Stell dir mal vor, du könntest einfach ein Boot in deinen Rucksack packen, irgendwo hinlaufen und paddeln gehen. Das eröffnet dir doch ganz andere Möglichkeiten. Und erweitert die bisher typischen Spots, die man meist mit dem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann um neue. Aber lass uns mal nachdenken: Das gibt es, und es nennt sich Packrafting. Und nicht nur das. Packrafting ist eigentlich eine ganz eigene Disziplin, die das Wandern beziehungsweise Trekking mit dem Paddeln gekonnt verbindet.
In diesem Artikel erklären wir dir, was Packrafting genau ist, was du dazu benötigst und wie du es anstellst, wenn du das erste Mal eine entsprechende Tour machen möchtest. Abgesehen davon schauen wir uns auch einmal die eine oder andere Variante des Packraftings an.
Was ist Packrafting?
Die Bezeichnung Packrafting kommt aus dem Amerikanischen. Sie setzt sich aus den Begriffen „raft“ (wörtlich Floß) und „pack“ (zusammenpacken, gepackt) zusammen. Frei übersetzt handelt es sich bei einem Packraft also um ein zusammengepacktes Boot. Gerade für Deutschsprachige ist die Bezeichnung “Raft” jedoch irreführend. Denn es handelt sich bei den Packrafts weder um „Raftingboote“, die von einem ganzen Team in schwerem Wildwasser gefahren werden, noch um Flöße. Packrafts sind extrem leichte Reiseboote, die in Abhängigkeit vom jeweiligen Modell und dessen Bauart auch in Wildwasser gefahren werden können.
Und so geht’s: Die vergleichsweise leichten Schlauchboote werden so verpackt, dass sie und das Zubehör sowie das restliche Gepäck problemlos über längere Strecken getragen werden können. Zumeist handelt es sich hierbei um Einsitzerkajaks, seltener auch um Kajaks oder Kanadier, die für zwei Personen geeignet sind. Durch die kompakte Bauweise lassen sich Boote dieser Art meist auf die Größe eines großen Schlafsacks oder kleinen Zelts zusammenpacken. Die Paddel können in mehrere Teile zerlegt und somit platzsparend am oder im Rucksack transportiert werden.
Die Einsatzstelle am Fluss liegt oft in entlegeneren Gebieten und wird nicht selten nach einer Halb- oder Ganztagswanderung erreicht. Das eigentliche Paddeln ist somit zwar der Anlass für die Tour und auch deren eigentliches Ziel, dennoch kann es sein, dass der Weg zum Spot mindestens genau so viel Zeit in Anspruch nimmt wie das Paddeln selbst.
Welche Ausrüstung brauche ich fürs Packrafting?
Wie bereits erwähnt, kommen beim Packrafting spezielle Boote zum Einsatz: sogenannte Packrafts. Ausstattung, Konstruktion sowie Gewicht und Packmaß variieren dabei von Modell zu Modell. Was für wen sinnvoll ist, hängt natürlich davon ab, wofür man das Boot vornehmlich benötigt. Für Fahrten im Wildwasser braucht es beispielsweise andere Boote als für Wanderfahrten auf eher zahmen Flüssen. Auch persönliche Faktoren wie Gewicht und Größe beeinflussen, welches Boot in welcher Form und mit welcher Ausstattung geeignet ist.
Wer viel Ausrüstung transportieren möchte oder selbst vergleichsweise groß und schwer ist, sollte darauf achten, dass das Boot eine entsprechend hohe Zuladung ermöglicht. Für Fahrten im Wildwasser werden in der Regel Boote mit einem Verdeck bzw. zusätzlicher Spritzdecke eingesetzt. Bewegt man sich in eher moderatem Wasser, ist das nicht erforderlich und man kann zugunsten eines geringeren Gewichts darauf verzichten.
Das sind aber wie gesagt nur Beispiele und die genaue Konfiguration des für euch perfekten Boots richtet sich nach vielen, teilweise sehr individuellen Faktoren. Hier kann es daher hilfreich sein, zunächst mit Leihausrüstung erste Erfahrungen zu sammeln und / oder sich fachkundig beraten zu lassen.
Generell gilt aber: Wer nur in stehenden Gewässern paddeln will und sich gerade dabei ertappt hat, eine Bodenseedurchquerung oder den nächsten Urlaub auf der Mecklenburgischen Seenplatte zu planen, sollte lieber zu einem anderen Boot greifen. Packrafts sind nämlich aufgrund ihrer Konstruktion vergleichsweise langsam und machen daher nur auf Fließgewässern so richtig Spaß.
Die Qual der Wahl – Stechpaddel oder Doppelpaddel?
Auch die Wahl des passenden Paddels hängt von mehreren teilweise persönlichen Faktoren ab. Einsitzer-Packrafts werden normalerweise mit einem Doppelpaddel und somit als Kajak gefahren. Modelle, die für zwei Personen geeignet sind, fährt man nicht selten auch als Kanadier und somit mittels zweier Stechpaddel. Dementsprechend ist es wichtig, dass ihr euch für (ein) Paddel entscheidet, das auch zu eurem Boot passt. Hierzu noch ein Hinweis: Manche Boote können auf unterschiedliche Art gefahren werden. Wer sich nicht sicher ist, welche Variante für ihn oder sie die bessere ist – oder immer mal wieder wechseln möchte – kann auf Multipaddel zurückgreifen. Paddel dieser Art können unterschiedlich zusammengebaut werden und sind je nach Aufbauart entweder zusammengesetzt als Doppelpaddel oder einzeln als zwei Stechpaddel verwendbar.
Sicherheitsausrüstung – das solltest du dabeihaben
Fürs Packrafting braucht es eine entsprechende Sicherheitsausrüstung. Was dabei in welcher Form jeweils erforderlich ist, hängt immer stark von der Charakteristik und Schwierigkeit eurer Paddeltour ab. Aus diesem Grund beschränke ich mich hier auch nur auf die wichtigste Grundausrüstung.
- Schwimmweste: Schwimmwesten (offiziell eigentlich Schwimmhilfen) haben beim Paddeln in der Regel mehrere Funktionen. In erster Linie dienen sie als Auftriebskörper und sorgen dafür, gekenterte Paddler vor dem Ertrinken zu retten. Darüber hinaus dienen Feststoffwesten gerade beim Wildwasserfahren auch als Prallschutz, wenn man unterwegs ungewollt baden geht. Abgesehen von den Feststoffwesten gibt es fürs Packrating aber auch aufblasbare Schwimmwesten. Diese müssen vor dem Gebrauch mit Mund oder Pumpe mit Luft gefüllt werden. Sie dienen einzig als Auftriebskörper, nicht aber als zusätzlicher Prallschutz. Hierdurch sind aufblasbare Schwimmwesten überwiegend für Fahrten auf Seen und im Zahmwasser geeignet, überzeugen gleichzeitig aber durch ihr geringes Packmaß. Egal für welchen Typ Schwimmweste ihr euch entscheidet, wichtig ist, dass sie gut sitzt und zu eurem Körpergewicht passt. Und Ihr müsst sie auch tragen, das alleinige Besitzen bringt im Ernstfall nämlich nichts.
- Wurfsack: Ein Wurfsack ist ein Beutel mit einer integrierten Rettungsleine. Er wird beim Paddeln eingesetzt, um hilflose, gekenterte Personen zu retten. Der Einsatz des Wurfsacks erfolgt in der Regel vom Ufer aus. Der Werfer hält dabei die Leine fest und wirft den Wurfsack der hilflosen Person zu, sodass diese den Wurfsack greifen und festhalten kann. Danach holt der Werfer die Leine ein und hilft somit der gekenterten Person das Ufer zu erreichen.
- Helm: Helme kommen vor allem beim Wildwasserpaddeln zum Einsatz und schützen beim Kentern vor Kopfverletzungen.
- Erste-Hilfe-Set: Von kleinen Kratzern bis hin zur ernsthaften Verletzung hier ist alles drin, was im Notfall zur ersten Behandlung benötigt wird. Übrigens gibts Verbandtaschen fürs Paddeln auch in wasserdicht.
Kleidung, Zubehör und Kleinkram
Abgesehen von Boot, Paddel und Sicherheitsausrüstung gibt es auch beim Packrafting einige Dinge, die euch unterwegs das Leben leichter bzw. bequemer machen. Hierzu zählen beispielsweise Neoprenanzüge. Diese gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen und Formen, auf die ich an dieser Stelle en détail weder eingehen will noch kann. Nur so viel sei gesagt: Neoprenanzüge schützen vor kaltem Wasser und beim Einsatz bei Wildwasserfahrten ein Stück weit auch vor Schürfwunden und Prellungen, wenn ihr kentert. Während klassische Neoprenanzüge die Körperwärme bzw. das aufgewärmte Wasser am Körper halten, gibt es auch Trockenneoprenanzüge, die dafür sorgen, dass ihr erst gar nicht nass werdet. Aber auch eure Hände und Füße könnt ihr beim Paddeln zuverlässig mittels Neopren-(Hand)Schuhen schützen. Was dabei jeweils sinnvoll und erforderlich ist, hängt stark von der Wassertemperatur, der Strecke und euren persönlichen Bedürfnissen ab.
Dass man beim Paddeln nass wird, ist nicht weiter schlimm und gehört ja irgendwie auch dazu. Schön ist es dann nur, wenn man nach der Tour in trockene Sachen schlüpfen kann und das restliche Gepäck noch trocken ist. Genau für diesen Zweck gibt es Paddelsäcke. Also wasserdichte Packsäcke, die ihr mittels Rollverschluss verschließen könnt. Hierdurch sind eure Sachen auch bei wilderen Fahrten immer gut vor dem Nasswerden geschützt. Ganz wichtig dabei: Befestigt alles, was ihr ins Boot mitnehmt, auch am Boot. Gerade bei Wildwasserfahrten geht hier sonst schnell was über Bord.
Einige Packrafts haben auch spezielle Abteile für das Gepäck in den Luftkammern. Das hat den Vorteil, dass darin verstaute Gegenstände zuverlässig vor Verlust und Nässe geschützt sind. Alles, was in diesen Kammern verstaut werden soll, muss allerdings schon vor dem Aufblasen des Boots verstaut werden und kann erst dann wieder verwendet werden, wenn man die Luft aus dem Boot lässt. Gegenstände, die während der Fahrt oder für eine Pause benötigt werden, sollte man hier also nicht verstauen.
Das erste Mal Packrafting – so stellst du es an
Wer keine Vorkenntnisse im Paddeln hat, ist auch beim Packrafting gut beraten, sich für die erste(n) Tour(en) einer Gruppe anzuschließen und alles Notwendige rund ums Paddeln und das richtige Verhalten auf dem Wasser kennen zu lernen. Hierzu gibt es auch in Deutschland mittlerweile zahlreiche professionelle Anbieter, die entsprechende Kurse sowie Ein- oder Mehrtagestouren veranstalten. Abgesehen davon gibt es deutschlandweit zahlreiche Ortsgruppen des Deutschen Kanu Verbands, von denen die eine oder andere sicherlich auch Packraftingtouren im Programm hat.
Darüber hinaus ist Packrafting eine ziemliche Materialschlacht. Am Anfang ist es daher auf jeden Fall sinnvoll, auf Leihmaterial zurückzugreifen. Dies ist bei geführten Touren oder Kursen in der Regel problemlos möglich und bietet oft auch die Chance, ganz unterschiedliches Material auszuprobieren, bis man schließlich weiß, was man ganz genau will und braucht.
Wer beim Paddeln bereits entsprechende Vorkenntnisse hat, kann selbstverständlich auch auf eigene Faust losziehen. Für die Planung gibt es zahlreiche Tourentipps im Internet und auch entsprechende Kanuführer in Buchform. Informiert euch aber auf jeden Fall vorab über die aktuellen Bedingungen vor Ort und über die jeweiligen Befahrungsregeln sowie Hindernisse und Wehre im Fluss.
Packrafting weitergedacht – Varianten
Während Packrafting im klassischen Sinn vor allem Paddeln und Wandern ist, gibt es auch noch andere Varianten.
Die bekannteste dürfte das Bikerafting sein, also die Kombination von Fahrrad- und Paddeltour. Die Besonderheit dieser Kombination liegt in der vergleichsweise hohen Reichweite und einer generell erhöhten Mobilität. Während es relativ leicht ist, das Boot auf dem Fahrrad zu transportieren, ist der Transport des Fahrrads im Boot oft komplizierter. Wer also mit dem Packrafting anfängt und später vielleicht auch beim Bikerafting landen will, sollte bei der Anschaffung des Bootes auf jeden Fall darauf achten, dass es auch für die Zuladung und das Zusatzgewicht geeignet ist. Außerdem kommen fürs Bikerafting oft Klappräder zum Einsatz, da sich diese leichter auf dem Boot verstauen lassen. Wird hingegen ein „normales“ Fahrrad verwendet, ist man sicherlich gut beraten, Vorder- und Hinterrad für den Transport zu demontieren. Hierdurch wird das Fahrrad kompakter und lässt sich besser verstauen.
Doch auch vergleichsweise „faule“ Tages- oder Halbtagestouren, bei denen öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden, sind mit Packrafts gut zu bewerkstelligen. Durch das kleine Packmaß können die Boote nämlich im Zug, Bus, Straßen- und U-Bahnen problemlos mitgenommen werden, was für den Weg zum Spot oder zurück nach Hause sehr praktisch ist.