Bergfreund Andreas war vor kurzem auf der Suche nach einem neuen Sicherungsgerät. Bisher sicherte er ausschließlich mit einem Sicherungsgerät nach Tube-Prinzip. Nun sollte ein Umstieg auf einen Halbautomaten folgen. Einige Erfahrung hat er bereits durch DAV-Kletterkurse und verschiedene Kletterpartner mit diversen Geräten gemacht. Darunter Petzl – GriGri 2, Climbing Technology – Click-Up, Mammut – Smart (Autotuber) und Co. Nach Abwägen der Pros und Contras der verschiedenen Geräte hat er sich letztlich für das Edelrid – Jul 2 – Sicherungsgerät entschieden.
Was macht das Produkt besonders?
Wichtig war mir, dass das Gerät klein und handlich, dabei aber noch gut zu bedienen ist. Die “Nase” sollte nicht allzu lang sein, trotzdem aber gut zu greifen und verhindern, dass man sich beim Ablassen am durchlaufenden Seil die Pfoten verbrennt. Zu guter Letzt war mir bei einem Setkauf wichtig, dass sowohl Karabiner als auch Gerät auf Langlebigkeit ausgelegt sind. Im Jul 2 von Edelrid habe ich das, mit ein paar kleinen Abstrichen, zu einem moderaten Preis gefunden.
Vorteile
Was mich an der Bedienung überzeugt hatte, war vor allem die kurze Nase. Beim Smart hatte ich immer das Problem, dass das Seil beim Ablassen des Partners dazu neigt, seitlich aus der Führung der langen Nase herauszuspringen. Dadurch wurde das Ablassen zu einer ruckeligen Angelegenheit. Äußerst nervig, wie ich immer fand. Im Gegensatz dazu läuft das mit der kurzen Nase des Jul 2 wie geschmiert. Kein Kampf, das Seil in der Führung zu halten, vor allem, wenn das Seil etwas seitlich des Sichernden liegt. Das ist ja eigentlich immer der Fall, da das Seil idealerweise da liegt, wo man als Sichernder niemals stehen will/soll: in der Falllinie unter dem Kletternden.
Im Vergleich zum Click-Up empfand ich das Aufheben der Blockierung des Jul 2 als deutlich einfacher. Selbstverständlich ist die Handhabung bei jedem Gerät Übungssache und geht irgendwann in Fleisch und Blut über. Trotzdem ist eine einfachere Bedienung in meinen Augen immer vorzuziehen. Nur kurz die Nase mit dem in ständiger Nähe befindlichen Daumen der Sicherungshand angehoben und weiter geht’s. Kein Umgreifen der seilausgebenden Hand wie beim Click-Up, was ich auf Dauer als umständlich empfunden habe und den „Sicherungsfluss“ meiner Meinung nach deutlich stärker stört.
Nachteile
Als unangenehm empfand ich das Problem, dass es bei wirklich schnellen Seil-Einzieh-/Ausgabe-Wechseln vorkommen kann, dass man mit dem Daumen am Bügel hängen bleibt und das Ausgeben eventuell ein abruptes Ende findet, wenn die Blockierung greift, weil der Partner durch seinen Vorwärtsdrang von oben Zug ausgeübt hat. Hier könnte bei häufigen schnellen Wechseln sicher auch das Fehlerpotential steigen. Mit ausreichender Übung kommt das aber nur noch selten vor.
Ein weiteres anfängliches Problem ist die Dosierung der Ablassgeschwindigkeit. Die Bremshand dosiert mit dem Daumen wie beim Seilausgeben die Geschwindigkeit, während die andere Hand von oben nach unten ans Seil umgreift. Hier bedarf es etwas Übung, um ein gutes Gefühl für den relativ schmalen Grat zwischen „noch blockiert“ und „rasender Fahrstuhl abwärts“ im Daumen zu bekommen. Denn zieht man mit dem Daumen der Bremshand beim Ablassen zu motiviert an der Nase nach oben, geht es schwungvoll abwärts. Der Sichernde erschrickt eventuell und durch die ruckartige Verringerung der Ablassgeschwindigkeit. Die Blockierung ist aber wie gesagt sehr einfach wieder aufgehoben und mit der nötigen Übung wird das Ablassen eine flüssige Sache.
Verarbeitung & Qualität
Das Jul 2 besteht aus Edelstahl (laut Küchenwaage 100 g), das mit den üblichen Piktogrammen zum Einlegen des Seils und den verwendbaren Seildurchmessern (8,9 – 11 mm) gekennzeichnet ist. Im Falle des Kits gehört ein Stahl-Schraubkarabiner dazu (Küchenwaage sagt 135 g) mit einer Bruchlast von längs 28 kN, quer 8 kN und offen 10 kN.
Der Karabiner besitzt einen angerauten, griffigen Drehverschluss, die Karabinernase ist komplett flach, weist also keine „Grube“ auf, an der das Seil oder der Bügel beim Ein-/Ausklinken hängen bleiben könnten. Darüber hinaus besitzt er einen kleinen inneren Bügel, in den die Zentral-/Anseilschlaufe eingehängt wird, um ein Verdrehen des Karabiners und damit Querbelastung bzw. Verrutschen des Gerätes zu verhindern.
Die Kraft dieses Bügels könnte für meinen Geschmack etwas stärker ausfallen, um noch sicherer oben genanntes Szenario zu verhindern, aber das mag Ansichtssache sein. Ein Verdrehen ist bisher nur ein einziges Mal „von alleine“ zustande gekommen und das in einer nicht sicherheitsrelevanten Situation, mit Kletterer noch am Boden.
Zugegeben sind Jul 2 und Karabiner nicht von der ganz leichten Sorte, der vermittelte Eindruck von Stahl und Stahl ist jedoch der von Langlebigkeit und soweit ich mich erinnern kann, empfiehlt Edelrid auch die Verwendung von Stahlkarabinern, da bei Verwendung von Aluminiumkarabinern das weichere Aluminium unter der Edelstahlunterkante des Jul 2 leidet.
Im Übrigen wird die Verwendung von Karabinern des Typs DMM – Belay Master 2 – HMS-Karabiner ausdrücklich untersagt, da der breite Plastiksteg, der hier ein versehentliches Aufdrehen des Schraubverschlusses verhindern soll, die Blockierfunktion des Jul 2 negativ beeinflusst, wenn nicht sogar aushebelt. Zum Blockieren zieht sich das Jul 2 an den Karabiner heran und „dockt“ schließlich mit der Aussparung an diesem an. Dafür muss der Weg für den Drahtbügel des Jul 2 nach unten jedoch frei sein. Beim Belay Master von DMM o.ä. ist er das aber durch den Plastiksteg nicht, wodurch eben dieses Heranziehen und damit die Blockierfunktion außer Kraft gesetzt wird.
Für wen eignet es sich besonders?
Das Sicherungsgerät ist für das Sportklettern in der Halle, aber auch für den Fels geeignet. An sich für jeden, der sich das besondere Etwas an mehr Sicherheit wünscht und die Kombination aus leichter Bedienung und geringer Größe à la Tube mit dem Vorteil einer Autoblockierfunktion zu einem moderaten Preis sucht.
Wen das Jul 2 noch nicht ganz überzeugt, der sollte sich das Salewa – Ergo Belay System – Sicherungsgerät anschauen. Das ist zwar fast schon in einem empfindlichen Preissegment angesiedelt, vereint aber die Vorteile der wahnsinnig einfachen Bedienung ähnlich dem Jul 2, allerdings mit einer deutlich besseren Dosierbarkeit der Ablassgeschwindigkeit, ähnlich der des Click-Up. Das Ganze kostet jedoch ca. 20 bis 30 € mehr, je nachdem ob vom Jul2 Kit oder „Single“ ausgegangen wird.
2 Comments on the Article
Hi, klasse Artikel, Danke! Könnt ihr eine Empfehlung aussprechen ob Jul2 oder Megajul? Es gibt ja jetzt auch das Megajulsport - allerdings blicke ich nicht ganz durch was für Vorteile da zu erwarten sind. Die paar Gramm Gewicht fallen für mich dabei nicht so sehr ins Gewicht (höhö) - gibt es da irgendwelche Sicherheitsrelevanten Updates oder sind es nur geometrische Features die da anders sind (beim Megajul zum Bsp im Stand zwei Nachsteiger sichern zu können?) Danke & besten Gruß Nicolas
Ich hab den Jul2 seit geraumer Zeit für Toprope und Vorstieg im Einsatz und kann die Verletzung des Bremshandprinzips nicht nachvollziehen. Wieso sollte ich die Nase anheben? Das tue ich nur zum Ablassen. Allerdings lasse ich das Seil beim Vorstieg in den meisten Fällen seitlich an der Spur vorbei laufen, so kann man eis problemlos ausgeben (durch Schub von unten und nachziehen mit der oberen Hand am Seil) und einholen, ohne die Hand zu öffnen. Solange die Hand unterhalb vom Jul ist, blockiert das Gerät zuverlässig. Nach allem, was ich in Hallen gesehen habe, ist die viel größere Gefahr, dass Menschen die Bremshand plötzlich oberhalb des Jul haben, um Seil "nachzustopfen" - das ist gefährlich, weil dann nichts mehr blockiert. Ansonsten ist wirklich zu empfehlen, den Jul2 nicht allein (so wie ich dummerweise) sondern im Set zu kaufen, weil man sich einen Alu-Karabiner damit wirklich schnell ruiniert. Da sollte ein Edelstahl-Karabiner dran.