Immer wieder sehe ich Personen, die am Wandfuß oder in der Boulderhalle stehen und ihre Hände nach oben halten. Dabei wird nicht selten wild in der Luft herumgewunken, irgendwelchen anderen Jungs und Mädels nachgeschaut und generell versucht einen möglichst lässigen oder aber auch überernsten Eindruck zu machen. Nicht selten steht der eine zu weit weg von der Wand, mal zu nahe dran, gerne auch noch verbunden mit dem Spruch: „Dir kann nix passieren, ich steh‘ direkt hinter dir.“ Keine Frage, so geht gutes Spotten beim Bouldern und Klettern nicht. Und ja, nicht alle, die spotten machen ihren Job schlecht, so ist das wirklich nicht. Aber wie so oft fallen vor allem die auf, die es eben nicht können.
Wie ihr aber beim Klettern und Bouldern richtig spottet, wann ihr es vielleicht auch lieber bleiben lasst und welche Do’s und Dont’s es beim Spotten gibt, verrät euch dieser Beitrag.
Worum geht es beim Spotten eigentlich?
Spotten beim Klettern und Bouldern bedeutet in erster Linie, dass man als Sicherer bzw. als Person, die gerade nicht an der Wand ist, auf den Partner aktiv aufpasst und ihn bei einem Sturz in Bodennähe so lenkt, dass er sich beim Aufkommen nicht verletzt. Die Vorgehensweisen beim Bouldern und beim Klettern mit Seil sind hier recht ähnlich, unterscheiden sich jedoch in ein paar Details, die wir später noch klären werden.
Wann wird beim Bouldern und Klettern gespottet?
Vereinfacht: Gespottet wird immer nur dann, wenn für den Kletterer bei einem Sturz (in Bodennähe) eine konkrete Verletzungsgefahr ausgeht und der Spotter in der Lage ist durch Eingreifen zu helfen und sich nicht selbst gefährdet.
Bouldern am Fels
Beim Outdoor-Bouldern liegt eine der Hauptaufgaben des Partners darin, das Crashpad bei Bedarf neu zu positionieren. So kann der Boulderer immer auf der Matte landen. Gut ist es auch, darauf zu achten, dass er möglichst mittig aufkommen kann, denn beim Aufkommen auf der Kante kann man ziemlich fies umknicken und sich die Bänder verletzen.
Darüber hinaus solltest Du beim Spotten am Fels nicht nur darauf achten, dass Dein Partner auf dem Crashpad aufkommt, sondern auch darauf, dass er sich nicht den Kopf an anderen Felsen, Bäumen oder Ästen anschlägt. Zudem solltest auch Du Dich beim Spotten nicht an Felsen etc. verletzen oder gar irgendwo herunterfallen, weil der Sturz Deines Partners vielleicht dynamischer ist als gedacht. Deshalb ist es wichtig, dass Ihr die Gefahrenstellen zuvor ggf. gut einschätzt.
Bouldern in der Halle
Im Gegensatz zum Fels ist das Bouldern in der Halle etwas vorhersehbarer und auf eine Höhe von maximal 4,5 Meter begrenzt. Außerdem gibt es hier dicke Mattenböden. Am Fels ist Spotten also häufig wichtiger als in der Halle. Aber auch hier gibt es Situationen, in denen sich die doppelte Absicherung einfach besser anfühlt.
Egal, ob Du gerade spottest oder nicht, gilt natürlich immer, dass Du mit darauf Acht gibst, dass die Landefläche frei bleibt. Dafür muss man hin und wieder andere Boulderer darauf hinweisen, dass sie sich in der Falllinie befinden, wenn sie selbst nicht aufpassen sollten. Gerade in der Halle werden viele dynamische Bewegungen ausgeführt, wodurch der Sturzbereich relativ groß ist. Leider habe ich es in Boulderhallen schon häufiger erlebt, dass gerade Kinder unbeaufsichtigt auf den Matten herumtoben und die Eltern die Gefahr nicht richtig einschätzen, wenn sich die Kinder in der Falllinie eines Boulderers befinden. Da ist es dann gut, wenn Du Deinem Partner im wahrsten Sinne des Wortes den Rücken freihältst.
Für das richtige Timing ist die Bereitschaft wichtig. Stell Dich also bereits mit ausgestreckten Armen an die entsprechende Stelle. Es ist vermutlich selbsterklärend, dass man, mit den Händen hinter dem Rücken verschränkt, weniger schnell oder gar zu spät reagiert, als wenn Du die ganze Zeit schon in Bereitschaft stehst.
Spotten beim Klettern
Beim Klettern im Freien kommt dem Spotter eine deutlich größere Bedeutung zu. Hier ist je nach Gelände und Ausrüstung allzeit volle Konzentration erforderlich. Gleichzeitig ist es wichtig, dass ihr eure Fähigkeiten kennt und euch über die genaue Vorgehensweise untereinander absprecht. Auch solltet ihr als Spotter eure Fähigkeiten und Grenzen gut kennen. Ist beispielsweise der Gewichtsunterschied zwischen der kletternden und der spottenden Person zu groß, kann das zu Problemen führen. Bildlich: Stürzt ein Hundert-Kilo-Mann nahezu ungebremst auf seine nur 50 Kilo schwere Spotterin zu, wird er diese regelrecht „umbügeln“. Hier kommt selbst ein gutes Können der Spotterin und hohe Aufmerksamkeit leider nicht gegen die Physik an.
Auch beim Felsklettern kann Spotten sinnvoll sein. Allerdings nur dann, wenn dem Kletterer bei einem Sturz in Bodennähe eine konkrete Gefahr droht. Beispielsweise durch sehr unebenes Terrain oder große Felsblöcke. Auch bei Gelände mit Absturzgefahr kann Spotten sinnvoll sein. Keinesfalls wird jedoch gespottet, wenn der Kletterer bereits mittels Seil gesichert ist, also beispielsweise bei Mehrseillängenrouten oder einer direkten Zwischensicherung am Einstieg.
In der Halle hingegen befindet sich die erste Exe oft deutlich weiter unten als am Fels. Somit kannst Du dort sehr schnell sichern. Fokussiere Dich also lieber darauf, Sicherungsgerät und Seil gut in der Hand zu führen, anstatt zu spotten.
Körperhaltung
Gerade im (absturzgefährdeten) Gelände ist es wichtig, beim Spotten einen guten Stand zu finden. Hier sorgt eine breitbeinige Fußstellung für einen sicheren Stand. Darüber hinaus sind die Ellenbogen und Knie beim Spotten leicht angewinkelt und können so einen Aufprall leichter abfedern. Dies ist nicht nur für den Kletterer deutlich angenehmer. Die Hände werden beim Spotten meist seitlich zur Kletternden Person gehalten und sind im Handgelenk leicht abgewinkelt. Dies ermöglicht ein gutes Lenken und Abfedern. Wichtig: Beim Spotten sind die Finger immer geschlossen. Auch die Daumen werden eng an die Hand angelegt. Der Grund hierfür ist recht einfach: Beim Spotten kann man sich durch einen heftigen Aufprall des Kletterers vergleichsweise schnell einen Finger brechen oder anderweitig verletzen. Liegen alle Finger eng aneinander an, verringert sich dieses Verletzungsrisiko erheblich.
Fällt Dein Boulderpartner, solltest Du ihn mit Deinen Händen in dem Bereich zwischen Hüfte und Schulterblättern so abfangen, dass er möglichst mit den Füßen zuerst aufkommt. Dabei gilt: Je steiler der Überhang ist, desto weiter oben am Oberkörper solltest Du ihn abfangen. Mit leicht angewinkelten Armen und Knien kannst Du den Sturz auch für Dich angenehm abfedern
Wichtig ist, dass Du beim Spotten darauf achtest, wo Du stehst. Gerade bei dynamischen Zügen kommt es häufig vor, dass der Boulderer mit den Beinen pendelt. Das bedeutet also, stehst Du zu nah oder an einer ungünstigen Stelle, bekommst Du den Fuß unter Umständen mit voller Wucht in Dein Gesicht. Überlegt Euch also zuvor, an welcher Stelle überhaupt ein Spot sinnvoll und erwünscht ist, welche Bewegungen der Boulderer macht und in welche Richtung er stürzen könnte, damit Du Dich an die entsprechende Stelle leicht versetzt hinstellen kannst. Bei der Frage, in welche Richtung er stürzen könnte, ist es auch maßgeblich, wie er eingedreht ist, auf welchem Fuß gerade das Gewicht verlagert wird und welchen Neigungswinkel der Fels oder die Wand haben.
Das Crashpad gut im Blick
Wo, wie und wie viele Crashpads zum Einsatz kommen hängt natürlich immer stark vom Gelände ab. Gerade aber wenn der Fallraum begrenzt ist oder nur ein einzelnes Crashpads zum Einsatz kommt, muss dieses klug platziert werden. Auch kann es sein, dass der Spotter entsprechend dem Verlauf der Route die Lage des Crashpads verändern muss.
Welche Gefahren gibt es beim Spotten?
Wie auch sonst, gilt ebenfalls beim Spotten: Bringe Dich nicht selbst in Gefahr und pass darauf auf, dass Du Dich nicht verletzt! Es entstehen hohe Kräfte, je schwerer der Boulderer ist und je höher man klettert. Eine Grafik dazu, welche Kräfte dabei entstehen, findest Du in dem Beitrag Was Spotter wissen sollten. Ab einer gewissen Höhe wird es – auch abhängig vom Gewichtsunterschied – also immer riskanter zu spotten. Da macht es ggf. nur noch Sinn, auf den Kopf des Boulderers aufzupassen und beim Sturz nicht mehr voll umzulenken.
Auch bei Gewichtsunterschieden solltet Ihr aufpassen. Denn ist der Spotter deutlich leichter als der Boulderer, besteht eine höhere Gefahr, sich dabei zu verletzen als umgekehrt. Darüber hinaus gilt natürlich, wie zuvor schon beschrieben, dass Du Dich richtig hinstellen solltest, um nicht etwa einen Fuß ins Gesicht zu bekommen. Und auf Deine Finger solltest Du natürlich auch Acht geben, dass diese weder nach hinten umknicken noch sich an der Kleidung so verhaken, dass Du Dich verletzt.
Richtig Spotten in wenigen Stichpunkten zusammengefasst:
- Gespottet wird nur, wenn es auch erforderlich ist. Beispielsweise beim Bouldern im Freien oder beim Sportklettern in absturzgefährdetem Gelände.
- Spotten sollte nur, wer dazu auch in der Lage ist. Fehlende Kenntnis über die richtige Technik sind ebenso gefährlich wie ein hoher Gewichtsunterschied zwischen Spotter und Kletterer.
- Beim Spotten nimmt man einen sicheren Stand in mittelbarer Nähe zum Kletterer ein. Knie und Ellenbogen sind leicht angewinkelt, die Finger angelegt.
- Der Kletterer wird bei einem Sturz in der Regel am mittleren bis oberen Rücken gegriffen und ggf. durch einen gezielten Impuls auf die Füße gestellt.
Hast Du noch Anmerkungen oder Ergänzungen? Dann lass es uns gerne wissen.
Wir wünschen Dir viel Spaß beim Bouldern & Klettern!