„Move the date“ ist die Parole, die oft im Zusammenhang mit dem Earth Overshoot Day ausgegeben wird. Was aber genau hat es denn mit diesem Tag auf sich und warum soll irgendein Datum verschoben werden? Und wie soll oder kann das klappen? Was kann ich dazu beitragen und will ich das überhaupt?
Ihr seht Fragen über Fragen. Aber keine Sorge, wir klären das jetzt. Ich habe mich nämlich für Euch mal schlau gemacht und so einiges zum Thema Nachhaltigkeit, Klimaschutz und eben auch zum Weltüberlastungstag, dem Earth Overshoot Day, recherchiert. Das Ergebnis seht ihr hier:
Der Earth Overshoot Day kurz erklärt
Wir alle leben auf Pump. Du, ich, Deine Nachbarn und auch meine Freunde. Alle. Denn unser Lebensstil, der Konsum, die Infrastruktur, Verkehr, die Industrie und und und, das alles frisst Ressourcen. Ressourcen, die unser Planet so auf Dauer nicht liefern kann. Hinzu kommen der Verlust der Biodiversität und der damit zusammenhängende Klimawandel. Kurz und knapp, wir sägen an dem Ast auf dem wir sitzen. Ergo: So wie es aktuell ist, kann es nicht weiter gehen.
Ein Ansatz hier eine Trendwende zu schaffen, ist das Modell des ökologischen Fußabdrucks, also einem Art Buchhaltungssystem, das natürliche Ressourcen verzeichnet. Unter Zuhilfenahme dieses Modells kann pro Jahr errechnet werden, bis zu welchem Datum die Ressourcen der Erde theoretisch für unseren Lebensstil reichen und ab wann Raubbau mit der Umwelt betrieben wird. Dieser Tag am Übergang von Haben zu Soll wird mit einer Kampagne der Non-Profit-Organisation „Global Footprint Network“ als „Earth Overshoot Day“ (auf Deutsch „Weltüberlastungstag“) kenntlich gemacht.
Die Berechnung dieses Tags erfolgt dabei durch die Gegenüberstellung der global vorhandenen Biokapazität und der Nachfrage der Menschheit nach Ressourcen, also dem ökologischen Fußabdruck. Vereinfacht: Je mehr Ressourcen verbraucht werden, desto früher liegt auch das Datum des Erdüberlastungstags. Gehen wir hingegen sparsam mit unseren Ressourcen um, reichen sie im Idealfall für das ganze Jahr und darüber hinaus.
Denkt dazu einfach mal an eure Kindheit und das Taschengeld zurück. Pro Monat gabs da in der Regel einen gewissen Betrag von den Eltern. Wenn ihr damals gleich am Anfang des Monats das komplette Geld für Süßigkeiten verballert habt, musstet ihr entweder den restlichen Monat kürzertreten oder euch zusätzlich was von den Großeltern, der Tante oder sonst wem zusammenschnorren.
Für dieses Jahr (2022) wurde der Weltüberlastungstag für den 28. Juli errechnet. Ab diesem Tag stehen wir sinnbildlich bei den nachfolgenden Generationen auf der Matte und halten die Hand auf. Denn die anhaltende Überlastung des Systems Erde geht zuungunsten unserer Zukunft und logischerweise auch zuungunsten unserer Kinder und Kindeskinder.
Schaut man sich dazu einmal die Statistik der Weltüberlastungstage an, ist das Bild leider ein Trauriges. Seit 1970 lebt die Menschheit über ihre Verhältnisse, damals fiel das Datum des Earth Overshoot Days auf den 29. Dezember, es hat also nur knapp nicht gereicht. Mit der Kampagne „Move The Date“ soll es daher gelingen, den Earth Overshoot Day wieder weiter nach hinten ins Jahr zu drücken und dabei hilft wiederum die genaue Analyse des ökologischen Fußabdrucks.
Der ökologische Fußabdruck als Instrument für Nachhaltigkeit
Um zu wissen, an welchen Punkten man ansetzen muss, ist es wichtig den ökologischen Fußabdruck zu kennen. Dieser kann für jede einzelne Person, aber auch für Organisationen oder ganze Länder errechnet werden. Grob gesagt wird dabei anhand des Ressourcenverbrauchs errechnet, wie viel biologisch produktive Fläche benötigt wird, um den jeweiligen Lebensstil aufrecht zu erhalten. Dies wird dann wiederum mit der auf der Erde vorhandenen biologisch produktiven Fläche verglichen.
Wird theoretisch weniger Fläche gebraucht als vorhanden ist, ist das natürlich sehr gut. Wird hingegen mehr als die vorhandene Fläche benötigt, leben wir über unsere Verhältnisse. Aktuell verbraucht die Menschheit das 1,75-fache der auf der Erde vorhandenen Ressourcen. Grund hierfür sind unter anderem die Industrialisierung, steigende Lebensstandards und der Rückgang der globalen Biodiversität.
Macht doch einfach mal den Test: Wie hoch ist euer ökologischer Fußabdruck?
Hierzu gibt es einen Rechner auf der Seite des Global Footprint Network. Dort werden unter anderem Fragen zur Wohnsituation, eurem Konsumverhalten und der Ernährung gestellt. Wenn also auch Ihr wissen wollt wo Ihr diesbezüglich so steht, nehmt euch doch einfach einmal ein paar Minuten Zeit und macht den Test.
Und? Ist bei Euch auch eine Zahl deutlich jenseits der 1,0 herausgekommen? Tja, so ist das, wir leben in einem Industrieland und haben mit den höchsten Lebensstandard weltweit.
Aktuell ist unser Leben nicht ressourcenschonend genug und so ist es wenig verwunderlich, dass die deutsche Bevölkerung das 3,5-fache der verfügbaren Ressourcen verbraucht. Aber genau hier müssen wir ansetzen und genau das soll durch den Earth Overshoot Day nachhaltig ins Rollen gebracht werden. Wir alle müssen nachhaltiger werden.
Move The Date, was getan werden kann
Eine gute Nachricht gibt es dann aber doch, denn jeder Mensch kann (und muss) was tun. Der World Wide Fund For Nature (WWF) hat diesbezüglich bereits Rechenmodelle angestellt und bietet auf seiner Internetseite konkrete Lösungsansätze, wie sich das Datum des Weltüberlastungstags gezielt verschieben lässt.
Hierzu nennt der WWF zahlreiche Punkte, die das Datum des Earth Overshoot Days um eine bestimmte Anzahl Tage nach hinten schieben sollen. Etwa die Hälfte der vorgeschlagenen Maßnahmen betreffen uns direkt, wir können uns also aktiv daran beteiligen.
Die restlichen Fallen überwiegend in den Wirkungsbereich der Regierungen und größerer Organisationen, sodass wir als Einzelperson diese Maßnahmen maximal finanziell oder politisch unterstützen können.
Auf den Fleischkonsum achten
Laut WWF kann das Datum 7 Tage nach hinten verschoben werden, wenn der weltweite Fleischkonsum auf die Hälfte reduziert wird. Das heißt freilich nicht, dass wir nun alle Veganer oder mindestens doch Vegetarier werden müssen. Aber es lohnt sich auf jeden Fall den persönlichen Fleisch- und Wurstkonsum einmal auf den Prüfstand zu stellen.
Ein guter Kompromiss kann hier beispielsweise der Ansatz „Klasse statt Masse“ sein. Also lieber selten nachhaltige produziertes Fleisch konsumieren, als jeden Tag auf Billigprodukte aus Massentierhaltung zu setzen.
Keine Lebensmittel verschwenden
Die Lebensmittelverschwendung weltweit zu halbieren bringt bis zu 13 Tage. Basieren auf den Zahlen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen wandern jedes Jahr rund 1,3 Milliarden Tonnen brauchbare Lebensmittel in den Müll. Grund dafür ist unter anderem eine absichtliche Überproduktion und hohe Aussonderungsquote, aber auch ein falsches Konsumverhalten.
Laut einer Studie der Welthungerhilfe werden in Deutschland jährlich pro Einwohner rund 82 kg Lebensmittel weggeworfen. Rund 40 % gehen dabei direkt zulasten der Konsumenten. Heißt es werden zu viele Lebensmittel gekauft, die später doch nicht gebraucht werden und schließlich in der Tonne landen. Viele Menschen verstehen auch das Mindesthaltbarkeitsdatum falsch und entsorgen vorsorglich Lebensmittel, die noch problemlos genießbar sind.
Wer jedoch bewusst einkauft und konsumiert, tut der Umwelt Gutes, ohne sich dabei großartig einschränken zu müssen. Wer einen eigenen Garten oder großen Balkon besitzt, kann außerdem Gemüse und Obst selber anpflanzen.
Lebensdauer der Kleidung verlängern.
Eigentlich ist die Rechnung einfach: Verdoppelt man die Lebensdauer von Kleidung, muss nur halb so viel Kleidung hergestellt werden, folglich werden auch nur halb so viele Ressourcen verbraucht. 5 Tage soll das Laut WWF bringen. Wer also bislang auf Fast Fashion setzt, sollte hier auf jeden Fall sein Konsumverhalten überdenken. Durch den Kauf von zertifizierten Produkten kannst Du gezielt auf Kleidung setzen, die nachhaltig produziert und / oder nach hohen Sozialstandards gefertigt wurde.
Sozial- und Ökolabels – ein kleiner Führer durch den Siegelwald
Auch sollte man auf jeden Fall prüfen, ob kleinere Beschädigungen an hochwertigen Kleidungsstücken immer gleich das Aus bedeuten müssen oder ob sich nicht vielleicht doch eine Reparatur lohnt. Wie das beispielsweise bei Schuhen oder Funktionsbekleidung aussieht, haben wir für Euch bereits hier im Basislager näher unter die Lupe genommen. Wenn ihr daran also Interesse habt, schaut euch doch auch diese Beiträge an.
Sohle runter, Schuh noch gut – Welche Hersteller bieten den Sohlen-Service?
Hardshelljacken reparieren – Erste Hilfe für die Jacke
Strom aus erneuerbaren Energien beziehen oder selbst produzieren
Würde mindestens 75 % des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden, würde dies den Earth Overshoot Day laut WWF um ca. 26 Tage nach hinten schieben. Hier wird es für viele Privatpersonen freilich schwerer, sich aktiv zu beteiligen.
Hausbesitzer können aber beispielsweise durch den Bau einer Photovoltaikanlage diesen Prozess aktiv mittragen. Kalkuliert man die Anlage dann außerdem so, dass nicht nur der Eigenbedarf gedeckt ist, sondern quasi Überschuss produziert wird, hat man eigentlich alles getan, was man kann. Wer weiterhin seinen Strom von einem Stromanbieter bezieht, kann aber darauf achten, dass es sich um einen Ökostromtarif handelt, der Strom also mittels erneuerbaren Energien produziert wird.
Egal wie die Maßnahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien aussehen, nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine ist klar, Energieträger wie Gas und Kohle müssen mittelfristig durch nachhaltige Alternativen wie Windkraft und Solarenergie ersetzt werden. Auch aktiv Strom zu sparen, kann dabei helfen eine Energiewende herbeizuführen.
Hausbesitzer können zusätzlich auch über eine Begrünung ihres Haus- oder Garagendachs nachdenken. Laut WWF lässt sich der Weltüberlastungstag durch die Begrünung der Hälfte der Dächer weltweit im 1,6 Tage verschieben.
Autofahrten und Flüge reduzieren
Ein weltweiter Rückgang der Autofahrten um 50 % brächte uns laut WWF rund 13 Tage ein. Wer also verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel setzt oder auch kürzere bis mittlere Strecken zu Fuß geht oder mit dem Fahrrad fährt, trägt aktiv zur Schonung der Ressourcen und zum Klimaschutz bei. Das ist natürlich je nach Region nicht immer ganz einfach, aber trotzdem lohnt es sich hier und da zu überprüfen, wo man vielleicht im Alltag ein wenig an den Stellschrauben drehen kann.
Ich lebe in einem Dorf, öffentlicher Nahverkehr ist hier direkt so gut wie nicht vorhanden. Dennoch fahre ich vergleichsweise wenig Auto. Viele Besorgungen lassen sich auch mit dem Rad erledigen, das spart Ressourcen und gleicht den Bewegungsmangel im Bürojob ein wenig aus. Größere Besorgungen oder beispielsweise auch den Einkauf von Getränken versuche ich immer so zu steuern, dass ich sie erledigen kann, wenn ich ohnehin schon mit dem Auto unterwegs bin. Auch das spart ein paar Kilometer im Jahr.
Außerdem kann sich jede und jeder Einzelne von uns überlegen, ob es denn für den nächsten Urlaub oder Städtetrip denn wirklich sinnvoll ist das Flugzeug zu nehmen. Gerade in Mitteleuropa oder innerhalb Deutschlands stellt die Bahn oft eine gute Alternative dar (und ja, ich weiß, Verspätungen, keine Klimaanlage, überfüllte Waggons etc.) Trotzdem…
Wer mir nicht glaubt, hier ein Beispiel: Die Strecke von meinem Wohnort nach Paris beträgt rund 550 km. Laut Routenplaner braucht man mit dem Auto dafür ca. 5,5 – 6 Stunden. Fliege ich vom nächsten Flughafen, der einen Direktflug anbietet, beträgt die Reisezeit (mit Bus und Bahn zum Flughafen und der Flug selbst) mindestens 3,5 Stunden, Wartezeiten und Puffer am Flughafen sowie die Fahrt vom Zielflughafen ins Zentrum nicht eingerechnet.
Nur mit dem Zug lässt sich die Strecke bei guter Verbindung problemlos in ebenfalls knapp 3,5 Stunden bewältigen. Allerdings sind hier bereits alle Warte- und Umsteigezeiten eingerechnet und ich komme direkt in der Stadt an.
Und selbst von hier nach Berlin (was immerhin einmal quer durch die Republik ist) würde ein Flug effektiv, kaum einen Zeitvorsprung bieten.
Die Bergfreunde und der Klimaschutz
Immer wieder haben wir uns in der Vergangenheit bemüht nachhaltiger zu werden. Mit dem Ergebnis, dass wir inzwischen sogar rückwirkend bis zu unserem Gründungsjahr 2006 klimaneutral sind.
Auch für uns war es einer der ersten Schritte zu Schauen, wie hoch unsere CO2-Emissionen sind und wo sie überwiegend entstehen. In einem nächsten Schritt haben wir daher versucht, genau diese Emissionen so gut es geht zu reduzieren und aktiv gegenzusteuern, beispielsweise indem wir einen Teil unserer Energie selbst produzieren.
Außerdem unterstützen wir durch den Kauf von entsprechenden Zertifikaten Projekte, die dazu dienen, Treibhausgase zu kompensieren. Zusammen mit ClimatePartner erstellen wir so jährlich eine Klimabilanz, die Verbesserungspotenzial aufzeigt und die Grundlage für unsere Maßnahmen ist.
Wenn Du zu diesem Thema gerne mehr erfahren und wissen möchtest was wir in Sachen Nachhaltigkeit sonst noch so tun, findest Du alle wichtigen Informationen auf unserer Nachhaltigkeitsseite.
1 Kommentar zum Artikel
Hi Lisa, danke für Deinen Artikel und den Überblick zu dem Thema. Grundsätzlich brauchen wir einen systemischen Wandel in fast allen Lebensbereichen. Was mich persönlich oft erstaunt, ist, das gerade z.B. auch bei den Tipps vom WWF kaum die Rede ist, dass wir unsere Art zu Bauen & Wohnen im Privaten & der Industrie grundsätzlich überdenken müssen. In der Summe entstehen rund 40% des weltweiten CO2 Ausstoßes in der Bauwirtschaft. Alleine die Herstellung von Zement nimmt 15% des weltweiten CO2 Ausstoßes ein. Politisch wird das Thema auch eher weniger besprochen, obwohl es mit Abstand einer der größten Einflussfaktoren aufs Klima ist. Grüße Hannes