Heute machen wir den Einstieg in das Thema einmal kurz und schmerzlos. Es geht ums Bergsteigen für Anfänger! Und jetzt kann sich gleich jeder einmal überlegen, was er denn unter dem Begriff „Bergsteigen“ versteht. Vielleicht einfach nur Berge zu besteigen? Gehören dann da auch eher gemäßigte Mittelgebirgsgipfel wie der Brocken oder die Wasserkuppe dazu? Würde wirklich irgendwer sagen, dass er zum Bergsteigen in den Spessart fährt? Oder ist Bergsteigen für Euch vielleicht das, was man auch als Hochtour bezeichnen würde? Also Gipfel im hochalpinen Terrain besteigen und das mit ordentlich Gletscherkontakt und Kletterei. Also auf jeden Fall Touren wie Mont Blanc oder Großglockner. Wo aber ordnen sich dann Berge wie die Zugspitze oder der Watzmann ein? Wandern ist das ja nun auch nicht mehr. Und wo bleiben Klettersteige, vor allem dann, wenn sie auf einen Gipfel führen?
Was ist Bergsteigen?
Ihr seht: Zu beantworten, worum es sich beim Bergsteigen eigentlich genau handelt, ist gar nicht so einfach. Der Begriff „Bergsteigen“ ist nicht eindeutig definiert. Versuchen wir es daher einfach einmal so: Bergsteigen ist, wenn man beim Wandern in alpinen Gelände ohne den Gebrauch der Hände oder ohne weitere Ausrüstung nicht mehr weiter kommt. Bergsteigen kann also vieles sein. Beispielsweise Bergwanderungen mit leichter Kraxelei und/oder versicherten Steigen, aber auch ernstzunehmende Hochtouren in schwierigem Fels und Eis.
Hier die Definition des Deutschen Alpenvereins:
„Bergsteigen ist einerseits die Weiterführung des (Berg)Wanderns und kann Klettersteigtouren beinhalten, andererseits stellt es die Basis für Hochtouren im Gelände auf über 3000 Metern Höhe mit spaltenreichen Gletschern, Eisflanken und Firngraten bzw. im Mixedgelände (Eis und Fels) dar.[1]“
Hieraus ergeben sich unterschiedliche, teilweise eigenständige Disziplinen, die alle irgendwie „Bergsteigen“ sind.
- Bergwanderungen mit leichter, freier Kletterei
- Klettersteige (teilweise in Verbindung mit einer entsprechenden Bergwanderung)
- Alpinklettern
- Klassische Hochtouren mit alpiner Kletterei und / oder Gletscherkontakt
- Ski- und Schneeschuhtouren in alpinem Gelände
Zum Thema Klettersteige sowie Ski- und Hochtouren gibt es bereits gesonderte Beiträge hier im Basislager. Ich habe Euch daher diese Punkte verlinkt. Darüber hinaus ist das Alpinklettern eine vergleichsweise eigenständige Disziplin, weshalb wir uns in diesem Beitrag in erster Linie ums Bergsteigen für Anfänger in der Form von „verschärftem Bergwandern“ bis hin zu leichten Hochtouren kümmern werden.
Welche Ausrüstung brauche ich zum Bergsteigen als Anfänger?
Auch auf diese Frage gibt es leider keine allgemeingültige Antwort. Die perfekte Ausrüstung richtet sich immer nach: der Tour, deren Länge und Charakter, dem Wetter und der Jahreszeit sowie persönlichen Bedürfnissen. Aus diesem Grund ist es schwer, hier allgemeingültige Aussagen zu treffen. Ich möchte Euch daher anhand einiger Beispiele einmal lediglich die wichtigsten Ausrüstungsgegenstände kurz vorstellen. Auf Kleidung, Verpflegung oder auch Kleinteile werde ich dabei nicht näher eingehen. Einen guten Überblick über das, was auch bei klassischen Bergtouren als Grundausrüstung im Gepäck sein sollte, gibt Euch darüber hinaus unsere Packliste: Wandern Tagestour.
Schuhe
Je anspruchsvoller die Tour, desto höher ist auch die Anforderung an die Schuhe. In der Regel sind für klassische Bergtouren Wanderschuhe der Kategorie B der B/C gut geeignet. Wird das Gelände schwerer, kommt es zu vermehrter Kletterei oder sollen auch Steigeisen schnell und zuverlässig montiert werden, sind hierbei nicht selten auch Bergschuhe der Kategorie C im Einsatz.
Wenn Ihr wissen wollt, was es genau mit den Kategorien bei Wanderschuhen auf sich hat, dann verweise ich Euch auf den entsprechenden Artikel hier im Basislager.
Abgesehen davon fasse ich Euch hier die wichtigsten Punkte zusammen. Danach wisst Ihr, was ein Wanderschuh für anspruchsvolle Bergtouren mitbringen sollte.
- Gute Passform: Das Wichtigste bei Wanderschuhen ist, dass sie gut passen und keine Druckstellen hervorrufen. Nehmt Euch daher wirklich viel Zeit für eine gründliche Anprobe.
- Griffige Sohle: Alle Modelle der genannten Kategorien verfügen über eine griffige Profilsohle, die für ordentlich Grip auf verschiedenen Untergründen sorgt. Dennoch bringen Sohlen unterschiedliche Eigenschaften mit sich. Durch eine höhere Steifigkeit wird beispielsweise das Tragen von klassischen Steigeisen mit Riemenbindung oder Grödel erleichtert. Modelle der Kategorie C erlauben durch den speziellen Sohlenrand auch das Tragen halbautomatischer Steigeisen mit Kipphebel.
- Hoher Schaft: Ein hoher Schaft schützt und unterstützt die Knöchel. Gerade wenn Ihr Probleme mit den Sprunggelenken habt, solltet Ihr daher Wanderschuhe wählen, die Euch hier gut unterstützen.
- Robustes und atmungsaktives Obermaterial: Je nach Terrain wird Wanderschuhen mit unter übel zugespielt. Beispielsweise in Geröllfeldern. Robuste Obermaterialien (Leder, Gummierungen etc.) erhöhen dabei die Lebensdauer der Schuhe. Atmungsaktive Membranen sorgen außerdem dafür, dass Eure Füße angenehm trocken bleiben.
Trekking- oder Teleskopstöcke
Der eine liebt sie, der andere hasst sie: Trekkingstöcke. Ich bin beispielsweise kein großer Fan, das ist aber ein persönliches Problem und liegt vor allem daran, dass ich gerne die Hände frei habe. Gerade bei langen Touren oder Touren mit erhöhtem Gepäck bringen Wanderstöcke aber definitiv einen Vorteil. Sie sorgen dabei nicht nur für ein schnelles und sicheres Vorankommen, sondern helfen gerade auch bei Abstiegen dabei, die Kniegelenke zu entlasten. Aber: „Welche Trekkingstöcke passen zu mir?“ Diese Frage hat sich auch Jörn gestellt und teilt sein Wissen mit Euch hier im Basislager.
Rucksack
Auch die Art und Ausstattung des Rucksacks richtet sich immer nach der Tour und Euren persönlichen Bedürfnissen. Für Tagestouren mit wenig Gepäck sind die Anforderungen im Bereich der Bergtouren an einen Rucksack vergleichsweise gering. Wichtig ist dabei lediglich, dass er groß genug ist und zu Euch passt. Achtet hierzu darauf, dass Euch der Rucksack auch mit voller Beladung nicht unangenehm drückt. Brust- und Hüftgurt sorgen außerdem dafür, dass der Rucksack sicher sitzt. Für eine Tagestour mit wenig Ausrüstung und Zusatzkleidung sollte ein Rucksack mit einem Volumen um die 20 Liter völlig ausreichend sein, für Touren mit mehr Ausrüstung oder für Wochenendtouren eignen sich in der Regel Rucksäcke mit einem Volumen im Bereich 30-35 Liter. Je nachdem, was Ihr an Ausrüstung für Eure Tour benötigt, können zusätzliche Fächer und Halterungen sehr praktisch sein, beispielsweise Halterungen für Wanderstöcke und Eisgeräte, eine Helmhalterung oder ein Fach für eine Trinkblase…
Für klassische Bergtouren sind daher Wanderrucksäcke meist gut geeignet. Solltet Ihr hierzu noch ein wenig Input brauchen, dann haben wir da was im Basislager für Euch.
Budgettipp: Habt Ihr bereits mehrere Rucksäcke im persönlichen Bestand, dann findet sich hier vielleicht auch einer, der für (Tages-)Bergtouren geeignet ist. Ich nutze für Tagestouren mit wenig Gepäck beispielsweise schon seit Jahren meinen Fahrradrucksack.
Klettergurt, Klettersteigset und zusätzliche (Kletter-)Ausrüstung
Wie bereits erwähnt, richtet sich die Ausrüstung für das Bergsteigen für Anfänger immer nach Art und Länge der Tour. Bei besonders ausgesetzten Stellen, kann es auf Bergtouren vorkommen, dass diese mittels Drahtseil versichert sind. Wenngleich es sich dabei oft nicht um einen Klettersteig im eigentlichen Sinn handelt, kann es aber dennoch sinnvoll oder erforderlich sein, sich mittels Klettergurt und Klettersteigset zu sichern. Hierzu zählen beispielsweise Touren wie die Watzmannüberschreitung oder der Normalweg auf die Ellmauer Halt.
Besteht unterwegs die Gefahr auf Schneefelder zu treffen oder kommt es zu einer kurzen und leichten Gletscherquerung, kann es außerdem wichtig sein Steigeisen und ggf. einen Eispickel mit im Gepäck zu haben. Tourenbeispiel: Zugspitze durchs Höllental. Bei vergleichsweise leichten Touren reichen mitunter auch gute Grödel aus.
Gerade aber bei waschechten Hochtouren und ausgedehntem Gletscherkontakt braucht es neben Steigeisen, Eispickel und Gurt noch einiges mehr an Ausrüstung. Hierzu zählen beispielsweise ein imprägniertes Seil, Eisschrauben und diverses Material zur Spaltenbergung. Tourenbeispiele: Piz Buin, Similaun. Wenn Euch interessiert, was dabei alles mit ins Gepäck muss, dann schaut Euch doch einfach unsere Packliste für Hochtouren hier im Basislager an.
Helm
Zugegeben, man kommt sich zunächst ein wenig blöd vor, wenn man mit Kletterhelm zum „Wandern“ geht. Bei manchen Touren kann es aber dennoch sinnvoll sein sich, zumindest teilweise, mit einem entsprechenden Helm zu schützen. Gerade wenn das Gestein brüchig und entsprechend steinschlaggefährdet ist und die Tour viel begangen wird, sollte vorsichtshalber auch ein Helm mit von der Partie sein.
Diverses und Praktisches fürs Bergsteigen als Anfänger
Erste-Hilfe-Set: Ob nur ein Kratzer am Knie, aufgerissene Finger, ein verstauchter Fuß oder Schlimmeres. Mit einem entsprechend gut ausgerüsteten Erste-Hilfe-Beutel könnt Ihr schnell und zuverlässig helfen. Tipp: Wenn keine Blasenpflaster im Set enthalten sind, legt Euch auf jeden Fall welche dazu.
Biwaksack und/oder Rettungsdecke: Bei Unfällen und Wetterstürzen ist es wichtig, nicht auszukühlen. Gerade in höheren Lagen oder auf Schnee und Eis helfen Biwaksack und Rettungsdecke dabei eine Unterkühlung zu vermeiden.
Hüttenschlafsack: Plant Ihr eine Hüttenübernachtung, braucht Ihr normalerweise einen Hüttenschlafsack. Diese bestehen zumeist aus Baumwolle oder Seide. Wenn Ihr wissen wollt, wobei da die Unterschiede sowie Vor- und Nachteile liegen, dann schaut Euch doch diesen Blogbeitrag einmal näher an: Hüttenschlafsäcke – Seidenschlafsäcke vs. Baumwollschlafsäcke.
Wie wird man zum Bergsteiger?
Klassisches Bergsteigen ist manchmal nicht viel mehr, als anspruchsvolles Wandern, bei dem man ab und an auch die Hände braucht. Doch gerade, wenn das Terrain ausgesetzt ist oder Stellen aufweist, an denen man abstürzen kann, sollte man schon wissen, was man da eigentlich macht und worauf es jeweils ankommt. Daher möchte ich Euch an dieser Stelle ein paar grundlegende Eigenschaften / Fähigkeiten aufzeigen, die man fürs Bergsteigen als Anfänger mitbringen sollte.
Gute Grundfitness
Bergsteigen ist Sport, der eine gute Kondition und allgemeine Fitness voraussetzt. Bergtouren haben nicht selten deutlich mehr als tausend Höhenmeter im Auf- und Abstieg und bringen somit auch einige Kilometer Wegstrecke mit. Wer hier nicht gleich nach der ersten Stunde eine Pause braucht, weiß, wie schnell er gehen kann oder wie langsam er gehen muss, und wann es generell sinnvoll ist eine längere Rast einzulegen. Ein erster wichtiger Schritt ist also, schaut, dass Ihr halbwegs fit seid.
Wer beispielsweise regelmäßig Radfahren geht oder viel läuft, wird sich auch anfangs bei Bergtouren deutlich leichter tun, als eine komplett untrainierte Person. Außerdem leidet mit zunehmender Erschöpfung beispielsweise auch die Trittsicherheit, sodass fehlende Fitness ab einem gewissen Punkt auch zum Risiko werden kann. Wird der Weg ausgesetzter oder kommt es zu leichter Kraxelei, sind darüber hinaus Personen, die Klettern können oder zumindest schon ein paar mal in der Boulderhalle waren im Vorteil. Auch beispielsweise routinierte Skifahrer gehen nicht selten mit steilem Terrain ganz anders um, als Personen, die sich nie in den Bergen aufhalten.
Die Sache mit der Trittsicherheit
Fit zu sein reicht aber beim Bergsteigen für Anfänger nicht aus, man muss sich auch sicher im alpinen Terrain bewegen können. Hierzu ist eine gute Trittsicherheit unerlässlich. Aber was ist Trittsicherheit eigentlich genau?
Wie auch der Begriff Bergsteigen, so ist auch der Begriff Trittsicherheit nicht eindeutig definiert. Oft werden zur Trittsicherheit auch Schwindelfreiheit oder keine Höhenangst hinzugezählt, das ist aber nur die halbe Wahrheit. Trittsicherheit bedeutet in erster Linie, dass man sich auch in schwierigem und ausgesetztem Gelände sicher bewegen kann. Man kann den Untergrund einschätzen, weiß wo und wie man hintreten muss. Auch ein guter Gleichgewichtssinn, ein angepasstes Reaktionsvermögen und eine allgemein gute Koordination tragen maßgeblich zur Trittsicherheit bei. Hinzu kommt ein mentaler Aspekt: Wer auf sich vertraut, weiß, was er tut und sich somit ein gutes Stück weit sicher fühlt, ist auch sicherer unterwegs.
Hierzu ein Beispiel: Die allermeisten unter Euch werden kein Problem damit haben, auf einer Linie zu balancieren, die auf dem Boden aufgemalt ist. Für Personen, die keine Gleichgewichts- oder Koordinationsprobleme haben, ist das keine große Sache. Wollte man aber beispielsweise über ein ebenso breites Brückengeländer in 15 Meter Höhe balancieren, wäre diese Aufgabe schon deutlich anspruchsvoller, wenngleich sich zunächst (außer der Gefahr abzustürzen) nichts ändert.
Viele Aspekte, die zur Trittsicherheit beitragen, lassen sich gut trainieren. Hierzu kann es beispielsweise hilfreich sein, das Gleichgewicht durch gymnastische Übungen zu schulen, durch vermehrtes Wandern ein gutes Gefühl für unterschiedliche Untergründe und Wege zu bekommen. Aber beispielsweise auch klettern zu gehen, um somit den Umgang mit Höhe gezielt zu lernen, kann der Trittsicherheit durchaus zuträglich sein.
Das erste Mal Bergsteigen als Anfänger
Für Eure erste(n) Bergtour(en) ist es sicherlich sinnvoll, dass Ihr Euch Personen anschließt, die Erfahrung haben. Dies können Bergsteiger aus dem Bekanntenkreis sein, aber auch Vereine bieten nicht selten Touren an, die in Absprache jedermann offen stehen. Darüber hinaus besteht immer auch die Möglichkeit, sich einen Bergführer zu nehmen.
Am Anfang einer jeden Tour steht die Tourenplanung und dazu gehört bereits, dass man sich eine Tour aussucht, der man auch gewachsen ist. Wie man das aber anstellt und worauf man dabei achten sollte, das hat meine Kollegin Carolin in ihrem Beitrag einmal für Euch ausführlich beleuchtet.
Vereinfacht gesagt, lässt sich eine anständige Tourenplanung in drei wesentliche Bereiche aufteilen:
- Gelände: Wie lang ist die Tour? Wo liegen die ganz konkreten Schwierigkeiten? Gibt es irgendetwas, das besondere Beachtung finden sollte?
- Verhältnisse: Was macht das Wetter? Wird es am Tourentag nass sein, liegt noch Altschnee, ist der Gletscher aper? Besteht Lawinengefahr…?
- Mensch: Habt Ihr beispielsweise genügend Ausdauer für eine 8-Stunden-Tour? Bekommt Ihr die Wegfindung hin? Ist jemand in der Gruppe, der Höhenangst oder körperliche Einschränkungen hat?
Seid Ihr Euch nicht sicher, dann wählt für den Anfang vergleichsweise leichte und kurze Touren für das Bergsteigen als Anfänger. Schließt Ihr Euch darüber hinaus einer Gruppe an, dann wird Euch auch die Tourenplanung ein gutes Stück weit abgenommen. Auf diese Art könnt Ihr problemlos erste Erfahrungen sammeln und seht mitunter schnell, wo Eure Vorlieben und Grenzen liegen. Außerdem lernt Ihr von Bergtour zu Bergtour automatisch dazu. Ideal um Bergsteigen zu lernen.
Für Gletschertouren ist es darüber hinaus sinnvoll, vor der ersten Tour einen Eiskurs / Gletscherkurs zu absolvieren. Denn dabei lernt Ihr nicht nur, wie Ihr Euch auf Gletschern korrekt verhaltet, sondern auch, wo alpine Gefahren lauern und was beispielsweise bei einem Spaltensturz zu tun ist. Kurse dieser Art werden nicht selten vom DAV oder vergleichbaren Organisationen angeboten, oft in Verbindung mit einer leichten Hochtour als Abschluss.
[1] Vgl. https://www.alpenverein-muenchen-oberland.de/bergsport/bergsteigen