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Die Natur Schottlands bietet viele atemberaubende Landschaften.

Schottland: Wandern für jeden Geschmack

Inhaltsverzeichnis

An den nördlichen Rändern wird Europa wild, rau und geradezu dramatisch schön. Das gilt nicht nur für Skandinavien, sondern auch für Schottland. In Sachen Charakter, Flair und Geschichte dürfte das uralte Königreich sogar an der weltweiten Rangliste schöner Gegenden weit vorn stehen. Nicht umsonst ist Schottland der Schauplatz zahlreicher großer Romane und Verfilmungen – von historisch inspirierten Stoffen wie Braveheart und Rob Roy bis zu Fantasy-Epen wie Highlander und Harry Potter. Allein diese Filme haben zahllosen Menschen den unvergleichlichen Reiz Schottlands schmackhaft gemacht. Damit eignet sich Schottland als tolles Ziel zum Wandern für Jung und Alt!

Trotz seiner Randlage ist Schottland schnell und einfach für Wanderer erreichbar. Die Zugangsstraßen sind ebenso gut ausgebaut wie die Infrastruktur vor Ort. Es gibt mit Glasgow und Edinburgh gleich zwei von ganz Europa aus direkt angeflogene Metropolen, von denen wiederum das Straßen- und Schienennetz zügig in alle Landesteile führen. Das westlich gelegene Glasgow eröffnet den Zugang zu den West-Highlands und der Fjordküste, während die an der Nordsee gelegene schottische Hauptstadt Edinburgh das Tor zum zentralen und östlichen Teil Schottlands mit seinen eher weitläufigen Landschaften ist.

Naturräumlicher Überblick

An Landschaftsformen kommt so gut wie alles vor: Moore, Heiden, Wälder, Bergkämme, Einzelberge, Täler, Plateaus, Schluchten und Seen in allen Größen. Die Fläche Schottlands kann man in drei breite, von Südwest nach Nordost verlaufende Streifen unterteilen. Der “unterste” Streifen besteht aus den Lowlands, die sich um die beiden Großstädte Glasgow und Edinburgh erstrecken und in denen etwa 40 % der 5,5 Millionen Schotten leben. Die Lowlands werden 20 Kilometer nördlich von Glasgow von den Grampian Mountains abgelöst, dem größten und von steinigen Hochebenen durchzogenen schottischen Gebirge. “Hinter” den Grampians – die übrigens nicht mit ihrem australischen Namensvetter zu verwechseln sind – folgt der tektonische Graben von Glencoe. Diese Talspalte zieht sich schnurgerade von Fort William am Atlantik nach Inverness an der Nordsee. Sie markiert mit 96 km Länge die schmalste Stelle Schottlands und beherbergt neben anderen Seen das berühmte Loch Ness.

In den Wanderregionen Schottlands liegt auch im März und April oft noch Schnee.
In den Wanderregionen Schottlands liegt auch im März und April oft noch Schnee.

Jenseits von Glencoe schließen sich dann die West-Highlands und die Northwestern Highlands an. Die äußere “Umrahmung” des Ganzen bilden die atlantischen Inselgruppen der inneren und äußeren Hebriden. Die zu den inneren Hebriden gehörende und über eine Straßenbrücke erreichbare Insel Skye ist ein Top-Tourismusziel. Neben der wilden Küste sind vor allem die Schloss- und Burgruinen vor dramatisch zerklüfteter Landschaft beliebte Fotomotive.

Als weitere grobe Unterteilung der schottischen Landschaft lässt sich sagen, dass die Berggipfel von Ost nach West steiler und eindrucksvoller werden, dafür aber auch die Wolken und der Regen zum Atlantik hin immer häufiger und dichter werden. Womit wir bei den unterschiedlichen (Wander)Regionen wären.

Wanderregionen in Schottland

West Highlands und Grampians

Dass Schottland ein sehr lohnendes und reizvolles Ziel zum Wandern ist, hat sich herumgesprochen. Von Bergtouren und Klettertouren bis zu Fernwanderstrecken und Spazierwegen um die idyllischen Ortschaften ist für jeden Geschmack etwas dabei. Das Netz der Wanderwege wird dementsprechend seit Jahrzehnten ausgebaut, und zwar in aller Regel mit Vernunft und Augenmaß. Besonders gut erschlossen und ausgewiesen sind die traumhaften Wanderregionen der Nationalparks Trossachs und Cairngorms sowie die südlichen West Highlands. Hier befinden sich auch einige der bekannten Fernwanderwege wie West Highland Way und Great Glen Way.

Die Grampian Mountains oder auch Grampians bilden den mittleren und östlichen Landesteil Schottlands. Ganz unten im Süden reichen sie bis zur westlich von Glasgow gelegenen Atlantikküste. In diesem äußeren Süd- und Westteil liegt auch Fort William, das Zentrum des schottischen Bergsports zu Füßen des Ben Nevis (1344 m), des höchsten Bergs der britischen Inseln. Dass sein Gipfel etwa 360 Tage im Jahr in Wolken steckt, schien kein Hindernis für den Bau eines mittlerweile wieder aufgegebenen Observatoriums gewesen zu sein. Ebenfalls kein Hindernis ist das notorisch schlechte Wetter für den ganzjährigen Betrieb in den Ridges und Gullies der bis zu 500 Meter hohen Nord- und Ostwände des Berges. Hier geht es im Winter mit schwerer Kletterei, senkrechtem Eis, Pickel, Steigeisen und Spindrift hochalpin zur Sache.

In einigen Gegenden der West und Northwest Highlands ist die Bezeichnung Wildnis kaum übertrieben. Vor allem in den Northwest Highlands stößt man bisweilen auf hunderte von Quadratkilometern Land, in dem es außer Wander- und Hirtenpfaden keine menschlichen Spuren gibt. Ein bekanntes Beispiel für solch wildes Terrain ist Knoydart an der mittleren Westküste. Auch weiter nördlich in Assynt und in Sutherland kann man tagelang ohne Markierungen und Begegnungen mit Menschen umherstreifen. In diesen Gegenden werden viele es vorziehen, sich einer organisierten Tour anzuschließen.

Inselgruppen

Schottland ist von mehreren Inselgruppen umgeben: die Hebriden im Westen sowie Orkney und Shetland im Norden. Ein Magnet für Wanderer in Schottland ist die innere Hebriden-Insel Skye. Dort stellen die Berggipfel nicht nur hinsichtlich der Aussprache ihrer Namen hohe Ansprüche, sondern gehören auch zu den steilsten und bergsteigerisch herausforderndsten in Schottland. Eine populäre bergsteigerische Prüfung ist die “Black Cuillin Ridge Traverse”. Außerdem stoßen Besucher auf Skye nördlich der einzigen Stadt Portree auf zwei der berühmtesten Fotomotive Schottlands: die Felsnadel Old Man of Storr und die wilde Küsten- und Bergformation Quiraing.

Die Felsformation Quiraing darf in keinem Fotobalbum fehlen.
Die Felsformation Quiraing darf in keinem Fotobalbum fehlen.

Eigenheiten und Spezialitäten

Schottland ist ebenso wie der Rest der britischen Inseln berühmt für seine lange Geschichte mit reicher Kultur und vielen, bisweilen skurrilen Traditionen. Und natürlich auch für eine ausgeprägte und ureigene Mentalität seiner Bewohner, die man vielleicht als “tough” zusammenfassen könnte.

Da letztlich so gut wie alles speziell und eigen ist, beschränken wir uns auf diejenigen Eigenheiten, die Bergfreunde und Wanderer für Touren in Schottland kennen sollten.

Zum ersten wäre da die eben schon erwähnte Wildheit der Natur, die man schnell unterschätzt, weil es ja “nur” Europa ist und nicht Nordamerika oder Zentralasien. Dementsprechend wird auch die Größe und Weite der Landschaft gern unterschätzt. In den unbewaldeten Gebieten gibt es oftmals weit und breit keinen Unterstand, der Schutz vor den Elementen bieten könnte. Mangelhafte Tourenplanung oder fehlende Ausrüstung hat deshalb schon viele Wanderer in brenzlige Situationen fernab von Hilfe gebracht.

Dunkle Wolken sind über der Isle of Skye in Schottland keine Seltenheit.
Dunkle Wolken sind über der Isle of Skye in Schottland keine Seltenheit.

Das raue Klima Schottlands ist hingegen allgemein – auch unter Wanderern – bekannt. Zwar mildert es der Atlantik mit dem Golfstrom ab, dafür sorgt er aber auch für viel Regen und Feuchtigkeit. Und da wir uns hier immerhin schon zwischen dem 55. und 60. nördlichen Breitengrad bewegen, ist die Abmilderung eher relativ zu sehen. Für Bergfreunde bedeutet das: Nebel zieht sehr rasch auf, Flüsse steigen nach Regenfällen sehr stark an und Schnee kann auch im Sommerhalbjahr für Überraschungen sorgen. Schlechtes Wetter kann zu jeder Jahreszeit lang anhalten und zum mentalen Problem werden, das auch körperlich Wirkung zeigt. Abgesehen davon, dass Nässe, Wind und Kälte ohnehin zu schnellerer Erschöpfung führen.

Munros, Corbetts und Grahams

Eine klassisch schottische Originalität ist die Unterteilung der heimischen Berge in “Munros“, “Corbetts” und “Grahams“. Bei den Munros handelt es sich um Berge, die höher als 3000 Fuß (= 914 m) sind, Corbetts sind Berge zwischen 2500 und 3000 Fuß und Grahams sind zwischen 2000 und 2500 Fuß hoch. Je nach Eigenständigkeit und Schartenhöhe werden die Berge in weitere Kategorien wie “Munro-Tops” oder “Donalds” eingeordnet. Oder sie firmieren unter weiblichen Namen wie “Fiona” und “Marilyn“. Als Marilyns werden Berge und Hügel beliebiger Höhe bezeichnet, die ein freies Gefälle von mindestens 150 Metern nach allen Seiten aufweisen. Sie ragen also in Bezug zu ihrer Umgebung relativ hoch auf.

In den Grampians finde sich viele sehr naturbelassene Abschnitte.
In den Grampians finde sich viele sehr naturbelassene Abschnitte.

Angesichts der vielen (hier aus Platzgründen nicht vollständig durchdeklinierten) Kategorien und Unterscheidungen sind die Zuordnungen von Gipfeln nicht immer eindeutig bzw. werden nicht immer konsequent von allen Beteiligten “eingehalten”.

Die Schotten wären wohl nicht die Schotten, wenn sie hier nicht Sport, Spiel und Sammelleidenschaft hineingebracht hätten. So war Sir Hugh Munro im 19. Jahrhundert nicht nur der erste Ersteller einer vollständigen Munro-Liste, sondern auch der erste Sammler dieser Gipfel. Und damit der erste “Munro Bagger“, zu Deutsch “Munro-Einsacker” oder -Sammler. Allerdings war nicht er der erste “Munroist” mit allen 283 (heute 282) Gipfeln in der Tasche, sondern ein gewisser Reverend A.E. Robinson anno 1901. Heute gibt es um die 38.000 Komplettisten, die sich nach erfüllter Mission in der Regel online in der Liste der Munroisten verewigen.

Der höchste Munro ist bekanntlich der Ben Nevis mit 1344 m, der Schwierigste mit Kletterstellen im 3. Grad trägt den passenden Namen Inacessable Pinnacle und befindet sich auf der Insel Skye.

Und ja, es gibt auch das Corbett-Bagging, denn wo es eine erste Liga an Gipfeln und Sammlern gibt, muss es auch eine Zweite geben. Mit den Corbetts ist man sogar schneller durch als mit den Munros, denn von ihnen gibt es “nur” 222. Am längsten dürfte es mit der Vollendung der Marylin-Liste dauern, denn von denen gibt es 1556.

Midges

Kommen wir nun zu einer unangenehmen Spezialität, den Midges. Vor diesen kleinen, blutsaugenden Fliegen gibt es in den Hochsommermonaten Juli und August kaum ein Entkommen. Sie warten bevorzugt an windstillen, schattigen Plätzen auf Wanderer und fallen dann in Schwärmen über diese her. Normale chemische oder elektrische Mückenmittel helfen kaum weiter. Abhilfe schafft abgesehen von fallenden Temperaturen nur eine leichte Brise. Oder die Kombination aus einem sehr dichten Mückennetz fürs Gesicht und der Feuchtigkeitscreme “Skin so Soft”, die man in den Wanderläden in Schottland kaufen kann. Als Midges-Faustregel gilt: Die etwas trockeneren Gebiete im Osten und in den Central Highlands sind weniger “verseucht” als der Westen.

Mentalität und Outdoor-Ethik

Bei den Eigenheiten Schottlands dürfen natürlich die Eigenheiten der Schotten nicht fehlen. Denn die bringen die ohnehin schon toughe Alpin-Mentalität der Briten nochmals auf die nächste Stufe. Sie leben ja auch mit nochmals schlechterem Wetter. Und mit kleinen aber feinen Bergen, die im Winter richtig hochalpin werden können. Und dann besonders gern von den Schotten bestiegen werden. Bergfreund Fritz Miller hat diese Grundeinstellung in einem Bergfreunde-Artikel über das Winterbergsteigen in Schottland folgend zusammengefasst: “Nebel und Schnee tragen zur Unterhaltung bei”.

Wildcampen ist in Schottland fast überall erlaubt.
Wildcampen ist in Schottland fast überall erlaubt.

Wandernden Touristen kommt die sehr sportliche Britisch-Schottische-Mentalität zugute, denn dadurch ist die lokale Infrastruktur gut auf die Bedürfnisse von Outdoorern und Bergfreunden ausgerichtet. Die Fülle und Qualität an Touren und Wegen ist ebenso hoch wie die an Informationen. Es gibt sehr viele gut aufbereitete Artikel, Bücher, Führer und Websiten. Natürlich auch vor Ort, vor allem in Zentren wie Fort William.

Eine weitere gute Nachricht ist, dass die Sache mit dem Wildcampen bergfreundefreundlich gehandhabt wird, wie Bergfreundin Lisa folgendermaßen für uns geklärt hat:

“In Großbritannien gibt es keine einheitliche Regelung zum Thema Wildcampen. So haben England, Wales und Schottland gänzlich unterschiedliche Gesetze. Richtig erlaubt ist das Wildcampen jedoch nur in Schottland. Dort ist das Verhalten in der freien und wilden Natur durch den Scottish outdoor access code geregelt. Hierbei handelt es sich um eine Art verbindlichen Verhaltenskodex mit allen wichtigen Do’s und Dont’s. Selbstverständlich gibt es auch hier Orte wie Naturschutzgebiete oder Privatgrund, die gesonderten Regelungen unterliegen, außerhalb dieser Gebiete ist das Zelten und Biwakieren jedoch für eine Nacht erlaubt.”

Aufgrund dieser “nutzerfreundlichen” Regelungen lassen sich die Highlands auch gut im Rahmen von Fernwanderungen und Trekkingtouren erkunden. So hat unter anderen auch eine Delegation der Bergfreunde vor fast zehn Jahren schon nachgewiesen, dass ein mehrtägiges, abenteuerliches Trekking in Schottland möglich ist. Den spannenden Bericht gibt’s ebenfalls hier im Basislager.

Weitere Informationen

Zum Schluss drei Surftipps, damit die nächste Wandertour in Schottland garantiert ein Volltreffer wird:

Das britische Wanderlust Magazine mit den “13 besten Hikes” von Schottland.

Walkhighlands – komplettes Infoportal rund um das Wandern in Schottland.

Mountaineering – umfassendes Infoportal für Wandern, Klettern, Camping und Winterbergsteigen.

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Bergfreund Stephan

“Flat is boring”, dachte ich mir als Kind des Flachlands immer. Bergsport war die Lösung des Problems. Aber nicht aller Probleme, wie ich beim Durchwursteln der Disziplinen von Bouldern bis Hochtouren herausfand. “Egal”, dachte ich mir und fühle mich heute bei alpinen Touren mit leichtem Gepäck sauwohl.

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