Steht man im Februar am Flughafen und fragt die Menschen, wo es denn hingehen soll, hört man meistens, dass die Reise in wärmere Gefilde führen. Man ist dann fast selbst überrascht, wenn man realisiert, dass am Zielort möglicherweise noch eine Hose übergezogen werden muss. Denn unser Ziel liegt im hohen Norden. Wir starten in München, und landen etwa drei Stunden später im eisigen Tromso in Norwegen. Die offizielle Skitouren-Saison beginnt in den Lyngen Alpen, einem der bekanntesten Skitouren-Ziele im Norden, eigentlich erst im März, wenn die Tage wieder länger werden und die Temperaturen nicht mehr ganz so frostig sind. Doch dann steigen nicht nur die Temperaturen, sondern auch die Preise der Unterkünfte.
Deshalb ist es durchaus eine Überlegung wert, die Reise vor der eigentlichen Saison zu planen. Man wird belohnt mit einsamen, schneebedeckten Hängen, kaum Touristen und einem richtigen Wintererlebnis. Beachtet man ein paar simple Regeln, dann macht auch ein Urlaub in der Kälte Spaß.
Packliste für die Skitour in Lyngen
Kleiden sollte man sich am besten nach dem Zwiebelprinzip. Die unterste Schicht aus Merinowolle hält uns warm, verhindert, dass wir übermäßig schwitzen, und bietet ein gutes Körperklima, ohne dabei unangenehmen Geruch zu entwickeln. An besonders kalten Tagen greifen wir auf dickere Wollkleidung zurück.
Isolationsschichten aus Daunenwesten oder Daunenjacken schirmen Dich vor der Kälte ab und bieten Komfort. Auch ein Daunenrock oder eine Daunenhose über der Skitourenhose hält noch mal einiges an Isolationspower bereit. Die Skitourenhose wird je nach Wetterlage gewählt. An einem stürmischen Tag ist es vernünftig, auf eine Hardshellhose zurückzugreifen, da diese den Windchilleffekt deutlich reduziert. Und vom Wind hatten wir im Februar durchaus einiges!
Standardausrüstungsgegenstände wie Hardshelljacke, aufgeladenes Mobiltelefon, Wechselklamotten, Mütze, Schal und Handschuhe gehören genauso in den Rucksack wie die verpflichtende Lawinenausrüstung.
Zwar ist die Rettung im Notfall in Norwegen kostenlos und wird von der norwegischen Polizei organisiert, man sollte jedoch bedenken, dass aufgrund der Wetterlage oft kein Hubschrauber in die einsamen Gegenden fliegen kann. Ein Biwaksack kann im Notfall Leben retten.
Da die Tage noch etwas kürzer sind, ist auch eine Stirnlampe empfehlenswert.
Unterkünfte und Budget
Neben der Saison ist die Auswahl der Unterkünfte etwas einfacher, da es meistens genug freie Kapazitäten gibt. Die sogenannten „Hytter“ gibt es in jeder Größe und Preiskategorie. Eines haben die meisten gemeinsam: für Bettwäsche und Handtücher zahlt man einen Aufpreis von etwa 200NOK, was umgerechnet etwa 20€ sind. Hat man Platz im Koffer, kann man sich das sparen. Auch die Endreinigung wird mit 100€ berechnet, es sei denn, man putzt selbst.
Als optimalen Ausgangspunkt wählen wir den kleinen Ort Svensby, der etwa 1,5 Stunden (inklusive Fährüberfahrt) von Tromso entfernt liegt. Koppangen und Lyngseidet sind weitere bekannte Orte, die als Ausgangspunkt dienen können, je nachdem, in welcher Ecke man gerne touren möchte. Bei der Tourenplanung muss man eventuelle Fährüberfahrten und damit verbundene Kosten sowie Wartezeiten einberechnen. Da die meisten Mietautos mit dem Autopasschip ausgestattet sind, kommt das etwas billiger. Mit dem Autopasssystem durchfährt man Mautstellen und Fähren problemlos. Über die registrierte Autonummer bekommt man dann eine Rechnung. Sowieso ist es in Norwegen besonders einfach, alles bargeldlos zu begleichen. Auch eine Waffel wird mit Karte bezahlt.
Praktisch ist, dass die Mietwagen hier mit Spikereifen ausgestattet sind. So muss man sich bei den Schneefahrbahnen überhaupt keine Gedanken machen.
Budgetplanung für die Skitouren in Lyngen
Flüge ab München ca. 500€ pro Person inklusive Sperrgepäck (kann je nach Fluggesellschaft variieren)
Unterkunft für eine Woche ohne Endreinigung von 500-1000€
Mietwagen für eine Woche 300-800€ je nach Größe
Verpflegung ist doppelt bis dreifach so teuer wie in Deutschland
Sonderausgaben wie Maut, Fähren und Parkplatzgebühren mit einbeziehen
Skitourenplanung Lyngen
Hat man sich dann endlich durch alles Organisatorische gemüht, wird es Zeit, die Ski anzuschnallen. Vor jeder Tourenplanung ist es unumgänglich, den täglichen Lawinenbericht und das Wetter zu checken. Da die Lyngen Alpen in Küstennähe liegen, kann sich das Wetter innerhalb von Minuten ändern, und aus einem sonnigen Tag wird ein ausgewachsener Schneesturm. Zudem sollte man vor jeder Tour seinen Vermietern Bescheid geben, welches Ziel man hat, und wann man ungefähr zurückkehren möchte. Das ist eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme.
Ist man die Skitouren in den bayrischen und österreichischen Alpen gewohnt, dann wird man überrascht sein, dass sich in Norwegen 700 Höhenmeter anders gestalten als in den Alpen. Wählt man nicht die steilsten Rinnen, dann sind die meisten Skitouren in Lyngen sehr ausgedehnt. Mit dem begrenzten Tageslicht kann es so durchaus sportlich werden, den Gipfel auch zu erreichen. Sollte es mal nicht bis auf den Gipfel gehen, muss man sich in Lyngen aber keine Sorgen machen. Eine tolle Aussicht auf Fjord und Fjell gibt es meistens schon von weiter unten.
Wir entscheiden uns für gemütliche, anfängerfreundliche Touren in flacheren Gebieten.
Skitour 1 in Lyngen – Erikaksla
Die relativ kurze und lawinensichere Tour ist der ideale Anfang, um sich mit der Umgebung vertraut zu machen. Sie bietet sich auch bei schlechterem Wetter an. Abgesehen vom Gipfelaufschwung bleibt die gesamte Tour unter 30 Grad Steilheit. Ausgangspunkt ist die Schule in Sorlenangen, bei der man am Wochenende kostenlos parken kann. Unter der Woche gibt es einen kleinen Parkplatz an der Straße. Direkt hinter der Schule starten wir in den lichten Birkenwald und spuren zielstrebig auf den Rücken. Sobald man den Wald hinter sich gelassen hat, genießt man auch schon den ersten Ausblick auf den Fjord mit den dahintergelegenen Bergen. Sanft zieht sich der Rücken bis zum Gipfel.
Wir folgen einer seltsamen Skispur, es stellt sich heraus, dass Norweger auch gerne mal mit Langlaufski den Berg hochrennen. Kurz vor dem Ziel müssen wir jedoch umkehren, da sich ein dicker Schneeschauer vom Meer auf uns zu bewegt. Auch der Norweger fetzt mit den Langlaufski runter. Kaum am Auto angekommen, schneit es dicke Flocken und die Sicht ist weg. Auch ohne Gipfel, ist die Tour lohnenswert.
Fakten: 740 Höhenmeter bis zum Gipfel, Distanz 9km, Dauer ca. 3-4 Stunden
Skitour 2 in Lyngen – Rorneshytta mit Optionen auf Kavringstinden und Rornestinden
Diese Tour lockt mit malerischen Ausblicken und vielen Höhenmetern. Dafür sollte man ein wenig Ausdauer mitbringen. Zudem ist das Gebiet recht windig und es kann schnell ziemlich kalt werden. Ausgangspunkt ist ein gebührenpflichtiger Wanderparkplatz oberhalb von Lyngseidet, direkt an der Langlaufloipe. Wir starten in einen idyllischen Wald mit Buchen und Birken, durchqueren eine Mulde mit einer kleinen Hütte, bis wir zur Skihytta kommen. Schon von hier aus hat man einen sagenhaften Ausblick auf den Fjord und bekommt, sofern man zeitig dran ist, sogar noch ein paar Sonnenstrahlen ab. Die nächste Etappe führt über einen sanften Rücken bis zur Rorneshytta. Sie liegt in einer Mulde zwischen dem linksgelegenen Kavringstinden und dem gegenüberliegenden Rornestinden. Passen die Verhältnisse gut, dann kann man hier mächtig Höhenmeter sammeln, wenn man beide Gipfel besteigt. Da es an unserem Gipfeltag eiskalt und windig ist, beschließen wir, unser Ziel auf die Rorneshytta zu verlegen. Auch in den Wintermonaten sind viele solcher Schutzhütten geöffnet und mit Feuerholz ausgestattet. Der warme Kamin kam uns an diesem Tag genau recht.
Fakten: 700 Höhenmeter bis zur Rorneshytta, 1700 Höhenmeter mit Gipfeln, Distanz 14km, Dauer ca. 6 Stunden
Skitour 3 in Lyngen – Russelvfjellet
Ganz im Norden von Lyngen befindet sich der kleine Ort Nord-Lenangen, quasi die Endstation der Halbinsel. Direkt neben der Straße liegt der kostenlose Parkplatz, von wo aus es los geht. Wieder schlängeln wir uns durch einen lichten Birkenwald und überqueren mit Hilfe einer Brücke den kleinen Bach. Nun quert man den langen Hang, um auf die andere Seite des Berges zu gelangen. Stimmen die Verhältnisse, lässt sich der Grat direkt erklimmen. Wir entscheiden uns für eine entspannte Variante und ziehen den sanften Hügel vor. Der Gipfelaufschwung wird nochmal etwas steiler, am Ende wird man aber mit einer fantastischen Aussicht in alle Richtungen belohnt. Hat man mehr Zeit und Tageslicht, lässt sich die Tour auch noch ausdehnen.
Fakten: 1120 Höhenmeter bis zum Hauptgipfel, Distanz 10km, Dauer ca. 5,5 Stunden
Skitour 4 in Lyngen – Stormheimfjellet
Nächtigt man auf der anderen Seite des Fjordes, braucht man hier die Fähre, um zum Ausgangspunkt in der Nähe von Ramfjordbotn zu gelangen. Der langgezogene Rücken erfordert Ausdauer und Geduld. Man hat das Ziel quasi immer vor Augen, ohne dass es sichtbar näher rückt. Die lawinensichere Tour beginnt am kostenlosen Wanderparkplatz direkt neben der Straße und führt die ersten Höhenmeter durch romantischen Birkenwald. Schon bald kann man den Ausblick auf den Fjord genießen.
Jetzt heißt es dranbleiben und geduldig weitermarschieren. Als Wegweiser dient ein Rentiergeweih, das auf einen Stock gebunden wurde. Der Ausblick vom Gipfel eröffnet neue Perspektiven. Nimmt man im Tal nur einen kleinen Teil der Umgebung wahr, da die mächtigen Berge die Sicht einengen, so blickt man vom Gipfel hinunter in Fjorde, kleine Ortschaften und einsame Wege. Über die freien Hänge macht das Abfahren doppelt so viel Spaß.
Fakten: 1000 Höhenmeter, Distanz 11km, Dauer ca. 5 Stunden
Alternativprogramm am Ruhetag
Man mag es gewohnt sein, viele Höhenmeter abspulen zu können. Jedoch ist es etwas ganz anderes, dasselbe Programm bei anderen Temperaturen zu absolvieren. Die Kälte zehrt an den Energiereserven und macht den Körper müde. Warme Getränke und viel Brotzeit sind daher umso wichtiger. Und auch für einen Ruhetag bietet die Gegend einiges.
Tromso lockt mit ein paar interessanten Museen, darunter das Kunstmuseum und das Polarmuseum. Kleine Cafés laden mit Kakao und Zimtschnecken zum Verweilen ein. Eine Woche im Februar steht ganz im Zeichen der Sami, der indigenen Bevölkerung Norwegens. Dann ist die Innenstadt voll mit Attraktionen rund um Tradition, Rentiere und gutes Essen. Das Highlight ist das sonntägliche Rentierrennen, das mitten durch die Stadt führt. Die langen Nächte, um 17 Uhr ist es nämlich komplett dunkel, schaffen viel Raum für Gemütlichkeit, entspannende Saunagänge, ruhige Abende mit Freunden oder einem guten Buch. Langweilig wird es auf jeden Fall nicht, auch wenn auf den ersten Blick scheinbar nichts los ist. Und es ist ja auch mal ganz entspannend, dem Trubel der Welt zu entfliehen, Ruhe in der Natur zu suchen und einfach mal abzutauchen. Und das geht nirgends besser als in der verschneiten, norwegischen Winterlandschaft!