Wem dagegen nur die Reparatur seiner Naht oder seines Knopfes am Herzen liegt, kann sich auch einfach an den Patagonia Reparaturservice wenden, der in Portugal eine eigene Filiale für die Kunden in Europa betreibt. Oft hilft es aber auch zunächst beim nächsten Patagonia Händler nachzufragen, da viele für die Ausführung von kleineren Reparaturen speziell geschult werden und kleine Schäden direkt vor Ort beheben können.
Beschädigte Outdoorbekleidung selber reparieren
Viele Reparaturen an gerissenen Nähten oder aufgeschlitzten Ärmeln sind gar nicht so schwer durchzuführen – wenn man weiß wie es geht. Deswegen bietet Patagonia im Rahmen seines Worn Wear Programms wertvolle Ratschläge, Tipps und Tutorials für häufig auftretende Reparaturen, die jeder mit einfachen Mitteln selbst erledigen kann. Dazu gehört beispielsweise eine einfache Anleitung, um ein gerissenes Hemd zu nähen, wie ein Kordelzug im Jackensaum ersetzt wird oder wie man ein Rad an seinem Rollkoffer austauscht. Mit genauen Pflegeanleitungen sorgt Patagonia außerdem für eine lange Lebensdauer der Outdoortextilien. Optimale Imprägnierung gehört dazu genauso, wie Tipps zur idealen Benutzung von Bügeleisen und Waschmitteln.
Re-use und Recycling im Worn Wear Programm
In Nordamerika können die Besitzer von gut erhaltener oder reparabler Patagonia Bekleidung ihre gebrauchten Jacken und Hosen an Patagonia zurück verkaufen. Die Ware wird daraufhin überprüft, gegebenenfalls repariert und auf jeden Fall gründlich gereinigt. Danach können die Artikel im Worn Wear Onlineshop von anderen Kunden wieder gekauft werden. Die wiederum dürfen ihre Second Hand Textilien gerne einige Zeit wieder an den Second Hand Onlinestore zurück verkaufen, und so weiter, und so weiter,… – bis irgendwann tatsächlich der Punkt erreicht ist, an dem eine Reparatur keinen Sinn mehr macht oder in manchen Fällen einfach nicht mehr möglich ist.
Aber selbst dann wird ein Patagonia Produkt nicht einfach auf einer Mülldeponie landen. Stattdessen können alle Patagonia Artikel bei den entsprechenden Händlern oder bei Patagonia direkt zum Recycling abgegeben werden. Schon beim Design und bei der Auswahl der Materialien berücksichtigen die kreativen Entwickler bei Patagonia die möglichst einfache Recyclebarkeit ihrer Produkte. Dadurch kann zum Beispiel aus einem alten und total zerschlissenen Fleecepulli ein nagelneuer Fleece entstehen. Recycling ist natürlich kein ganz neues Thema, aber der Unterschied zu anderen Firmen liegt darin, dass Patagonia in seinem Recyclingprozess auch tatsächlich die eigene Ware selbst recycelt und nicht weitergibt und aus anderem recycelten Material neue Artikel herstellt.
Repariert!
Wie viele Tonnen Rohstoffe, wie viel Energie und wie viele Kubikmeter Wasser durch die Worn Wear Initiative bereits eingespart werden konnten, lässt sich nicht genau berechnen. Allein die Reparatur von mehreren hunderttausend Produkten in den Reparaturzentren, die dadurch nicht im Müll gelandet sind, ergibt ein gigantisches Volumen. Durch die Öffentlichkeitsarbeit und den Appell des Worn Wear Programms, die Lust am Reparieren zu erwecken, geht das Ganze weit über den Rahmen der Outdoortextilien und Bergsportbekleidung hinaus. Mit jedem Menschen, dem Patagonia mit seinem Worn Wear Program ein wenig die Augen öffnen kann und zu einem veränderten Blickwinkel auf die „Wegwerfgesellschaft“ verhilft, sind die engagierten Kalifornier ihrem Ziel, unseren gemeinsamen ökologischen Fußabdruck auf der Erde zu minimieren, ein großes Stück näher gekommen.
4 Comments on the Article
Ich finde euer Reparaturprigramm echt super. Mein Daunenmantel Jackson hat ein kleines Brandloch vom Osterfeuer. Habt ihr dafür passende Bügelflicken oder ähnliches?
Liebes team, meine Patagonia-Daunenjacke hat im Lauf der Zeit viel von ihrer Füllung verloren und wärmt nicht mehr wie früher. Bietet Patagonia eigentlich auch an, die Jacke wieder aufzufüllen? Danke!
Liebes Team, ich habe einen neuen Patagonia Mantel. Leider habe ich festgestellt das dieser ein neues Modell ist und mir bis zum Knie geht. Ist es möglich dieses Mantel Oberschenkellang zu kürzen? Liebe Grüße Frau Marks
Was mache ich mit meiner Jacke hellgrau , unten ein Loch ,3 -4 cm am Rand