Übernachten im winterlichen Gebirge – ein großes Thema, das vom geplanten, ganz besonderen Naturerlebnis über Notbiwaks bis zum Einrichten von Lagern in eisigen Höhen reicht. Und es ist auch kein reines Winterthema, denn je nach Region, Höhenlage und Wettersituation ist man auch zu anderen Jahreszeiten mit entsprechenden Bedingungen konfrontiert. Der inoffizielle Titel dieses Beitrags lautet deshalb: „Nächte in Schnee und Eis“.
Ich habe mir viele Gedanken zum Thema Winterbiwak gemacht: Wenn ich mein Zeug für eine Tour gepackt habe, wenn ich mir während langer, kalter Winternächte mehr oder weniger den Arsch abgefroren habe und natürlich auch jetzt wieder, beim Schreiben dieses Artikels. Auch nach mittlerweile 17 Jahren „Vollzeit-Bergsteigen“ tüftle ich immer noch an meiner Taktik und Ausrüstung für Winterbiwaks. Deshalb gleich vorweg: Der Artikel wird etwas länger und in seiner Ausrichtung eher alpin. Wobei ich ein paar Inhalte aus dem Bereich Alpinismus/Expeditionen wieder herausgenommen habe – Material für einen weiteren Artikel.
Grenzen wir das Ganze etwas ein
In diesem Beitrag geht es um die technischen Aspekte des Biwakierens und Zeltens in Schnee und Eis. Je nachdem, wo wir unterwegs sind, können ökologische und juristische Aspekte genauso wichtig sein oder sogar an erster Stelle stehen. Ich folge hier dem Grundsatz „Schuster, bleib bei deinem Leisten“ und klammere diese Punkte aus. Beim Schreiben hatte ich primär das Szenario eines geplanten Biwaks vor Augen, weniger das Notbiwak. Viele Informationen, Tipps und Tricks dieses Artikels können aber auch in einer Notsituation hilfreich sein.
Biwakieren im alpinistischen Sinne
Mit Biwakieren ist in der Regel gemeint, die Nacht unter freiem Himmel zu verbringen – also ohne Zelt, möglicherweise aber in einem Biwaksack. Die Grenzen sind unscharf, allein schon, weil es zwischen Biwaksack und Zelt keine klare Trennlinie gibt. Wird ein Biwaksack provisorisch als Zeltdach aufgespannt, spricht man beispielsweise vom Biwakieren. Wird in einer Wand ein Zelt oder ein Portaledge mit Zeltdach aufgebaut, handelt es sich um ein „Wandbiwak“ – die besondere Exposition scheint hier mit einzufließen. Und bei der Biwakschachtel handelt es sich ganz klar um eine Hütte… Alles klar? Falls nicht, vollkommen egal, wir reiten hier ja nicht auf Begrifflichkeiten herum!
Geplant, ungeplant, kalkuliert
Wobei wir um ein paar Begriffe nicht herumkommen. Selbsterklärend: Das Notbiwak bzw. ungeplante Biwak (nicht exakt das gleiche) und das geplante Biwak. Für mich gibt es aber auch noch etwas dazwischen, das man „kalkuliertes Biwak“ nennen könnte. Also ein Biwak, das wir vermeiden wollen, für das wir aber soweit vorbereitet sind, dass es nicht zum Notbiwak wird. Ich finde diesen Ansatz interessant für lange Klettereien, deren Verlauf sich nicht so leicht vorhersehen lässt. Oder auch für Touren, bei denen man auf eine möglicherweise überfüllte Biwakschachtel angewiesen ist und am Ende doch draußen liegt.
Sicherheit, Wärme, bestmöglicher Komfort – die drei entscheidenden Punkte
Gleich zu Beginn stelle ich euch mein Schema vor, nach dem ich meine Winterbiwaks bzw. meine Biwaks im Hochgebirge strukturiere.
An erster Stelle steht die Sicherheit. Es geht dabei um die Wahl eines Platzes, an dem wir möglichst wenig alpinen Gefahren ausgesetzt sind.
- Möglichen Eisschlag (Seracs!) und Steinschlag beachten.
- Bahnen von Spindrifts (lockere, luftige Schneerutsche in Wänden) beachten, denn diese können im Laufe einer Nacht zum ernsthaften Problem werden. Hinzu kommt: Wo Spindrifts abgehen, könnte man auch von einer Lawine erfasst werden.
- Auslaufbereich von Lawinen beachten. Anhaltspunkte können die Ablagerungen von bereits abgegangenen Lawinen sein und natürlich die Größe einer Wand/eines Hangs sowie die Steilheit des darunterliegenden Geländes. Ggf. natürliche Schutzwälle wie große Felsblöcke nützen.
- An exponierten Stellen Geländerseil zur Absturzsicherung einrichten (ja, man schläft dann mit Klettergurt…).
- Spaltensturzgefahr auf Gletschern beachten. Idealerweise sondiert man den Biwakplatz mit einer Lawinensonde, um sicherzustellen, dass man nicht über einer Gletscherspalte biwakiert.
- Zelte nicht in Vertiefungen/ausgegrabene Löcher stellen, denn diese könnten bei starkem Wind aufgefüllt werden (Schneeverfrachtung).
An zweiter Stelle steht die Wärme. Um warm zu bleiben, sollte man sich frühzeitig mit den hier aufgezählten Aspekten beschäftigen.
- Sinnvolles Haushalten mit den eigenen Kräften.
- Auf Tour möglichst trocken bleiben: klingt logisch, ist aber nicht ganz einfach. Bei langen „Wühlereien“ dringt Schnee selbst durch kleinste Öffnungen ein. Extreme klimatische Bedingung, wie man sie z. B. in den schottischen Highlands oder den Bergen Feuerlands vorfinden kann, zeigen auch der besten Ausrüstung Schwächen auf. Der „Klassiker“ ist aber, dass man nicht zweckmäßig angezogen ist und alles nassschwitzt.
- Schutz vor Wind und Niederschlag: ebenfalls logisch, entspricht auch unseren Urinstinkten. Im Gebirge kann ein großer Felsblock oder eine Schneehöhle Schutz bieten, in tieferen Lagen auch der Wald. Und natürlich eine Rettungsdecke, ein Biwaksack oder noch besser ein Zelt.
- Kaltluftseen meiden: In Tälern oder auch bei Bergseen sammelt sich oft kalte Luft, die aufgrund der Geländebeschaffenheit nicht abfließen kann. Ein Stück darüber ist es dann viel wärmer. Tritt eine solche Luftschichtung großflächig auf, spricht man in der Meteorologie von einer Inversion oder Inversionswetterlage – ein typisches Phänomen im Spätherbst und zu Beginn des Winters.
- Isolation zum Untergrund: Sollte keine oder keine ausreichend warme Matte zur Verfügung stehen, heißt es kreativ werden! Oft hat man isolierende Ausrüstung dabei oder es lässt sich irgendetwas finden – in einer Notsituation beispielsweise Zweige eines Nadelbaums.
- Die vorhandene Ausrüstung und Kleidung auch nützen – und zwar rechtzeitig. Man zögert oft zu lange, bis man seine warmen Sachen anzieht. Oder aber erweist sich die Kleidung im Ernstfall als ungeeignet. Zwei Beispiele: Eine Überhose kann im Unwetter nicht angezogen werden, weil sie sich seitlich nicht öffnen lässt. Warme Handschuhe können nicht mehr angezogen werden, weil die Hände schon zu kalt sind.
- Durchblutung aufrechterhalten bzw. verbessern, beispielsweise durch Lockern der Schnürung der Bergstiefel und Bewegen der Zehen.
- Wärme erzeugen durch Bewegung – fördert außerdem die Durchblutung der Extremitäten.
- Wärme von außen zuführen (warme Speisen und Getränke, improvisierte Wärmflasche (Nalgene-Flasche), gegenseitiges Wärmen, in trockenen Regionen evtl. auch Lagerfeuer, …).
An dritter Stelle steht der Komfort. Klar, wir dürfen bei einem Winterbiwak nicht zu viel erwarten. Aber wir sollten uns bemühen, das Beste herauszuholen. Neben Wärme spielen weitere Faktoren eine Rolle:
- Ein ebener und ausreichend großer Platz: Im Zweifelsfall lieber mehr Zeit für den Ausbau investieren. Winternächte sind lang, und so lange man eine Plattform in Eis hackt, bleibt man schon mal warm.
- Schlafplätze, wenn möglich nah zusammen: So hat man ein paar Vorteile auf seiner Seite, z. B. kann man zusammen kochen und jeder hat Zugriff aufs gemeinsame Material.
- Gute Material-Organisation: Vor allem im abschüssigen Gelände und im Wind muss man gut aufpassen, dass nichts verloren geht. Eine selbst errichtete Schneemauer kann viel bringen. Im Klettergelände sollte alles an ein Geländerseil geklippt werden. Rollverschluss-Packsäcke helfen darüber hinaus bei der Material-Organisation und halten die Ausrüstung trocken.
- Verpflegung: Kalte Nächte zehren. Entsprechend viel Verpflegung einkalkulieren. Und zwar solche, die mit dem Kocher zubereitet wird wie auch Lebensmittel, die ohne Zubereitung aufgenommen werden können.
Ausrüstung für Winterbiwaks – ein paar allgemeine Punkte
Los geht’s mit ein paar Basics, die bei praktisch allen Wintertouren mit Biwak wichtig sind. Danach kommen wir zu den spezifischen Ausrüstungsgegenständen für Winterbiwaks.
Erweitertes Erste-Hilfe-Kit
Zusätzlich zum üblichen Verbandsmaterial sollte folgendes mitgeführt werden (und zwar dauerhaft im EH-Kit): Klammerpflaster, funktionierendes Tape, Schmerzmittel (ggf. auch weitere Medikamente), Wasserentkeimungstabletten, eine Mini-Notfall-Stirnlampe, etwas Klopapier oder Papiertaschentücher, ein Feuerzeug, eine Kevlar-Zeltleine o. Ä., ggf. ein Reparatur-Kit für Thermo-Luftmatratzen, eine Mini-Tube Sonnencreme, evtl. auch ein kleines Taschenmesser und ein Teelicht. Eine Rettungsdecke sollte zumindest dann dabei sein, wenn man keinen Biwaksack mitführt. Zu beachten ist, dass eine Rettungsdecke vielseitig eingesetzt werden kann, nicht nur für den Wärmeerhalt. Tipp: Eine Rettungsdecke aus Polyethylen-Folie (z. B. SOL Emergency Blanket) ist stabiler als die klassische, billige Rettungsdecke. Bei einer kleinen Beschädigung reißt sie nicht komplett! Die Tasche des EH-Kits ist idealerweise wasserdicht.
Stirnlampe
Im 2er-Team haben wir bei größeren Touren meist eine starke Lampe zum Ausleuchten des Wegs, eine kompakte Lampe (beide mit Akku-Betrieb) sowie eine Mini-Notfall-Stirnlampe dabei (letztere befindet sich im EH-Kit). Wichtig ist mir bei allen Stirnlampen ein guter Verriegelungsmechanismus gegen ungewolltes Einschalten. Bei längeren Aktionen im Winter braucht es noch Ersatz-Akkus oder eine kleine Powerbank + Ladekabel für die Lampen.
Isolationsjacke
Eine hochwertige Daunenjacke ist perfekt bei kalten, trockenen Bedingungen, wie man sie im winterlichen Hochgebirge meist vorfindet. Abgesehen von wenigen High-End-Jacken kommen Daunenjacken leider schlecht mit Feuchtigkeit klar. Dies sollte unbedingt beachtet werden mit Blick auf die Nässe, die sich in den meisten Biwaksäcken im Laufe einer Nacht ansammelt. Ein paar Lösungsansätze:
- Primaloftjacke verwenden. Möglich, aber eher schwer und voluminös bzw. nicht warm genug.
- Eine dünne Daunenjacke mit einer eher weiten Hardshelljacke kombinieren, wobei die Daune in diesem Fall unter die Hardshelljacke kommt. Gute Lösung für nicht ganz so kalte Nächte.
- Daunenjacke mit wasserdichtem Außenmaterial. Gute, aber teure Lösung – und mit der Zeit wird die Dichtigkeit nachlassen.
- Biwaksack mit ausreichender Atmungsaktivität verwenden.
Hardshell-Überhose
Eine wichtige Ergänzung zur Tourenhose, sofern diese nicht wasserdicht ist. Gemeint ist hier keine vollwertige Hardshellhose, wie man sie beispielsweise beim Eisklettern tragen würde, sondern eine leichtere Variante. Wichtig: Sie darf nicht zu eng ausfallen und braucht seitliche Reißverschlüsse, damit man sie schnell überziehen kann, beispielsweise fürs Herrichten eines Lagerplatzes im tiefen Schnee.
Primaloft-Überhose
Speziell für längere Aufenthalte in kalten Regionen sowie bei Biwaks im Biwaksack ohne Schlafsack profitiert man enorm von einer Primaloft-Überhose – nicht nur wegen ihrer Wärmeleistung, sie stellt auch einen guten Nässeschutz dar. Wichtig sind seitliche Reißverschlüsse, damit man sie schnell anlegen kann, ohne die Stiefel ausziehen zu müssen. Es gibt sie als Shorts oder als lange Hosen – beides macht grundsätzlich Sinn und beide Varianten können auch in anderen Bereichen verwendet werden (Training im Winter, kalte Berge, Frühstück im herbstlich-frostigen Camp 4, …).
Reserve-Handschuhe
Bei einer mehrtägigen Wintertour sollten pro Person zwei Paar gute Fingerhandschuhe selbstverständlich sein. Vom System Innenhandschuh + Überhandschuh sollte man bei alpinen Unternehmungen aus mehreren Gründen Abstand nehmen. Manche Aktionen verlangen darüber hinaus ein weiteres Paar (schwierige Kletterrouten, extreme Kälte, …). In jedem Fall sollte man den Verlust eines Handschuhs kalkulieren und ggf. im Team ein Paar Reserve-Handschuhe mitführen, welches beiden Tourenpartnern passt – beispielsweise leichte Primaloft-Fäustlinge sein, die kaum ins Gewicht fallen.
Daunensocken
Im Schlafsack sollte man keine nassen Socken tragen, sondern diese für den nächsten Tag am Rumpf trocknen. Wohl dem, der Wechselsocken dabeihat! Warme Wollsocken wiegen in meiner Größe rund 100 g. Meine Daunensocken wiegen 132 g – kein großer Unterschied also. Es handelt sich um eine ganz leichte Konstruktion, ohne Sohle, ohne Verstärkungen. Solche Daunensocken können vielseitig eingesetzt werden, nicht nur als Wechselsocken für die Nacht. Man kann sie im Zelt/ am Biwakplatz auch über trockene Wollsocken ziehen. Ich verwende sie auch für sommerliche Biwaks, bei denen ich keinen Schlafsack dabeihabe und für Nächte im Winterraum einer Hütte.
Lawinenschaufel
Im flachen Gelände oder bei winterlichen Klettertouren bei sicheren Schneeverhältnissen hat man meist kein LVS-Material dabei. Dennoch kann das Mitführen einer leichten Lawinenschaufel Sinn machen – bei geplanten Biwaks sowieso, aber auch als Notfallequipment, speziell in schneereichen, entlegenen Regionen (z. B. für den Bau einer Schneehöhle). Ein empfehlenswertes Modell fürs Bergsteigen ist die Ortovox Pro Light (recht solide bei nur 450 g). Es gibt deutlich leichtere Modelle für Skitourenrennen, die aber nicht als vollwertige Schaufeln betrachtet werden dürfen.
System-Kocher und Weithalsflasche
Ein leichter System-Kocher (Jetboil oder vergleichbares) zahlt sich bei langen Touren aus. Mein System inkl. kleiner Gaskartusche wiegt nur rund 500 g. Dieses Gewicht hat man wieder drin, wenn man auch nur einmal Schnee schmilzt und daraus ein Getränk zubereitet (anstatt dieses mitzutragen). Sinnvollerweise führt man auch eine hitzebeständige Weithalsflasche mit (z. B. Nalgene), die sich einfach befüllen lässt und bei Biwaks oder zum Wärmeerhalt eines Verletzten als Wärmflasche eingesetzt werden kann.
Achtung: Es kommt bei Kochern und Zubehör leider immer wieder zu Schäden und Ausfällen. Bei kritischen Unternehmungen sollte dies kalkuliert werden (ggf. Backup!). Auch würde ich jedes System beim Vorbereiten einer Aktion checken – also schauen, ob alles zusammenpasst und der Kocher funktioniert. Und immer zwei Feuerzeuge mitführen, eines beim Kocher und eines als Backup im Erste-Hilfe-Kit!
Verpflegung und Notproviant
Gut ist, was schmeckt, sich einfach zubereiten lässt und von innen wärmt (Instant-Suppen, gefriergetrocknete Tütennahrung, Tee, …). Aber auch daran denken, dass der Kocher ausfallen könnte (ist dann weniger lustig…). Ergänzend sind Nüsse und getrocknete Früchte wie Rosinen, Aprikosen, Datteln oder Cranberries perfekt, nicht nur wegen ihrer hohen Energiedichte und ihres geringen Packvolumens. Sie überstehen Temperaturschwankungen sowie Druck im Rucksack und können auch bei großer Kälte gegessen werden. Haltbare Wurst im Stil von Landjägern oder Salami passt ebenfalls in dieses Schema. Bei längeren Touren haben wir als Notproviant zudem dabei: Peronin (zum Anrühren mit kaltem oder warmem, keinesfalls aber heißem Wasser), eine Auswahl an Instant-Heißgetränken und Brühwürfel.
Drybags
Ein paar leichte Drybags gehören ebenfalls zur Basisausrüstung für Winterbiwaks. Damit kann man z. B. seine Wechselwäsche trocken halten, sein Essen verpacken oder darin Schnee sammeln, den man später zum Kochen nimmt. Tipp: Wer keine Kohle hat, nimmt stattdessen stabile Plastiktüten.
Winterbiwak mit Zelt?
Oder anders gefragt: Ist es überhaupt ein Biwak, wenn man ein Zelt verwendet? Wie auch immer, wir kommen wir um das Thema nicht herum. Am Anfang steht natürlich die Frage, ob man wegen des Naturerlebnisses bewusst auf ein Zelt verzichten möchte. Ich finde diesen Gedanken cool und absolut schlüssig, den letztendlich geht es doch genau darum – um die besonderen Erlebnisse in der Natur.
Dementgegen steht die nüchterne „alpinistische“ Sicht bzw. konkret folgende Fragestellung: Können wir mit Blick aufs Gewicht und Packmaß ein Zelt mitnehmen und gibt es auf unserer Route Plätze, um es aufzubauen? Wird dies bejaht, sollte man sich fürs Zelt entscheiden, sofern keine geschützten Plätze wie Höhlen oder Überdachungen bekannt sind. Die Vorteile eines Zeltes im Vergleich zum Biwak ohne Zelt sind bei winterlichen Bedingungen enorm!
Aber ist ein Zelt nicht viel schwerer, verglichen mit Biwaksäcken? Nicht unbedingt! Gehen wir von einem 2er-Team aus: Ein leichtes, für solche Einsätze geeignetes 2-Personen-Zelt wiegt ca. 1200 bis 2000 g. Pro Person also 600 bis 1000 g. Für einen brauchbaren atmungsaktiven 1-Personen-Biwaksack nehmen wir 300 bis 500 g an. Das Mehrgewicht, das durch das Zelt entsteht, beträgt in diesem Beispiel pro Person also nur ca. 300 bis 500 g. Geschätzt 200 g können wir bei der Verwendung eines Zelts dann noch beim Schlafsack sparen. Am Ende bleiben vielleicht noch 200 g Mehrgewicht pro Person. Das ist wirklich nicht viel für einen wind- und wettergeschützten Raum für sich und sein wichtigstes Material.
Welche Zelte eigenen sich für Winterbiwaks?
Für alpinistisch anspruchsvolle Aktionen sind Einwandzelte mit einer atmungsaktiven Membran ideal. Als Beispiele für diese Art von Zelten führe ich hier das „Firstlight“ sowie das „Eldorado“ von Black Diamond auf, die relativ weit verbreitet sind und die ich auch selbst des Öfteren dabei hatte. Für etwas gemäßigtere Einsätze bzw. eher flaches Gelände sind klassische Konstruktionen mit Innen- und Außenzelt sehr gut geeignet. Ganz leichte Zelte für Trekking- oder Radtouren sind zwar nicht für den Wintereinsatz gedacht, bei günstigen Wetterbedingungen können sie dennoch eine gute Wahl sein. Erwartet man kritische Bedingungen – beispielsweise starken Schneefall oder starken Wind – sollte man ein expeditionstaugliches, geodätisches Zelt mit mehreren, sich kreuzenden Stangen verwenden. Sowohl im Bereich Leicht- wie auch Expeditionszelte hatte ich in den letzten Jahren diverse Modelle von VAUDE im Einsatz, die allesamt sehr gut waren.
Zeltzubehör und Reservematerial
Ist man mit dem Zelt unterwegs, macht es Sinn, etwas Zubehör und Reservematerial mitzuführen. Hier eine Auflistung der wichtigsten Teile:
- Reepschnurmaterial als Ersatz für Zeltleinen oder für zusätzliche Fixierungen. Gut geeignet sind klassische 3-mm-Reepschnüre, noch besser sind spezielle Leinen mit Kevlar- oder Dyneema-Kern.
- Bei entsprechenden Bedingungen sind Schneeheringe sehr hilfreich. Am besten stattet man sie mit Schlaufen und kleinen Karabinern aus und vergräbt sie dann als T-Anker.
- Bei längeren Unternehmungen sollte man Reparaturhülsen dabeihaben, um gebrochene Zeltstangen zu reparieren.
- Und natürlich Duct Tape: Für kurze Touren kann man kleinere Mengen ums Feuerzeug wickeln.
Biwaksäcke für geplante Winterbiwaks
Nicht immer hat man die Möglichkeit, ein Zelt einzusetzen. Denken wir an ein Biwak auf einem schmalen Band in irgendeiner Wand. Ein Einwandzelt ließe sich zwar als Biwaksack für ein Sitzbiwak verwenden, aber das wäre schon ein sehr spezieller Fall. Oftmals sind die Schlafplätze im alpinen Gelände so angeordnet, dass man nicht nebeneinander liegen bzw. sitzen kann, womit nicht nur ein Zelt, sondern auch ein 2-Personen-Biwaksack ungeeignet wäre. Es gibt auch Orte, wo man besser kein Zelt aufstellt, um eher unter dem Radar zu bleiben. Und wenn ich an meine Anfangszeiten zurückdenke, als ich schlicht und einfach kein Zelt hatte… Wie auch immer: Wenn man ohne Zelt unterwegs ist, dann eben mit Biwaksack, oder? Nicht unbedingt! Gerade beim Thema Biwaksack gibt es einiges zu beachten!
Die Entscheidung für den planmäßigen Einsatz eines Biwaksacks sollten wir nur treffen, wenn alle Komponenten gut aufeinander abgestimmt sind und das gesamte System mit Blick auf die Feuchtigkeitsentwicklung funktioniert. In vielen Biwaksäcken sammelt sich im Laufe einer Nacht viel Feuchtigkeit, was logischerweise kontraproduktiv ist. Berücksichtigt man diese und die folgenden Punkte, wird man sich hoffentlich gegen die gängigen, nicht atmungsaktiven 2-Personen-Biwaksäcke entscheiden – und gegen diverse, durchaus beliebte Notfallmodelle im Stil einer Rettungsdecke erst recht! Deutlich besser fährt man mit hochwertigen, atmungsaktiven 1-Personen-Biwaksäcken. Aber auch mit diesen ist es etwas kompliziert… Um es klar zu sagen: Ein Biwaksack ist keineswegs obligatorisch. Hat man einen ausreichend warmen Schlafsack, gutes Wetter und trockene Bedingungen, schläft man ohne Biwaksack angenehmer, der Schlafsack bleibt trocken und man ist insgesamt leichter unterwegs!
1-Personen-Biwaksack für geplante Biwaks
Die größte Flexibilität für alpine Touren mit exponierten Biwaks verspricht der Einsatz eines hochwertigen, atmungsaktiven 1-Personen-Biwaksacks in Kombination mit einem eher leichten Daunenschlafsack und einer warmen Isolationsjacke. Glücklicherweise gibt der Markt eine gute Auswahl an atmungsaktiven 1-Personen-Biwaksäcken her. Über nicht-atmungsaktive Modelle sollten wir deshalb gar nicht erst nachdenken. Erfreulich wäre, wenn es auch Modelle speziell für kleine Personen gäbe, wie es bei Schlafsäcken und Isomatten der Fall ist.
Kommt die Isomatte in den Biwaksack?
Soll die Isomatte mit in den Biwaksack? Wenn ja, dann muss dieser genug Volumen haben, auch im Fußbereich. Schaummatten kann man bei Bedarf im Fußbereich seitlich etwas zuschneiden. Mit einer voluminösen Thermoluftmatratze wird es aber schnell mal eng, was gar nicht gut ist. Der Schlafsack verliert dann einen Teil seiner Wärmeleistung! Vorteil der Variante „Matte im Biwaksack“: Es kommt kein Schnee zur Matte – man denke an die möglichen kleinen Schmelzwasserpfützen – und eine Luftmatratze wird vor Beschädigungen geschützt. Nachteile der Variante „Matte im Biwaksack“: Der Biwaksack muss größer bemessen sein und wird dementsprechend schwerer ausfallen. Außerdem bewegt sich die Öffnung des Biwaksacks vorm Gesicht dann nicht mit, wenn man sich zur Seite dreht. Die Folgen: schlechte Sauerstoffversorgung und feuchte Atemluft im Biwaksack (wer konsequent auf dem Rücken liegt, hat dieses Problem nicht so sehr).
Soll die Matte nicht mit in den Biwaksack, funktioniert ein schlanker, mumienförmig geschnittener Biwaksack sehr gut, der sich beim nächtlichen Hin-und-her-Drehen mitbewegt. Bei diesem Ansatz macht es dann auch Sinn, wenn der komplette Biwaksack aus atmungsaktivem Material gefertigt ist, und nicht nur die Oberseite. Bezüglich „mitdrehen“ des Biwaksacks noch folgender Hinweis: Soll Ausrüstung mit in den Biwaksack (manche Modelle bieten Stauraum im Kopfbereich), geht das natürlich nicht mehr so gut.
Wichtiger Punkt: der Reißverschluss am Biwaksack
Hilfreich ist ein Reißverschluss, der von der Öffnung bis zur Mitte des Biwaksacks reicht. Nur so kommt man gut in den Biwaksack rein und kann sich auch bequem darin aufrichten um zu kochen usw.. Ist die Matte im Biwaksack, kommt dies besonders zum Tragen! Leider gibt es vergleichsweise wenig Modelle, die mit einem solchen Reißverschluss ausgestattet sind. Außerdem sollte der Reißverschluss auf der gleichen Seite liegen wie der Reißverschluss des Schlafsacks!
Schlafsäcke für Winterbiwaks
Ideal für den Wintereinsatz ist ein hochwertiger Daunenschlafsack mit stark wasserabweisendem Außenmaterial. Denn selbst im Zelt kann es feucht werden – und im Biwaksack sowieso. Der Schlafsack muss nicht zwangsläufig super warm sein. Das wäre zwar angenehm, aber irgendwie muss die ganze Ausrüstung auch transportiert werden. Die beiden Schlafsäcke, die ich am häufigsten verwende, wiegen 800 g und 1100 g. Auch mit dem leichteren habe ich öfters bei winterlichen Bedingungen biwakiert (war eher frisch, aber in Kombination mit einer Daunenjacke schon ok). Typische Winterschlafsäcke sind etwas schwerer – ca. 1200 bis 1500 g Gesamtgewicht – und haben dementsprechend natürlich auch ein höheres Packmaß. Ein guter Daunenschlafsack mag teuer erscheinen, ist sein Geld aber allemal wert. Wird er gut behandelt, kann er locker 20 Jahre und länger verwendet werden!
Die richtige Größe des Schlafsacks
Wichtig ist, dass der Schlafsack weit genug ist, um darin ohne Probleme eine Daunenjacke tragen zu können. Und natürlich, dass er ausreichend lang ist. Steht man mit den Zehen an, sind kalte Füße vorprogrammiert. Die meisten hochwertigen Schlafsäcke werden in verschiedenen Längen angeboten. Im Zweifelsfall die längere Variante wählen!
Isomatten für Winterbiwaks
Die Ideallösung für Nächte im Zelt ist die Kombination einer leichten Thermo-Luftmatratze (eine Luftmatratze mit einer isolierenden Füllung wie Primaloft) mit einer dünnen Evazote Schaummatte (5 mm Stärke reicht schon aus). Dieses System ist warm, bequem, vielseitig, leicht und gut zu transportieren. Sollte die Thermo-Luftmatratze irreparabel kaputt gehen, hat man immerhin noch die Schaummatte. Weitere Vorteile zeigen sich beim Sitzen im Zelt (Luftmatratze wird unterm Hintern platt gedrückt, Schaummatte isoliert weiter) sowie beim Einrichten des Zelts (Schaummatte auslegen, rein ins Zelt und dann in Ruhe die zweite Matte aktivieren).
Die sogenannten selbstaufblasenden Isomatten mögen etwas robuster sein, können beim Gewicht und Packmaß aber nicht mit den Thermo-Luftmatratzen mithalten. Für Wandbiwaks oder ähnliche Einsätze verwende ich persönlich keine luftgefüllten Matten – wegen des hohen Risikos, dass sie kaputt gehen, weil man sie schlechter gegen Verlust sichern kann und weil sie als Sitzunterlage eher ungeeignet sind.
Schaummatten
Deutlich simpler, zuverlässiger und auch günstiger sind Schaummatten – also klassische Isomatten sowie Neuinterpretationen wie die bei Bergsteigern beliebte und weit verbreitete Faltmatte Z-Lite von Therm-a-Rest (die mit dem „Eierkarton-Profil“). Bei dieser sollten wir aber bedenken, dass sich in den Vertiefungen Schnee und Nässe sammeln kann. Im Zelt oder Biwaksack ist sie natürlich top.
Meine bevorzugten Isomatten sind Evazote-Matten, von denen ich über eine kleine Auswahl in verschiedenen Längen und Stärken verfüge. Für mehrtägige Klettereien funktioniert eine 9 oder 10 mm starke, körperlange Matte ganz gut, die sogar leichter ist als die erwähnte Z-Lite-Matte. Klar, dass diese Lösung weder besonders bequem noch besonders warm ist. Bei Biwaks im Schnee lege ich deshalb manchmal noch Seilschlingen oder anderes Material drunter.
Das Lager im Schnee
Ein flacher, abgeblasener Rücken kann ein guter Ort für ein Lager sein, der vielleicht sogar einen schneefreien Bereich bietet. Im abschüssigen Gelände ist eine größere Schneemenge hingegen vorteilhaft, da sie das Graben einer ebenen Fläche ermöglicht. Mit Blick auf die Windexposition müssen wir abwägen: Starker Wind ist natürlich ungünstig. Windgeschützte Bereiche können aber ebenfalls problematisch sein, falls sich dort Triebschnee ablagert. Dabei ist nicht nur das aktuelle Wetter zu bewerten, sondern auch mögliche Entwicklungen. Windzeichen wie Wechten geben Auskunft über typische Windbedingungen an einem Ort. Die stärksten Winde gibt es im Hochgebirge wegen des Düseneffekts an Scharten oder in Sätteln. Abgesehen davon bieten solche Orte oft passable Biwakplätze.
Den Schnee verfestigen
Errichtet man sein Lager im tiefen Schnee, sollte man den Schnee erstmal gut verfestigen. Mit Ski oder Schneeschuhen an den Füßen kann man den Anfang machen, doch ist der Druck so nicht ausreichend. Man sollte sie irgendwann ausziehen. Unter den Füßen wird dann selbst trockener Schnee mit der Zeit fest.
Windschutz aus Schneeblöcken
Während man seinen Lagerplatz im abschüssigen Gelände in den Hang hinein gräbt, sollte dieser in der Ebene nicht tiefergelegt werden. Vertiefungen im Schnee würden bei starken Winden nämlich wieder aufgefüllt werden! Ein Windschutz ist natürlich eine gute Idee. Er kann in schneereichen Regionen aus Schneeblöcken gebaut werden. Im Team sollten dafür zwei ausreichend dimensionierte Schneesägen vorhanden sein. Einer sägt neben dem Lagerplatz die Blöcke aus der Schneedecke, ein zweiter baut aus diesen eine halbrunde Mauer, wobei er die Form der Blöcke beim Mauern entsprechend anpasst. Zwischen Zelt und Schneemauer muss genug Platz zum Schneeräumen bleiben! Kleinere, improvisierte Schneemauern erzielen beim Biwakieren ebenfalls einen positiven Effekt, denn sie verhindern, dass Ausrüstung allzu leicht weggeblasen wird!
Das Lager nicht verfehlen
Stellt euch vor, ihr kommt bei Nacht, im schlechten Wetter und fix und fertig vom Berg runter – wäre schön, sein Zelt bzw. Lagerplatz wieder zu finden, oder? Auf jeden Fall sollte man sich die Meereshöhe des Lagerplatzes merken, dann hat man schon mal einen Anhaltspunkt für die Navigation mit dem Höhenmesser. Steht ein Zelt an einer gut einsehbaren Stelle und hat Signalfarbe sowie reflektierende Elemente, sollte man es bei gutem Wetter schon finden können. Bei schlechtem Wetter, oder wenn man das Lager gut versteckt hat, hilft möglicherweise nur das GPS. Am besten speichert man den Standort auf zwei Geräten.
Tipps und Tricks für Winterbiwaks
Welche Kleidung im Schlafsack?
Wir müssen verschiedene Situationen ganz unterschiedlich bewerten: Bei einem gemütlichen Biwak im warmen Schlafsack ist es am angenehmsten, wenn man lange Merinounterwäsche trägt (inklusiv warmer Wollsocken) und darüber nur eine Fleecejacke mit hohem Kragen und Kapuze, damit Kopf und Hals schön warm bleiben. Nachteil: Muss man dann raus zum Pinkeln, muss man sich entsprechend mehr anziehen.
Je extremer die Rahmenbedingungen, desto mehr Kleidung wird man nachts tragen. Klar, dass man bei einem Wandbiwak wenig Interesse hat, die Hardshellhose unterm Klettergurt auszuziehen. Auch kann die permanente Selbstsicherung ein komplettes Schließen des Schlafsacks verhindern, sodass der Oberbekleidung, insbesondere der Isolationsjacke, eine große Bedeutung zukommt. Zu viele, quasi gleich große Bekleidungsschichten sind allerdings kontraproduktiv. Von innen nach außen sollten die Schichten immer weiter werden. Dieses Prinzip sollte beim Zusammenstellen der Kleidung grundsätzlich berücksichtigt werden. Mit mehr Kleidung ist man auch nach unten besser isoliert. Dass der Schlafsack dadurch nicht so schnell warm wird, kann mit einer improvisierten Wärmflasche ausgeglichen werden.
Socken und Handschuhe trocknen
Feuchte Socken sollte man genau wie feuchte Handschuhe ausziehen und am Körper trocknen, sofern man sie für den nächsten Tag wieder braucht. Ich lege sie hierfür flächig auf die Vorderseite meines Rumpfes, direkt auf die Unterwäsche, unter die weitere Kleidung. Problematisch sind Handschuhe, die aus dickem Leder gefertigt sind. Man bekommt sie über Nacht nicht mehr trocken. Besser trocknen Handschuhe, bei denen anteilig nicht zu viel und nicht zu dickes Leder verarbeitet wurde.
Füße aufwärmen
Gleich vorweg: Die folgende Beschreibung gilt für kalte Füße bis hin zu leichten Erfrierungen der Zehen, nicht für das, was allgemein unter „richtigen“ Erfrierungen verstanden wird.
Im Biwak sollte man, wenn irgendwie möglich, trockene Socken anziehen und die Zehen massieren. Im Schlafsack kann Wärme über eine improvisierte Wärmflasche zugeführt werden. Eine 0,5-Liter-Weithalsflasche eignet sich sehr gut für diesen Zweck. Die Flasche kommt entweder direkt zu den Füßen, oder aber man klemmt sie zwischen die Oberschenkel, um das arterielle Blut, das zu den Füßen fließt, zu erwärmen.
Essen und trinken
Heiße Getränke wärmen von innen und es kann übers Getränk etwas Energie zugeführt werden. Auch wenn man in der Kälte wenig Durst hat, ist es wichtig, abends ausreichend zu trinken, um am nächsten Tag nicht vollends zu dehydrieren. Dehydriert wäre man übrigens auch anfälliger für Erfrierungen. Es bietet sich an, eine gute Auswahl an Getränkepulver (isotonisches Getränkepulver, heiße Schokolade, Kaffee, Cappuccino) sowie Teebeutel und Brühwürfel einzupacken. Das Zeug fällt kaum ins Gewicht und sorgt für gute Laune.
Frieren ist nicht nur unangenehm, sondern kostet auch Energie. Energiereiche Nahrung hilft deshalb enorm durch eine lange, kalte Nacht. Hat man genug Verpflegung dabei, kann man nachts noch einmal den Kocher anzuwerfen, heißen Tee kochen, etwas essen und die Wärmflasche reaktivieren.
Für mehrtägige Biwaktouren in der Kälte sollte man mehr Verpflegung und deutlich mehr Gas einpacken, als man es vom Sommer gewohnt ist. Damit das Gas fürs Schneeschmelzen und Kochen reicht, rechne ich mit 75 g Gas pro Person und Nacht. Dies ist knapp kalkuliert und reicht nur bei Verwendung eines sparsamen Systemkochers und geeigneter Lebensmittel wie gefriergetrockneter Expeditionsnahrung zum Aufgießen. Nüsse, Käse und Wurst kann man gut als Ergänzung zu Instant-Suppen und Tüten-Nahrung essen, um auf ein paar Kalorien zu kommen.
Bergstiefel warm halten
Hat man ein Zelt, kommen die Bergstiefel mit hinein. Bei zweiteiligen Stiefeln oder Skischuhen kann der Außenschuh bzw. die Schale bei gutem Wetter im Vorzelt bleiben. Beim Biwakieren muss situativ entschieden werden. Im Wandbiwak oder in steilen Flanken muss zunächst sichergestellt sein, dass kein Stiefel verloren geht und dass kein Schnee hineingerät. In Extremsituationen wird man die Stiefel deswegen anbehalten, allerdings mit gelockerter Schnürung. Moderate Rahmenbedingungen erlauben diesbezüglich mehr Freiheiten. Der klassische Anfängerfehler: Feuchte Stiefel gefrieren komplett durch – viel Spaß am nächsten Morgen! Ich mache es öfters so, dass ich die Stiefel zunächst geschützt aufbewahre und sie später, für den zweiten Teil der Nacht, mit in den Schlafsack nehme. Vorher wird angefrorener Schnee gründlich entfernt. Als geeignetes Werkzeug hat sich hierfür ein Titan-Löffel bewährt.
Ein Wort zum Schluss
In diesem Text war viel zu lesen von Kälte, Wind, alpinen Gefahren, kaputten Thermo-Luftmatratzen, ausgefallenen Kochern, eisigen Zehen und anderen Unannehmlichkeiten – bei meinen vielen mehrtägigen Winterbegehungen wie auch Expeditionen hatte ich zu genüge davon. Dennoch verbinde ich mit dem Thema Winterbiwak viel Positives: Nirgends schmeckt ein heißer Tee so gut wie im Sitzbiwak auf einem eisigen Absatz in irgendeiner Wand. Der Schutz eines Zeltes vor Wind und Wetter ist immer wieder aufs Neue faszinierend. Und auch in den widrigsten Situationen findet sich ein Hauch von Gemütlichkeit.
Und dann kommen wir zurück nach Hause, oftmals kalt, müde und hungrig, und schätzen Selbstverständlichkeiten plötzlich wieder Wert.
Text: Fritz Miller, Januar 2024