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Grandiose Blicke, schöne Landschaft: Wie findet man die besten Plätze?

Inhaltsverzeichnis

Als Bergfreund kennt man ihn: diesen Wow-Moment, wenn sich den Augen eine schier unglaubliche Aussicht darbietet. Fast noch besser ist das aufregende Kribbeln, die steigende Spannung, kurz, bevor man sich der Kante nähert, hinter der sich der Blick öffnet. Und das Beste: es handelt sich hier nicht um einen schnellen Glückskick wie im Kino oder Freizeitpark. Denn das Gefühl, eine schönen Landschaft betrachtet zu haben, kann lang anhalten und nachwirken.

Landschaftskino pur! Doch wo findet man diese Landschaften?
Landschaftskino pur! Doch wo findet man diese Landschaften?

Es funktioniert auch nicht wie ein Drogenkick, bei dem das „High“ mit einem „Down“ bezahlt und die Dosis für das gleiche Erlebnis nach und nach gesteigert werden muss. Zumindest nicht nach meiner Erfahrung, denn obwohl ich mir das Berg- und Landschaftskino schon in hohen Dosen „gegeben habe“, kommen Spannung und Glücksgefühle nach wie vor auch bei „bescheideneren“ Aussichten auf.

Es lohnt sich also, schöne Aussichten und „geile Optiken“ zu genießen. Doch wie findet man die wirklich guten Plätze? „Wirklich gut“ bedeutet hier „abseits der Herde“ und trotzdem „instagramfähig“. Wobei man mit dem Stichwort Instagram auch gleich beim zweischneidigen Aspekt der Sache ist.

Denn geht es wirklich um das eigene Schau-Erlebnis der schönen Landschaft, oder geht es eher um die anschließende Präsentation auf Social Media? Die Frage kann im Grunde jedeR für sich beantworten: „Würde ich die Tour zu diesem Gipfel/Aussichtspunkt auch ohne Fotos und Social-Media-Sharing machen?“ Wer Klarheit und Ehrlichkeit sich selbst gegenüber mitbringt, hat die Sache damit schnell geklärt …

Irgendein moralisches Urteil will ich hier nicht fällen. Im Gegenteil, ich verstehe und kenne das allzu menschliche Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Anerkennung, das sich hier oft zeigt. Und ich sehe hier auch schöne Aspekte von Freiheit und Selbstverwirklichung, die man, statt ständig zu verteufeln, auch gern mal würdigen und feiern darf.

Die Probleme fangen an, wenn die schönen Orte vom Ansturm der „Follower“ überrollt werden. Doch das ist kein neues Phänomen, sondern ein seit den Anfängen des Tourismus rauf- und runterdiskutiertes Thema. Deshalb will ich hier keine weitere Diskussion um Eigenverantwortung, Naturschutz und Regulierung führen, sondern neue Aspekte einbringen.

Was macht Landschaften spektakulär?

Einer dieser Aspekte ist die Frage danach, was genau bestimmte Berge und Landschaften eigentlich so anziehend macht. Denn trotz der Vielzahl und Verschiedenheit von Neigungen und Geschmäckern gibt es diese Landschaften, die kaum jemanden kaltlassen. Wieso stehen bei bestimmten Bergen, Landschaften und Perspektiven fast alle mit offenem Mund da?

Ist es die schiere Größe wie beim Grand Canyon oder Mount Everest? Ist es eine bestimmte Ästhetik, eine bestimmte Architektur wie bei den Drei Zinnen? Man verwendet ja für die Berge nicht umsonst dem Bauwesen entnommene Begriffe wie Sockel, Wand, Dach, First, (Eis)Balkon oder (Aussichts)Terasse. Und sowohl bei den Gebäuden als auch bei den Bergen scheint es so zu sein, dass viele Menschen die feine, schlanke und mit Ornamentik verzierte Architektur dem nüchternen Plattenbau vorziehen.

Eine große Rolle spielt auch die Vielfalt der Landschaftselemente: Nur selten wirkt es schön, wenn es ganz viel von einer Sache zu sehen gibt. Ein Beispiel dafür sind enge Täler zwischen hohen Bergen wie das Mattertal in der Schweiz. Dort gibt es zwischen den Viertausendern Dom und Weißhorn zwar eine enorme Masse an Hang und Berg zu sehen, doch es fehlt die Abwechslung und Vielfalt.

Das wirkt dann zwar gewaltig und beeindruckend, doch alles in allem eher erdrückend als beglückend. Daran ändert sich erst etwas, wenn man den Ort und damit die Perspektive wechselt. Denn dann kommt Abwechslung und Vielfalt ins Bild.

In Norwegen trifft das Meer direkt auf Gebirge.
In Norwegen trifft das Meer direkt auf Gebirge.

Wie kommt die Vielfalt zustande? Indem verschiedene, bisweilen kontrastierende Elemente dicht zusammenkommen. Besonders die Mischung von Gewässern, Seen, Bergen und Meer scheint das Auge gern zu haben. So gelten Landschaften, in denen Gebirge und Küste direkt aufeinandertreffen, als Garanten für spektakuläre Blicke am Fließband. Wer einmal in den Fjordlandschaften des Nordens oder des patagonischen Südens unterwegs war, wird da kaum widersprechen.

Die meisten dramatisch und spektakulär wirkenden Landschaften haben eine bestimmte geologisch-geographische Gemeinsamkeit: Sie sind glazial und/oder vulkanisch geprägt. Gletscher und Vulkane sind die kräftigsten und wildesten Landschaftsgestalter. Die von ihnen erzeugten Formen sind geographisch gesehen meist jung. Ecken, Kanten und scharfen Spitzen sind noch nicht rundgeschliffen und wegerodiert.

Die von Gletschern ausgeschabten Täler und Hänge sind oft extrem steil. Patagonien bietet zahlreiche Paradebeispiele für solche stark glazial geprägten Landschaften. Und da hier außerdem noch die vulkanischen Elemente mit ihren wilden Formen und Farben hinzukommen, ist das Ganze an Schönheit kaum zu überbieten. Besonders praktisch: glaziale Landschaften sind meist auch mit viel Wasser in Form von Bergseen und Wasserfällen verziert.

Ganz anders sieht es in den „alten“ und geologisch inaktiven Landschaften der Welt aus. Sie haben Jahrmillionen der gleichmäßigen Erosion hinter sich und erscheinen dem Auge eher weniger spannend. Die deutschen Mittelgebirge sind mit ihren runden, wenig ausgeprägten Formen ein klassisches Beispiel für geologisch alte Landschaften.

Man empfindet sie als harmonisch und „beruhigend“, aber eher selten als spektakulär. Nur ab und zu sorgen lokale Besonderheiten wie das Elbsandsteingebirge für Abwechslung durch spitze, scharfe und markant geschnittene Formen.

Nebenaspekte

  • Menschliche Eingriffe sind nicht immer störend oder hässlich. Manchmal kann es gar eine regelrechte Symbiose sein, wenn Bauten und schöne Landschaft aufeinandertreffen. Man denke nur an die oberbayrischen Märchenschlösser oder die griechischen Meteora-Klöster. Leider scheint sich das auf alte und sehr alte Bauten zu beschränken. Der modernen und zeitgenössischen Architektur scheint der Sinn fürs Ganze und für die Harmonien abhandengekommen.
  • Wolken und Wetterstimmungen können gerade in den Bergen für ein enormes „optisches Upgrade“ sorgen. Sie bringen Dramatik und Dynamik in die Szene – allerdings ist hier Vorsicht und Erfahrung gefragt, um unnötige Gefahr zu vermeiden.
  • Auch der Faktor Zeit spielt eine Rolle – es kommt auf die Tages- und Jahreszeit an, denn die bestimmen Licht und Farben. Auch die schönste Landschaft kommt nur eingeschränkt zur Geltung, wenn das „harte“ sommerliche Mittagslicht die Farben matt wirken lässt. Deshalb auch das Sprichwort „zwischen elf und drei hat der Fotograf frei“.
Auch Wolken können ein Upgrade für das Lanschaftskino sein.
Auch Wolken können ein Upgrade für das Lanschaftskino sein.

Doch bleiben wir bei der Landschaft, es soll hier um das Auffinden schöner und dennoch ruhiger Orte gehen. Tipps für gute Fotos haben wir an anderer Stelle im Basislager.

Und wie findet man nun diese Plätze?

Für die einfachste Variante muss man nicht aufstehen. Man gebe „die schönsten (spektakulärsten, atemberaubendsten, …) Orte (Plätze, Spots, Locations, Landschaften, …) der Welt (Europas, Deutschlands, …)“ in eine Suchmaschine ein. Das Problem dabei: meist handelt es sich bei den Treffern um Orte, die man mit vielen anderen Schönheitssuchern teilt. Darunter vielleicht auch einige, die gleich eins der Flugangebote gebucht haben, die auf vielen der Treffer-Artikel eingebettet sind.

Besonders beliebte Landschaften nennt man „Iconic Spots“ oder „Iconic Locations“. Meist sind das „landschaftlich sehr beeindruckende Orte, mit denen es die Natur gut gemeint hat. Island im allgemeinen zählt hier sicherlich dazu, die Lofoten (Norwegen), die Dolomiten (Italien) oder das Elbsandsteingebirge (Deutschland), um nur einige zu nennen. Der Nachteil dieser Locations ist, du bist meist nicht alleine vor Ort, und musst dich mit anderen Fotografen um freie Sicht bemühen.

Eigenständig und abseits der Massen

Wer den Wahnsinnsblick plus Einsamkeit will, kann zunächst mal die Leute fragen, die sich auskennen. Und noch ein paar andere Stellschrauben drehen, die wir uns jetzt anschauen.

Profis? Wer beschäftigt sich denn professionell damit, spektakuläre Spots und schöne Blicke zu finden? Na, Berg- und Landschaftsfotografen. Die können schließlich nicht immer dasselbe Matterhorn-Motiv bringen. Deshalb sind sie professionelle Schöne-Orte-Finder, ähnlich wie die „Location Scouts“ der Filmbranche. Hier ein paar Tipps der Bergfotografen von Mountainmoments:

Locationsscouting ist für Fotografen, die draußen arbeiten, ein absolut elementarer Bestandteil, wenn sie definitive Bilder abliefern wollen. (…) In der Bergfotografie ist eine gute Hanglage und Sonnenexposition mindestens ebenso entscheidend. Da es viele verschiedenen Vorlieben bei der Bergfotografie gibt, kann man nicht eine bestimmte Lage als allgemeingültig empfehlen.

Mein Tipp sind allerdings relativ hohe Berge, hohe Hütten und Bergrücken und Grate. Spannend wirkt es oft, wenn du einen kleineren Berg im Vordergrund platzieren kannst, und sich dahinter ein weites Landschafts- oder Bergpanorama abzeichnet. Für den Anfang helfen in der jeweiligen Region bekannte Aussichtsplätze – nutze diese als Ausgangspunkt deiner fotografischen Entdeckungsreise, und bleibe dort nicht bei der Masse stehen.

Das kann ich auch aus eigener Erfahrung bestätigen: von bekannten Aussichtspunkten lassen sich oft Lichtungen, Bergrücken und andere Orte entdecken, die spektakulär und dennoch wenig frequentiert sind. 

Ein wertvolles Hilfsmittel sind topografische Karten -in der guten alten Papierform, oder online. Allerdings muss man sie lesen können, wenn man vielversprechende Geländeformen erkennen  will. So ist zum Beispiel ein Kessel am Talschluss meistens eine spektakuläre Angelegenheit, vor allem, wenn er mit vielen Höhenmetern und Gewässern garniert ist (ein bekanntes Beispiel ist der Soiernkessel im Karwendel).

Weitere vielversprechende Formen sind ausgeprägte Grate, Steilwände und terrassenförmige Stufen. Gebogene und komplex verzweigte Täler bieten meist mehr optische Highlights als ihre monoton-geraden Artgenossen.

Der topographischen Karte kann man auch Informationen über Bewaldung und Vegetation entnehmen. Lichtungen sind meist eingezeichnet und versprechen Aussicht – mitten im Wald sieht man bekanntlich selten weit. Normalerweise gilt, dass die Blicke umso schöner werden, je näher man der Baumgrenze kommt.

Diese Zone ist durch die Mischung und den Übergang sehr abwechslungsreich und reizvoll. Wildheit trifft hier auf Lieblichkeit. Reine Geröll-, Fels- und Schneewüsten wirken (optisch-fotografisch bewertet) selten wirklich prickelnd.

An Tourismus- und Outdoorhotspots fiel es mir schon öfter auf: der Teil der Touristen, der eigene Recherchen betreibt und eigene Wege sucht, ist erstaunlich gering. Das ist eine gute Nachricht, denn somit lassen sich „perfekte Plätze“ oftmals schon mit einem überschaubaren Mehr an Aufwand, Motivation und Eigeninitiative erreichen.

Es lohnt sich auch eigene Wege zu gehen und abseits von Touristenwege zu wandern.
Es lohnt sich auch, eigene Wege zu gehen und abseits von Touristenwege zu wandern.

Wer zudem noch etwas Fitness und Lust an Höhenmetern mitbringt, hat fast überall gute Karten für einzigartige Blicke und Perspektiven. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Valle Ordesa in den spanischen Pyrenäen. Während sich am Talboden die Hundertschaften zwischen Parkplatz und Hütte aneinanderreihen, ist man auf den Seitenwegen und an der Oberkante der gewaltigen Schlucht vergleichsweise einsam mit nur wenigen Mitwanderern unterwegs.

Und das bei überwältigend schönen Blicken, die man vom Tal aus höchstens erahnen kann. Aber man muss dafür eben einen dreistündigen Aufstieg zu Fuß anstatt der Zufahrt mit dem Auto antreten. Und einen Blick in die Karte geworfen haben, um zu wissen, dass die anderen Wege existieren …

Manchmal reichen wenige Meter für völlig neue Perspektiven. In den Bergen heißt das, einen kleinen Felsen oder eine winzige Anhöhe zu erklimmen. Oder den Grat hinter dem Gipfel noch ein paar Meter weiterzugehen. Um plötzlich viel mehr Weite und Tiefe vor sich zu haben.

Auch sieht der Gipfel selbst aus einiger Entfernung oft spannender aus, als wenn man oben steht. Dass man bei solchen Aktionen vorsichtig sein sollte, dürfte bekannt sein.

Das wären so weit die Tipps und Tricks, die mich in den letzten Jahren zu vielen schönen und superschönen Plätzen geführt haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass es noch mehr solcher Kniffe gibt. Vielleicht wird ja hier in den Kommentaren noch das eine oder andere Geheimnis gelüftet …

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Bergfreund Stephan

“Flat is boring”, dachte ich mir als Kind des Flachlands immer. Bergsport war die Lösung des Problems. Aber nicht aller Probleme, wie ich beim Durchwursteln der Disziplinen von Bouldern bis Hochtouren herausfand. “Egal”, dachte ich mir und fühle mich heute bei alpinen Touren mit leichtem Gepäck sauwohl.

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