„Eine warme Übernachtung im Schnee besteht zu 50 % aus guter Ausrüstung und zu 50 % aus guten Routinen“ – Sarah Winkelmann – jüngste deutsche Frau, die Grönland auf Skiern überquert hat
Das ist mein persönliches Fazit nach einem Jahr des Ausprobierens, Testens und Recherchierens aller Ratschläge, Tricks und Tipps zu Winterexpeditionen, die ich in die Finger bekommen konnte. Nun habe ich meinen persönlichen „heiligen Gral des Wintercampings“ gefunden. Oder besser gesagt: Wie man „ha det bra“ (tschüss auf Norwegisch) sagt zu frierenden Füßen, eiskalten Hüften oder – schlimmer noch – Aufwachen, weil man zittert.
Hier kommt eine Liste mit 8 Ausrüstungsteilen, die für mich auf Ski-Expeditionen unentbehrlich sind. Zu jedem Ausrüstungsstück habe ich noch einige Notizen zu Größe und wichtigen Routinen hinzugefügt.
Viel Spaß auf eurer ersten/nächsten Ski-Expedition!
Schlafsack
Modell: Mountain Equipment Redline | Größe: long
Mit einer Komforttemperatur von bis zu -45 Grad ist dies wahrscheinlich der „Rolls Royce“ unter den Schlafsäcken. Ehrlich gesagt hat mich der Preis zunächst abgeschreckt, weshalb ich mir einen anderen, günstigeren Schlafsack von Mountain Equipment gekauft habe. Das Gute an der Marke „Mountain Equipment“ ist deren „Good Night’s Sleep“-Garantie, die es ermöglicht, einen Schlafsack gegen ein wärmeres Modell einzutauschen, wenn man feststellt, dass das gekaufte Modell nicht warm genug ist. So verlockend diese Garantie in der Theorie geklungen hat, so schwierig war es in der Praxis, davon Gebrauch zu machen. Es dauerte viele E-Mails und mehrere Monate, bis ich den verbesserten Schlafsack in den Händen hielt. Aber das Upgrade war es wirklich wert!
Während es als Frau schon schwierig genug ist, Expeditionsausrüstung zu finden, ist es als große Frau noch schwieriger. Und mit „groß“ meine ich nicht 170 cm, sondern unsere norddeutsche Definition von groß: alles über 180 cm. Die Passform des Mountain Equipment Schlafsackes ist offiziell „unisex“, aber meiner Meinung nach noch zu sehr auf den männlichen Körper zugeschnitten. An den Hüften könnte ein wenig mehr Platz sein, am Hals und an den Schultern ist zu viel Platz. Mein Tipp: Eine Fleece-Jacke nicht anziehen, sondern um den Hals und die Schultern wickeln, um auch am Oberkörper warm genug zu sein.
Tipp am Rande: Auf längeren Winterexpeditionen sollte darauf verzichtet werden, einen Daunen-Schlafsack jede Morgen in seinen Beutel zu zwängen. Mit einem „Arctic Bedding“ kann man den Schlafsack ausgepackt lassen und auf dem Schlitten transportieren. So können mehrere Stunden des „Aufbauschens“ vermieden werden.
Schlafmatte
Modell: Exped Deepsleep 7.5 | Größe: LW
Eine Herausforderung, die viele Frauen nur zu gut kennen, ist, dass die Hüften nachts dazu neigen zu frieren. Warum? Relativ viel Fett, welches prinzipiell schlechter durchblutet ist als anderes Gewebe. Aus diesem Grund habe ich mich für eine Schlafmatte entschieden, die etwas breiter als eine normale ist und mehr Bodenfläche abdeckt, damit die Kälte nicht von unten an den Körper „herankriechen“ kann. Es lohnt sich! Pluspunkte gibt es dafür, dass die Exped Deepsleep Mat von ihren Abmessungen trotzdem in mein „Arctic Bedding“-System passt. Und sie hält, was sie verspricht: Durch eine Höhe von ca. 5cm schläft man sehr bequem und das Material ist so robust, dass ich trotz 28-tägiger Nutzung bei extremen Temperaturen in Grönland keine Probleme mit Löchern oder Rissen hatte.
Isolationsmatte
Modell: Thermarest Z Lite Sol, Größe: one size
Ohne diese Isolationsmatte gehe ich nicht campen – egal zu welcher Jahreszeit. Im Sommer reicht sie als alleinige Matte zum Schlafen auf Touren in den norwegischen Bergen. Im Frühjahr und Herbst ist sie ideal zum Sitzen bei längeren Pausen. Während des Winters ist sie auf Ski-Expeditionen ein Muss als zusätzliche Isolation unter der Schlafmatte.
Tipp am Rande: Die silberne Seite soll immer nach oben zum Körper zeigen, um die Körperwärme zu reflektieren, während die robustere gelbe Seite zum Boden zeigen sollte. Das habe ich selber jahrelang falsch gemacht.
Baselayer aus Merinowolle
Modell: Kari Traa Rose, Größe: reguläre Alltagsgröße
Es gibt für mich nichts Besseres als Wolle: Es ist das einzige Material, welches weiterhin warmhält, auch wenn es nass geworden ist (durch Regen, Schnee, Schweiß, etc.). Und: (Merino-)Wolle ist anti-bakteriell und müffelt nicht so schnell wie andere Materialien. Das ist Gold wert auf langen Winterexpeditionen!
Man sagt, dass es beim Winterzelten zwei Lager von Meinungen gibt: Die einen schwören darauf, dass man so viel Kleidungsschichten wie möglich tragen sollte, während die anderen versuchen so wenig wie möglich im Schlafsack anzuziehen. Ich gehöre definitiv zum Team „So wenig wie möglich anziehen und den Schlafsack seinen Job machen lassen“. So trage ich eigentlich nur ein Baselayer-Oberteil und ein Baselayer-Unterteil im Schlafsack.
Dabei bin ich seit meiner ersten Nacht im Zelt im Winter den Kari Traa Rose Baselayern treu geblieben. Auch nach Jahren intensiver Nutzung sieht die Wolle noch so schön farbenfroh aus. In ganz norwegischer Manier trage ich bloß kein schwarz oder grau, sondern hier gilt das Motto je mehr Farben, desto besser. Am liebsten rosa.
Kleiner Tipp am Rande: Gewechselt habe ich mein Baselayer einmal in der Woche, d.h. ich hatte insgesamt 4 Baselayer-Sets für meine 28-tägige Winterexpedition dabei.
Wollsocken
Modell: Kari Traa Rose | Größe: reguläre Schuhgröße oder eine Größe kleiner
Ein Paar Socken haben im Schlafsack mehr als ausgereicht. Auf meiner Winterexpedition habe ich auf eine 3-Socken-Kombi vertraut: Tagsüber habe ich in den Skisocken Kompressions-Kniestrümpfe getragen, darüber eine sogenannte „Dampsperre“, eine Plastik-Socke, gefolgt von den warmen Wollsocken. Das heißt, dass meine Füße tagsüber nicht in Kontakt kamen mit den warmen Wollsocken. Nach Aufstellen des Zeltes habe ich dann sofort die durchgeschwitzten Kompressions- und Plastiksocken ausgezogen und mithilfe einer Wasserflasche mit kochendem Wasser getrocknet.
Die trockenen Wollsocken haben habe ich dann über Nacht getragen bevor ich am nächsten Morgen wieder in meine 3-Socken-Kombi geschlüpft bin. Somit hatte ich ganz genau 4 Paar Kari Traa Socken und 4 Paar Kompressionsstrümpfe und 1 Paar Plastiksocken für 28 Tage im Gepäck.
Kleiner Tipp am Rande: Der Tipp mit den Kompressionssocken kam von meinem Orthopäden, der mir auch Einlagen angefertigt hat, weil die großen Expeditionsstiefel für Herren zu weit waren für meine Füße. Beides, Kompressionssocken und Einlagen, waren ihr Geld wert. Ich hatte keine einzige Blase an den Füßen trotz durchschnittlich 12 Stunden auf Skiern pro Tag.
Daunenshorts
Modell: Stellar Equipment down shorts | size: regular size + one size up
Daunenshorts sind das A und O für Ski-Expeditionen für uns Frauen! Egal ob auf Ski bei niedrigen Temperaturen und Starkwind, während einer Pause oder als Extra-Schicht rund um die Hüfte im Schlafsack. Ich habe mich für meine Grönland-Expedition für ein Modell von Stellar Equipment entschieden, aber es gibt viele andere vergleichbare Daunenshorts und -röcke wie der, den ich verlinkt habe.
Mir ist dabei wichtig, dass die Shorts oder der Rock Reißverschlüsse an der Seite haben, sodass man sie leicht an- und ausziehen kann, ohne dass man die Schuhe ausziehen muss. Idealerweise haben sie einen elastischen Bund, damit sie nicht über die Hüften rutschen oder man sie beim Ski fahren immer wieder in Position bringen muss.
Kleiner Tipp am Rande: Ich hatte sowohl Daunenshorts dabei, als auch eine lange Daunenhose. Die Daunenshorts habe ich zum Skifahren und im Schlafsack verwendet, die Daunenhose im Camp.
Fleecejacke und Beanie
Modell: Norrøna Trollveggen | Größe: reguläre Größe (vielleicht eine Größe größer)
Hauptsächlich weil der Schlafsack an den Schultern etwas zu groß ist, wickle ich die Fleecejacke als „Schal“ um meinen Hals und meine Schultern, um zu verhindern, dass kalte Luft in den Schlafsack eindringt. In sehr kalten Nächten trage ich diese Fleecejacke auch als zusätzliche Schicht. Neben der Fleecejacke verwende ich eine Balaclava aus Merinowolle, sodass auch mein Gesicht und mein Nacken schön warm bleiben. Im Eigentlichen hat nur noch meine Nase aus dem Schlafsack herausgeschaut.
Wasserflaschen und Flaschenisolation
Modell: Nalgene Weithals | Größe: 1L
Bis zum Rand mit kochend heißem Wasser gefüllt, habe ich eine Wasserflasche an meine Hüfte und eine andere an meine Füßen gelegt. Wenn man die Wärmflaschen knapp eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen in den Schlafsack legt, hat er die perfekte Schlaftemperatur, wenn man später hineinkriecht. Je nachdem, wie kalt es ist und ob ich mein Zelt mit einer anderen Person teile oder nicht, kann die Wärmflasche bis zum nächsten Morgen bis zu 8 Stunden warm bleiben. Wenn man möchte, kann man die Nalgene-Flaschenisolation auch im Schlafsack nutzen, um die Wärme länger zu halten. Jene Isolationstasche ist leider nicht so robust wie benötigt auf einer Winterexpedition und nach einem Monat im Eis hat sich die Innenschicht gelöst.
Dabei ist es aber super wichtig, dass man eine Wasserflasche wählt, die kochendes Wasser verträgt. Es gibt leider einige, die das nicht können und dann schrumpfen. Dies passierte einem Freund während einer Winterexpedition in Spitzbergen.
Kleiner Tipp am Rande: Wenn man besonders müde ist, unbedingt aufpassen, dass man nicht mit einer kochend heißen Wärmflasche auf nackter Haut einschläft. Die Wärmflasche in eine Socke packen beugt definitiv Verbrennungen vor.
Übrigens war ich zu Gast im GRAT RAUS Podcast der Bergfreunde und erzähle dort von meiner Durchquerung Grönlands auf Langlaufski, bei der ich diese Tipps und Tricks zu schätzen wusste. Hört gerne rein!