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Zu Besuch bei Leki: von Bananen und Eiern

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Leki ist eine der Firmen, die eigentlich jeder Outdoor-Sportler kennt. Egal ob Skifahrer, Wanderer oder Trailrunner. Die Stöcke des Marktführers aus dem Baden-Württembergischen Kirchheim unter Teck sind irgendwie omnipräsent. Und das durchaus zurecht. Auch unter den Bergfreunden gibt es zahlreiche Leki-Fans, die mit Hilfe der Stecken stabil und sicher durch die Berge stapfen.

Umso schöner war es, als wir von den Kollegen zu einer Werksbesichtigung nach Tschechien eingeladen wurden, um uns die Produktion mal genauer anzusehen. Und ganz nebenbei durften wir noch erfahren, was Eier und Bananen mit einer der großen Innovationen der letzten Jahre zutun haben.

Auf der Suche nach dem Geheimrezept

Viele Einzelteile der Trekkingstöcke liegen aufgereiht auf einem Tisch.
Aus wie vielen Einzelteilen besteht eigentlich so ein Trekkingstock?

Es ist Donnerstagnachmittag, als wir uns vom bayerischen Lenzkirch mit dem Bus nach Tachov aufmachen. Die kleine Gemeinde, die keine 13.000 Einwohner hat, liegt lediglich 15 km von der deutschen Grenze und ein kleines Stück südlich von dem besser bekannten Ort Marienbad entfernt.

Am Stadtrand von Tachov steht ein ziemlich unscheinbar wirkender, grauer Fabrikbau in dem aktuell jährlich über zwei Millionen Ski- und Wanderstöcke entstehen, die in die ganze Welt verkauft werden. Abstrakte Zahlen, die man sich gar nicht so recht vorstellen kann.

Bevor wir uns die Fertigung ansehen, gibt es erstmal sündhaft leckere Kolatsche, eine tschechische Süßspeise, die meinen Blutzuckerspiegel direkt durch die Decke gehen lässt. Mit dabei sind heute Jochen und Markus, sowie ein tschechischer Kollege von Leki, die uns in Kleingruppen durch die Fabrik führen.

Doch die erste Tür bleibt uns erstmal verschlossen. Denn dahinter liegt das große Geheimnis von Leki – quasi das Coca-Cola-Rezept: Das Härtungsverfahren für die Aluminium-Rohre. Wenn die angeliefert werden, sind sie erstmal sehr weich und können leicht verbogen werden. Erst die sogenannte Ausscheidungshärtung macht die Rohre so stabil, dass sie im Gebirge ihre gewohnt gute Performance abliefern können. Mein Forscherdrang wird also, durch das wohl behütete Firmengeheimnis, erstmal gebremst. Aber gut, weiter im Text.

Konen für Aluminium-Stöcke liegen auf einem Tisch und warten auf die Weiterverarbeitung
Konen für Aluminium-Stöcke.

Als nächstes sehen wir die Konifizierung. Hier werden die einzelnen Stocksegmente bearbeitet und geformt, indem die nackten Rohre in einer Maschine zurecht geschlagen werden.  Dementsprechend laut ist es hier und wir tragen – wie auch die Arbeiter – einen sehr stark dämmenden Gehörschutz. Die Konifizierung bewirkt, dass die Stockenden, also dort wo die Spitze sitzt, nochmals stabiler werden.

Im nächsten Raum werden wir Zeuge davon, wie die Stöcke eine Elektrolyse-Behandlung erfahren und so ihre Grundierung erhalten. Dazu werden sie in verschiedene Bäder mit Chemikalien gelegt und mit Strom behandelt, der die Reaktion letztlich auslöst. Durch die Elektrolyse wird die Lackierung der Stöcke extrem widerstandsfähig und kratzfest, was natürlich im Outdoor-Alltag durchaus Vorteile hat.

Die Stöcke haben eine weiße Farbgrundierung erhalten.
Weiße Farbgrundierung für die spätere Bedruckung.

Was kommt nach Formung und Grundierung? Klar, die Lackierung. In einem weiteren Schritt wird zunächst eine weiße Basis auf die Stöcke aufgetragen, bevor Siebdruckmaschinen die weitere Arbeit übernehmen. Die Lackierung eines Stocks hat bis zu sieben verschiedene Lagen, die alle einzeln aufgebracht werden.

Ist auch das geschafft, sind die Stock-Segmente bereit für die Endmontage. Die nächste Halle ist voll von Kästen mit allerhand Kleinteilen, wie Spitzen, Griffe und Verbindungsstücke. Zahlreiche Leki-Mitarbeiter sind damit beschäftigt – meist unterstützt von Maschinen – die farbigen Rohre mit allem zu versehen, was sie letztlich zum vollwertigen Stock macht.

Beeindruckend…

Mitarbeiterinnen bestücken die Stöcke mit Einzelteilen.
Viele Kleinteile werden noch in Handarbeit eingesetzt.

…ist vor allem der Fakt, dass Leki fast alle Teile selbst herstellt. Das hat zum einen den Vorteil, dass alles passgenau und ohne größere Abstimmung mit externen Zulieferern gebaut werden kann; zum anderen, können ältere Stöcke problemlos repariert werden, da alle Gussformen aufgehoben werden und Ersatzteile in aller Regel immer vorrätig sind.

Die einzigen Teile, die nicht selbst produziert werden, sind die Rohre. Das Carbon stammt aus Fernost, was allein der Tatsache geschuldet ist, dass dort das Knowhow für die Carbon-Verarbeitung vorhanden und konzentriert ist. Gut, ok. Der Vollständigkeit halber: Die Muttern, die in den Schraubverschlüssen der Teleskopstöcke verarbeitet sind, kommen auch von extern. Aber das sehen wir mal nicht so eng.

Der Stock wird mittels einer Maschine einem Kratztest unterzogen.
Kratztest für den Stock.

Hat der Stock diese vielen Stationen hinter sich gelassen, findet zum Schluss die Qualitätssicherung statt. Hier werden stichprobenartig einzelne Stöcke heraus gezogen und geprüft. Ist auch dieser Test bestanden, macht sich der Stock auf den Weg in die große weite Welt.

Unsere letzte Station, die wir uns an diesem Tag anschauen, ist das Testlabor. Hier werden Prototypen, sowie neue und bestehende Technologien einem echten Härtetest unterzogen. Da gibt es zum Beispiel den Gehsimulator. Mit dessen Hilfe werden tausende Gehzyklen simuliert, um zu sehen, wie sich vor allem die Stockspitze und eventuell vorhandene Aufsätze im Zeitverlauf abnutzen. Natürlich gibt es auch einen Belastungstest für die Stöcke selbst, sowie für die Einstellsysteme. Immer wieder faszinierend, was das vermeintlich leichte Material so alles aushält.

Der Gehsimulator wird einer Qualitätssicherung unterzogen.
Der Gehsimulator in der Qualitätssicherung.

Und da die Stöcke auch bei Expeditionen zum Einsatz kommen, werden die Eigenschaften natürlich auch unter Kälte getestet. Teilweise liegen Stockmodelle wochenlang in einer Gefriertruhe bei zweistelligen Minustemperaturen – gemütlich ist auf jeden Fall anders.

Gemacht für Profis

Leki ist gerade im Skisport einer der ganz Großen. Man sieht die Stöcke vor allem bei Langläufern und Biathleten, aber natürlich auch bei Abfahrtsläufern. Doch bevor z.B. der Skistock eines Felix Neureuther die Weltcuppisten sieht, wird er natürlich noch an die Wünsche des Athleten angepasst.

Das betrifft vor allem die Biegung des Stocks, die sich möglichst nah an der Körperkontur orientieren sollte. Diese Anpassung passiert allerdings nicht in Tachov sondern in der Zentrale in Kirchheim. Dennoch steht auch hier im tschechischen Werk eine Biegemaschine. Warum? Sie ist Teil der Qualitätssicherung und zudem werden diverse Serienmodelle für den Rennsport ebenfalls hier in Tschechien produziert.

Die Geschichte vom Ei und der Banane

Ein Mitarbeiter bedient die Biegemaschine für Rennstöcke.
Biegemaschine für Rennstöcke.

Wenn ihr mein Geschreibsel jetzt bis hier durchgehalten habt, fragt ihr euch sicher immer noch, was das alles mit einer Banane und einem Ei zutun hat. Nun, wie uns Markus, Marketing-Leiter bei Leki in einer schönen Anekdote erzählt, begab es sich eines schönen Tages, dass der Firmengründer Klaus Lehnart mit eben diesen beiden Objekten ins Entwicklungsbüro kam.

Die Anforderung: Einen Stockgriff bauen, der sich von oben wie ein Ei anfasst und so gut in der Hand liegt wie eine Banane. Das war die Geburtsstunde des Aergon-Griffs, der heute vor allem bei Touren-, Trekking- und Trailrunning-Stöcken zum Einsatz kommt.

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Bergfreund Jörn

Wenn der Puls rast und die Landschaft an mir vorbei zieht, fühle ich mich am wohlsten. Egal ob zu Fuß oder auf dem Rad – und manchmal sogar im Wasser – Ausdauersport ist für mich die schönste Form der Freizeitbeschäftigung.

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